60 | LUKE

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„Okay, wir sollten jetzt durch die Sicherheitskontrolle. Ich hoffe für euch, dass ihr keine Plastikflaschen mehr in euren Rucksäcken habt", kam es von meiner Mutter und wenige Sekunden später hob Michael seinen Rucksack hoch und holte eine Flasche Cola raus.

„Ups", meinte er und warf meiner Mum einen entschuldigenden Blick zu. Die verdrehte daraufhin nur ihre Augen und forderte ihn auf, sie auszutrinken, wenn er sie nicht voll wegwerfen wollte. Wir halfen ihm dabei und warteten dann weiter darauf, dass wir durch die Sicherheitskontrolle konnten.

Seit ich bei Kylie abgeholt wurde, waren wir alle ziemlich still. Calum und Ashton hörten über Kopfhörer Musik und Michael hatte ein Spiel auf seinem Handy gezockt. Die Jungs hatten sich schon zuhause von ihren Eltern verabschiedet und so war nur noch meine Mutter mit dabei. Mein Vater hatte uns hergebracht, aber nur aussteigen lassen, weil die Parkplätze hier so teuer waren. Um alles transportieren zu können hatten wir uns extra den Minivan unserer Nachbarn ausgeliehen. Ich sah meiner Mutter an, dass sie meinen Vater jetzt schon vermisste und ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass sich die beiden wegen uns jetzt nicht mehr regelmäßig sehen würden. Allerdings hatte meine Mum auch darauf bestanden, dass sie uns begleitete.

Ich stand schon die ganze Zeit lang neben mir und hatte ständig Kylies trauriges Gesicht vor mir. Der Abschied von ihr tat weh und es machte mich verrückt, dass ich sie so traurig machte.

Ob sie meinen Brief schon gelesen hatte?

Ich holte mein Handy heraus und sah nach, wie spät es war. Mein Sperrbildschirm waren immer noch Kylie und ich auf der Hochzeit ihrer Schwester Violet. Traurig blickte ich das Bild an und steckte mein Handy dann wieder ein. In einer Stunde würden wir abfliegen und ich konnte es immer noch nicht glauben. Keiner von uns konnte abschätzen, was uns nun erwarten würde und wie viel Arbeit es wirklich werden würde, um mit der Band erfolgreich zu werden.

Ich steckte mein Handy wieder weg und wollte näher zu den Jungs gehen, als ich meinen Namen hörte. Die Stimme, die ihn rief kannte ich nur zu gut, doch ich war trotzdem überrascht sie zu hören.

„Luke!"

Ich drehte mich um und sah Kylie auf mich zulaufen. Ungläubig schüttelte ich meinen Kopf und hörte, wie meine Freunde erstaunte Töne von sich gaben.

„Kylie?" fragte ich verwirrt nach und ging die letzten paar Meter zu ihr. Ich merkte wie die Leute um uns herum ansahen und fragte mich, was sie jetzt vor hatte.

Etwas außer Atem blieb sie vor mir stehen und strich sich ihre braunen Haare glatt, die zerzaust waren.

„Ich hab deinen Brief gelesen", fing sie an und atmete noch einmal tief durch.

„Und da ist mir aufgefallen, dass ich dir bis jetzt noch nie gesagt habe, dass ich dich liebe. Und ohne diese Worte wollte ich dich nicht wegfliegen lassen. Außerdem solltest du wissen, dass ich unglaublich stolz auf dich und die Jungs bin. Es ist die richtige Entscheidung jetzt zu gehen, auch wenn es in letzter Zeit vielleicht nicht so rüber kam, als würde ich das so sehen. Jedenfalls wollte ich dir das sagen, genauso wie: Ich liebe dich."

Kylie hatte so schnell gesprochen, dass sie währenddessen kaum geatmet hatte, dementsprechend laut atmete sie jetzt, um wieder zu Luft zu kommen.

Ich stand einen Moment lang perplex vor ihr, bis ich: „Ich liebe dich", sagte.

Wir lächelten uns beide an und ich zog sie zu mir, um sie zu küssen. Wie bei unserem ersten Kuss schmeckten ihre Lippen nach Kirschen, was an ihrem Pflegestift liegen musste. Ich genoss jede Sekunde des Kusses und als wir uns danach in die Augen sahen, hätte ich am liebsten gesagt, dass wir vielleicht doch eine Fernbeziehung versuchen sollte. Allerdings fiel mir wieder ein, dass das unfair wäre. Ich konnte nicht von ihr erwarten, dass sie hier in Australien auf mich wartete, während ich um die Welt flog. Sie sollte ein normales Leben führen und nicht ständig darauf hoffen, dass ich bald wieder zurückkam. Ich hatte keine Zeit, um sie auf Schulbälle zu begleiten oder ihr vor wichtigen Prüfungen Mut zu sprechen. Ich wäre vermutlich ein miserabler Freund und das hätte sie nicht verdient.

„Ich bin froh, dass du noch mal hergekommen bist", sagte ich leise und lehnte meine Stirn gegen ihre.

Sie nickte leicht: „Ich auch."

Ich schloss meine Arme um sie und drückte sie fest an mich, bis ich meine Mutter: „Luke, wir müssen", sagen hörte.

Langsam lösten wir uns wieder voneinander und ich sah noch einmal in ihre schokoladenfarbenen Augen.

„Ich liebe dich", flüsterte ich und sie antwortete leise: „Ich liebe dich auch."

Und mit diesen Worten ließ ich sie zurück und ging zur Sicherheitskontrolle, wo ich ohne Probleme durch den Metalldetektor kam. Danach drehte ich mich noch einmal um und sah, wie ihre Mutter neben sie trat und ihren Arm um sie legte.

Ich hob ein letztes Mal meinen Arm und meine Augen fingen an zu brennen. Calum kam zu mir und versuchte mich aufzumuntern.

„Es ist die richtige Entscheidung Luke", sagte er leise und ich nickte langsam. Ich sah auf das Ticket, dass er mir gab. Auf das Ticket, dass mich in ein vollkommen neues Leben bringen würden. Auf mein Ticket raus aus Loserville. Ich hoffte nur, dass Calum recht behalten würde und ich die Liebe meines Lebens nicht umsonst im Stich ließ.

Ticket outta LoservilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt