Kapitel 45

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Für die nächsten beiden Stunden bin ich auch wirklich ganz ruhig.
Professor Dumbledore und die Hauslehrer halten alle eine Rede für den Abschlussjahrgang. Danach gibt es erst einmal Essen für alle. In der Mitte jedes Tisches befinden sich kleine Speisekarten mit mehreren wählbaren Optionen für die drei Gänge, die serviert werden.

Regulus gibt ein seltsames Murren von sich.
"Alles in Ordnung?", frage ich irritiert.
"Ich kann mich nicht entscheiden, was ich essen will.", jammert er.
"Du armer", sage ich mit bespielter Besorgtheit.

Ich entscheide mich letztendlich für Chicoreesalat, Irish Steaw und Himbeer-Crumble. Der Großteil meines Essens landet jedoch auf Regulus' Teller mit der Begründung, dass seine Portion viel zu klein ist und er ja viel Essen bräuchte.
Halbherzig sehe ich ihm zu wie er sich eine Portion nach der anderen reinschaufelt, während ich in meinem Essen eher rumstochere.
Das liegt wohl vor allem daran, dass ich aus dem Augenwinkel die ganze Zeit Sirius und das Hufflepuff Mädchen beobachte.
Wie sie ihn anschaut und die ganze Zeit mit ihren Wimpern klimpert. Das sieht doch einfach nur lächerlich aus.
Ein mahnendes "Charlotte" lässt mich meinen Blick wieder von den beiden weg zu Regulus wandern.
"Was ist denn?", frage ich genervt.
Er zieht die Augenbrauen hoch.
"Du weißt genau was ich meine. Je mehr du dich da reinsteigerst, desto schlimmer ist das für dich. Versuch doch einfach mal, dich auf etwas anderes zu konzentrieren.", sagt er.
"Hör mal auf hier den Oberlehrer zu geben. Ich denke ich kann selber entscheiden was mich nervt und wen ich anstarre!", keife ich ihn an.
Er gibt nur ein undefinierbares Grummeln von sich und widmet sich seinem Trifle.
Als alle Anwesenden mit ihrem Essen fertig sind, verschwinden die Teller und Professor Dumbledore tritt erneut auf die Bühne.
"Nachdem wir uns nun alle reichlich gestärkt haben, möchte ich auch nicht weiter aufhalten. Genießt diesen Abend. Die Tanzfläche ist freigegeben."
Von den Abschlussschülern kommt ein zustimmendes Gejohle und sofort stürmen etwa 50 Leute auf die Tanzfläche. Auf der Bühne erscheint unter großem Beifall Juliette Darabont mit ihrer Band, die sofort mit einem schnellen Song beginnen. 

James und Lily tanzen nur wenige Meter von uns entfernt und auch Remus und Dorcas sind bereits aufgestanden. Sirius und seine Freundin allerdings sitzen weiterhin auf ihren Plätzen.
Bestimmt kann sie nicht mal tanzen, denke ich mir schadenfroh.

Zwei Stunden später werde ich leider vom Gegenteil überzeugt. Zuvor habe ich bereits einige Lieder mit Remus getanzt, der von den "Rumtreibern" der einzige ist der seit meiner Trennung von Sirius überhaupt noch mit mir redet, und gerade tanzte ich mit Regulus. Als die beiden zu tanzen beginnen, sinkt meine Laune automatisch wieder in den Keller, denn Sirius' Freundin kann leider ziemlich gut tanzen. Ich versuche mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Ich zähle die Tische in der Halle, die Kerzen in der Luft und die Tanzpaare um uns herum. Für einige Minuten funktioniert es aber auch nicht länger.

Innerlich verfluche ich meine verdammte Eifersucht. Das Leben wäre doch so viel einfacher ohne derartige Emotionen. Eifersucht, Angst, Wut, Trauer. Darauf könnte ich wirklich dankend verzichten. Dann wäre mein Leben wirklich viel besser.

Regulus und ich tanzen noch einige Stunden. Inzwischen ist es schon nach Mitternacht und die Tanzfläche ist im Verhältnis deutlich leerer als zu Beginn. Die Musik wird von Lied zu Lied immer etwas langsamer und ruhiger. In meinem Kopf ist es in etwa so schwummrig wie die nur noch schwach flackernden Lichter fühlen müssen. Irgendwer muss etwas in die Bowle getan haben. 
Die Lehrer sind größtenteils schon zu Bett gegangen. Nur Professor Slughorn und Professor Kesselbrand sitzen an einem Tisch mit zwei Flaschen Feuerwhiskey, die schon ziemlich leer aussehen und singen schunkelnd und unverständlich mit.
Sirius und seine Freundin gehören auch zu den verbliebenen Paaren. Eng aneinander gekuschelt bewegen sie sich im Takt der Musik.
Ich bemerke auf einmal seinen Blick mich fixieren. Irritiert blicke ich zurück, doch vielleicht hätte ich das lieber lassen sollen. Sirius lehnt sich weiter nach vorne und presst seine Lippen auf die seiner Freundin.
Sofort breitet sich ein Gefühl in mir aus. Es ist nicht Eifersucht. Es ist Wut. Wut darauf, dass er mich im Stich gelassen hat, als ich ihn gebraucht hätte. Wut darauf, dass er unsere Beziehung durch irgendwelche Zwei-Wochen-Flirts mit irgendwelchen ihn anschmachtenden Mädchen ersetzt hat.
Dann überkommt mich ein Gedanke, ein Einfall um ihm zu zeigen, dass ich ihn nicht brauche. Vielleicht auch ein Beweis für mich, dass ich ihn nicht brauche.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und lege meine Lippen auf die von Regulus.
Und es fühlt sich richtig an. Wirklich richtig.
In diesem Moment kommt mir die Erkenntnis, dass alles was ich brauche immer an meiner Seite gewesen ist. Die eine Person, die immer da war. Meine Patronus-Erinnerung. Mein bester Freund. Der, der mich immer getröstet hat, mich zum lachen gebracht hat und mich verstanden hat. Ein unbeschreibliches Glücksgefühl breitet sich in mir aus und ich merke, wie Regulus seine Arme enger um mich schlingt.

Es ist dieser Moment, in dem du denkst, dass die Zeit stehen geblieben ist. In dem du alles andere ausblendest und dich nur auf diese eine Person konzentrierst, die dich gerade zum glücklichsten Menschen auf der Welt macht.



Charlotte Abernathy - Between dream and duty (Harry Potter Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt