Zu Hause

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Die  Sonne scheint ungewöhnlich warm und ich bin in den Garten gegangen um nach den Hortensien zu sehen und die Beete aufzulockern.

Die Vögel zwitschern und heute geht nur ein leichter Wind.

Ich hatte eine schlimme Nacht und bin dankbar für diesen wunderbar hellen Tag. Albträume sind nichts, dass mir fremd ist, aber gestern war es so real, dass ich beim Aufwachen weder wusste ob ich tatsächlich geträumt hatte, noch ob ich wirklich wach war.

„Mom?"

Ich drehe mich um und blinzele gegen die Sonne. Fearne steht im Türrahmen und blickt in den Garten. Ich kann mich nur schwer an ihr Haar gewöhnen. Sie hat es selbst abgeschnitten nachdem wir aus Frankreich zurück waren. Jetzt sieht sie so unglaublich erwachsen aus und ähnelt Draco noch mehr als zuvor.

„Ja Liebes?"

„Komm schnell!"

Ich lasse mein Werkzeug liegen und streife die Gartenhandschuhe ab, dann gehe ich den kurzen Weg zum Haus zurück.

„Los Mom, mach schon!"

„Bei Merlin Fearne, was ist denn so wichtig?"

Aber als ich den Hausflur betrete, legt sie sich einen Finger vor die Lippen und winkt mich hinter sich her in die Küche, wo auch Ivy bereits im Türrahmen steht.

Ich folge ihr und will gerade völlig entrüstet fragen, was diese Geheimniskrämerei eigentlich soll, als mein Blick durch die offene Küchentür fällt und ich mitten in meiner Bewegung inne halte, mit offenem Mund.

„Wo ist Draco," wispere ich meiner Ältesten zu," er muss das sehen."

Sie nickt nur und im selben Moment höre ich, wie unsere Schlafzimmertür klappt und seine unregelmäßigen Schritte über mir.

Jedesmal wenn ich dieses Geräusch höre, überkommt mich eine solche Erleichterung, dass ich es ihm sagen möchte, aber ich tue es nie.

Sein Bein macht ihm noch ziemlich zu schaffen, aber er ist auf dem Wege der Besserung. Hin und wieder schafft er schon ein paar Strecken ohne Gehstock, was für die Kürze der Zeit enorm ist.

„Er beschwert sich schonwieder über die Treppe," flüstert Fearne und rollt mit den Augen bevor sie lächelt und mir einen wissenden Blick schenkt.

Und in diesem Moment kann auch ich die Gedanken meiner Tochter lesen. Sie mag es wenn er sich beschwert, weil es ein unumstößlicher Beweis seiner Anwesenheit ist, weil er eben so ist, weil er noch lebt!

„Warum um Gottes Willen muss ich mich diese Treppe runterquälen. Ich war gerade erst hoch..."

Er hält den Mund, kommt humpelnd neben uns an und blickt ebenfalls in die Küche.

Rose steht hochkonzentriert vor der Küchenzeile und angelt mit ausgestreckten Ärmchen nach einer Kekspackung, die Ivy wahrscheinlich achtlos hat liegen lassen, obwohl ich ihr sicher tausendmal gesagt habe, dass sie hinter sich aufräumen soll. Und tatsächlich erreicht sie die Packung und zieht sie zu sich!

Noch vor einer Woche war das unmöglich.

„Rosie," ruft Draco enthusiastisch, woraufhin diese erschrocken zusammenfährt und in Tränen ausbricht. Sie weiß sehr genau, dass sie nicht ohne zu fragen Kekse essen darf.

„Oh je," entfährt es Draco, der seinen Stock an die Wand lehnt und so schnell er kann Rosie erreicht um sie auf den Arm zu nehmen," nicht weinen Schätzchen. Ich will nicht schimpfen! Ich freu mich bloß so, dass Du ganz allein an den Keks gekommen bist. Du bist ein großes Mädchen geworden!"

Alles Was Wir Werden WolltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt