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 Ich gab ihn noch einen Kuss auf die Nasenspitze, als ich sagte: "Bleib genau hier, Kitten." Mit einem Nicken seinerseits, welches ich aus dem Augenwinkel gesehen hatte, ging ich zur Tür und lauschte noch etwas. Das Hämmern wurde immer intensiver, auf einmal hörte man auch ein leichtes Kratzen. Ich sah durch den Spion, doch dieser war verdeckt worden. "Mach die Tür auf, Ashton.", hörte ich eine tiefe Stimme von draußen. "Ich weiß, dass du da drin bist, Arschloch."

A S H T O N 

"Calum?!", murmelte Luke ungläubig, als er durch den Spion sah. Sofort öffnete er die Tür, was ein großer Fehler war. Der schwarzhaarige Kiwijunge hob den Blondschopf am Kragen seines My Chemical Romance T-Shirts nach oben und sah ihm gefährlich in die Augen. "Spinnst du? Lass mich runter, Cal.", sagte Luke sofort, wollte sich wehren, doch sein angeblicher bester Freund hörte nicht. "Er sagte, du sollst ihn runter lassen, Calum.", kam es schließlich knurrend von mir. Wenn er ihn in zehn Sekunden nicht los lassen wird, so schwörte ich es mir innerlich selbst, werde ich ihn in seine falschen, hässlichen Einzelteile zerlegen. "Du hast mir Nichts zu sagen, Irwin.", zischte Calum zurück und warf Luke im hohen Bogen quer durch den Raum. Der sonst so strahlende Mann lag nun zusammen gekauert, und wahrscheinlich auch dezent neben der Spur, in der Ecke des Flures. "Das wirst du bereuen.", sprach ich mit einem eher spielerischen Unterton. Kaum fing Calum an zu lachen, schlug ich ihm meine Faust ins Gesicht, solange, bis ich ihn zur Wand getrieben hatte und er langsam dran runter sank. Blut klebte an meinen Fäusten, doch es kümmerte mich nicht. Nachdem ich festgestellt hatte, dass er bewusstlos war, lief ich den Flur entlang zu Luke, der sich langsam anfing wieder zu bewegen. Deswegen traute ich keinen Menschen. Sie waren falsch. Alle. "Luke, ist alles okay?", fragte ich besorgt, als ich meine Hand an seinen Kinn legte, damit er mich ansehen konnte. Der Blondschopf nickte schlapp, doch war wenigstens nicht weggetreten. "Wieso vertraust du so einem?", murmelte ich sanft an sein Ohr, während ich durch seine Haare fuhr. Er wusste es wahrscheinlich genauso wenig wie ich. Nach einer Weile half ich Luke auf die Beine zu kommen, als die Tür plötzlich aufgetreten wurde. Ausgewaschenes blau kam mir entgegen, sein freches Grinsen, was er auch hatte, als wir uns vor ein paar Tagen wieder getroffen hatten. "Ihr habt Calum aber nicht nett begrüßt.", stellte Michael, mit einem Blick auf dem Kiwijungen, fest. "Woher kennst du ihn? Und wer bist du?", knurrte Luke auf einmal, klang aber noch ziemlich schwach. Er hatte eine kleine Platzwunde am Kopf, die langsam aufhörte zu bluten. "Das ist der Typ, bei dem ich letztens war.", flüsterte ich Luke ans Ohr. Ich hatte meine Arme von hinten beschützend um ihn gelegt. Schnell richtete Michael seine Jeansjacke mit den vielen Aufnähern, als er sich wieder zu uns wandte. "Calum ist mein Freund.", berichtete er mit einem Funken stolz in seiner Stimme. Mein Blick fiel auf den Kiwijungen, der langsam wieder zu sich kam. "Und ich find es nicht so toll, was du ihm angetan hast, Ashton.", kam es mit einem ernsteren Ton von Michaels schönen Lippen, die ich damals so gerne geküsst hatte, als wir stoned waren. Plötzlich riss er mir Luke aus den Armen, hielt auch noch eine schwarze Waffe an seine Schläfe. Mit riesigen Augen sahen wir uns an. Meine Blicke wechselten von Luke zu Michael, von Michael zu Luke. "Das wagst du nicht, Michael.", gab ich mich stark, unterdrückte meine Angst, wieder jemanden zu verlieren. "Du kennst mich doch.", grinste der Grünäugige frech und drückte langsam dem Trigger. "Was willst du?!", rief ich schon fast panisch, war aber erleichtert, als er seinen Finger zurückzog. "Geld. Eine Menge.", sprach Michael langsam. "Wofür brauchst du Geld, wenn du mit deinem Job genug verdienst? Du hast letztens noch damit angegebe-" - "Als Dealer kommt man heutzutage nicht mehr weit.", sagte der Dominate ernst. "Mindestens zehn. Fünfzehn tausend wären besser.", bot er mir sein Angebot an. Wieder sahen meine Augen zu Luke. Wir beide waren starr vor Angst, nur konnte ich es besser verstecken, als er. Ich sah, wie ein Tränenschleier sich über seine schönen, blauen Augen legten und sah zu Boden. Schweigen. Ich hörte nur, wie sich der Kiwijunge aufrappelte. Dass er nun hinter mir stand und grinsend ein Messer gegen meinen Rücken hielt, hatte ich fast gar nicht gemerkt. "Du wirst es jetzt bereuen, Irwin.", grinste er leise. "Du hast noch.. fünf Sekunden.", holte Michael mich schließlich wieder aus meiner Trance. Erneut drückte er die Waffe gegen Lukes Schläfe, führte seinen Finger zum Trigger. "Okay.", kam es schließlich von mir, als ich sah, wie Luke anfing zu zittern. Calum, der weiterhin hinter mir stand, ließ das Messer von meinem Rücken ab. "Du hast bis zum Wochenende Zeit.", sagte Michael trocken, als er Luke losließ und dieser auf seine Knien fiel. "Das sind fünf Tage? Das kannst du nicht verlangen.", protestierte ich, als ich vorsichtig einen Schritt nach vorne ging. "Ich kann alles haben, wenn ich es will.", grinste er und verließ schließlich mit Calum Lukes Haus. Wimmern. "Luke, hey.", kam es deprimiert von mir. Schnell kniete ich mich zu ihm hin und zog ihn in meine Arme. "Hör auf zu weinen.", murmelte ich an sein Ohr. "Es bricht mir das Herz.", fügte ich leise hinzu, in der Hoffnung, dass er es doch überhört hätte. "Alles ist meine Schuld.", schluchzte der Blonde an meine Brust. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. "Quatsch.", sagte ich sanft, während ich mit meiner Hand über seinen verschwitzen Rücken fuhr. "Woher sollst du das Geld her bekommen?", fragte er mich mit Tränen in den Augen. "Ich krieg das schon irgendwoher, keine Sorge.", versicherte ich ihm mit einem schwachen Lächeln, was ihn kurz erleichtert aussehen ließ. "Können wir Collin eben abholen?", fragte er dann, als er sich versuchte zu beruhigen. Nervös biss ich mir auf die Unterlippe, drückte ihn fester an mich. "Morgen, okay? Wir sollten schlafen gehen. Er hat es gut, bei meiner Freundin.", log ich gekonnt. "Okay.", murmelte er und kuschelte sich an meine Brust. "Ich hätte das nicht von Calum gedacht.", fügte er traurig hinzu, während er eine Träne wegwischte. "Man sollte gewissen Menschen auch nicht so schnell vertrauen.", kam es von mir. Langsam stand ich auf und reichte Luke meine Hand. "Tut dir noch was weh?", fragte ich schließlich wieder besorgt. "Es geht schon, danke."

Als ich auf die Uhr im Zimmer sah, war es gerade mal zwei Uhr nachts. Wie immer lag ich nachdenklich wach, dachte gerade an Michael, der mich um Geld erpresst hatte. Wieso tat er das? Verwirrung machte sich in meinem Kopf breit, sie schien endlos zu sein. Hellwach sprang ich aus dem Bett und ging hinunter in die Küche. Es war so leer ohne Collin. Schuldgefühle plagten mich, kurze Selbstzweifel und Suizid Gedanken machten es sich in meinen Kopf bequem, doch diese verbannte ich sofort. Gerade trank ich ein Glas Wasser, als ich etwas Dunkles auf dem Flurboden erkannte. Misstrauisch näherte ich mich dem Objekt, bis ich erkannte, dass es ein Handy war. Michaels Handy. Mit großen Augen hob ich es auf, wagte es aber nicht, das Handy zu entsperren. "Ash?", kam es leise aus dem Wohnzimmer. "Ja?" Um die Ecke fand ich Luke auf dem Sofa, wie er mit der flauschigen Decke kuschelte, mit der er mich vor kurzem noch zugedeckt hatte. "Ich kann nicht schlafen.", gab er etwas beschämt zu. "Ich auch nicht.", lächelte ich schwach und ging mit dem Glas Wasser ins Wohnzimmer. "Du kannst auch hier bleiben.", erwähnte Luke einfach nebenbei, erwiderte ebenfalls das ehrliche, aber schwache Lächeln. Nickend stellte ich das Glas auf dem Tisch und setzte mich neben dem Blondschopf. Das Handy lag neben dem Glas, wohl uninteressant für Luke. Vielleicht dachte er, es wäre meins. Er sollte sich ausruhen. "Tut noch was weh?", fragte ich nach, sah dabei auf seine noch rote Platzwunde am Kopf. "Bisschen Bauch- und Kopfschmerzen, aber sonst.", murmelte er gedankenverloren. "Woran denkst du denn, Kleiner?" Wieder waren diese Tränen in seinen Augen da. Ich wünschte, ich könnte auch weinen. "An Nina.", flüsterte er und senkte den Blick. "Collin ist das Einzige, was mir von ihr übrig geblieben ist.", fügte er hinzu. Luke meinte wahrscheinlich die Frau, die auf den vielen Fotos hier im Haus zu sehen ist. "Woran ist sie gestorben?" Mir fiel wieder ein, dass wir vor dem unangenehmen Besuch genau darüber sprechen wollten. Langsam kam ich Luke etwas näher, damit ich ihn in meine Arme ziehen konnte, was er zuließ. Er legte seine Hand auf meine Brust, kuschelte sich an mich, wie gerade im Flur. "Herzversagen. Mit siebenundzwanzig.", kam es kalt von seinen pinken Lippen. Sein Piercing blutete etwas, weshalb ich meine Lippen einfach auf seine legte. Etwas überrascht erwiderte Luke, bis er sich nach einer Weile löste und mich müde ansah. "Wofür war das?", fragte er mit einem unschuldigen Lächeln. "Deine Lippen waren etwas rot, auch dort am Piercing. Aber jetzt ist alles perfekt.", lächelte ich sanft, während meine Hand langsam wieder über seinen Rücken fuhr. Seine Mundwinkel hoben sich schüchtern nach oben. "Wieso beschützt du mich so?", fragte er mich leise. Ich musste keine Sekunde darüber nachdenken. Doch trotzdem kam mir die Antwort erst einige Sekunden später über die Lippen. "Ich weiß nicht, ich glaube, ich vertraue dir und mag dich, irgendwie." Lukes Atmen war gleichmäßig und ruhig, er schlief. 

Call me daddy {Lashton ff}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt