12 | LUKE

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Sie saß auf meinem Schoß und ich hatte meinen Arm um sie gelegt. Ich wiederhole. Sie saß auf meinem Schoß und ich hatte meinen Arm um sie gelegt.

War das nicht großartig?

Es war auf jeden Fall ein verdammt gutes Gefühl. Ich war stolz auf mich, dass ich einfach meine Hand nach ihr ausgestreckt hatte. Was gar nicht so schwierig war. Ihre Hand war ganz weich und im Gegensatz zu meiner ziemlich klein.

Vielleicht lag es auch am Alkohol, dass ich mich das getraut hatte. Nachdem Kylie mit ihrer Freundin aufs Klo gegangen war hatte mir Michael einen Becher überreicht. Ich wusste nicht was drin war, ich bekam nur die Anweisung ihn zu trinken. Es schmeckte so, als hätte Michael einfach von allem hochprozentigen, dass er gefunden hatte, ein wenig in den Becher geschüttet. Aber es wirkte. Ich fühlte mich irgendwie sicherer, war aber nicht betrunken. Also nicht richtig betrunken. Vielleicht ein klein wenig angeheitert. Es bestand aber keine Gefahr, dass ich mich plötzlich übergeben müsste. Denn das würde mir sicherlich keine Pluspunkte bei Kylie einbringen.

Im Wohnzimmer war es mittlerweile so laut, dass wir uns nicht mehr unterhalten konnten. Ich hatte nicht wirklich ein Problem damit, wusste ich doch meistens nicht, was ich sagen sollte. Jetzt konnte ich sie einfach nur ansehen, wie sie sich im Raum umsah und ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte. Mir gefiel die Haarsträhne, die sie geflochten hatte. In der Schule hatte sie das auch schon gehabt. Es ließ sie so unschuldig wirken, so mädchenhaft.

Ich sollte ihr einen Song schreiben.

Meistens schrieben nur die anderen Songs über Mädchen, weil ich einfach nicht wusste über was ich schreiben sollte. Ich fand Mädchen einfach nie so gut, weshalb auch immer.

Vielleicht lag es an meinen Brüdern, die oft Stress mit ihren Freundinnen hatten. Oder vielleicht lag es auch daran, dass ich selber immer zu viel Schiss davor hatte mit ihnen zu sprechen. Mädchen konnten angst einflößend sein. Als ich fünf war, hatte ich Elizabeth Parker, einem Mädchen, das in meiner Straße wohnte, ein Gänseblümchen geschenkt. Sie hatte es in den Mund genommen, darauf herum gekaut und danach vor meinen Füßen ausgespuckt. Dann hat sie sich beschwert, dass ich Schokolade schenken sollte, wenn ich mit ihr spielen wollte. Bis heute wusste ich nicht, ob sie das Gänseblümchen gegessen hatte, weil sie dachte man aß Gänseblümchen. Ich jedenfalls hatte es ihr geschenkt, damit sie es sich in ihre dunkelblonden Haare stecken konnte.

Seitdem hatte ich nie wieder mit ihr gesprochen, was auch besser so war. Elizabeth Parker hatte sich nicht unbedingt gut verwachsen. Ihr unattraktives Äußeres wäre noch hinnehmbar, aber ihr Charakter war genauso hässlich. Und ich hatte etwas Angst vor ihr, weshalb ich hoffte ihr nachts nie zu begegnen.

Es war kurz vor zwölf, als Kylie von meinem Schoß aufstand und sich die anderen ebenfalls erhoben. Meine Beine fühlten sich ein bisschen taub an, sie war zwar nicht allzu schwer, aber sie saß doch recht lange auf ihnen. Ich nahm die Schmerzen gerne in Kauf.

Die Party war immer noch im vollen Gange, aber wir mussten nach Hause. Meine Eltern hatten erlaubt, dass ich bis halb 1 unterwegs sein durfte. Ich wollte unabhängig und rebellisch sein, aber das war ich meistens nur, wenn ich meine Gitarre in der Hand hatte. Sonst war ich einfach nur ein langweiliger Junge.

Ich glaube wir alle waren ziemlich langweilige Partygänger. Eigentlich hatten wir uns nur unterhalten. Niemand hatte sich die Kante gegeben und war wild auf den Tischen herumgetanzt. Es schien auch so, als wäre der Rest hier nicht allzu betrunken. Allerdings achtete Alison auch darauf, dass nichts aus dem Ruder lief.

Ich hätte gerne eine Runde Flaschendrehen gespielt, um Kylie noch einmal küssen zu können, aber wenn ich es mir recht überlegte, dann sollte unser nächster Kuss stattfinden, weil sie es wollte. Nicht weil sich Calum mega witzig fand, weil er uns so eine Aufgabe stellte.

Ticket outta LoservilleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt