Nach langen herumgelaufene merke ich wie meine Füße anfangen höllisch zu schmerzen und mein Magen sich vor Hunger zusammenzieht. Da es in Köln an jeder Ecke einen Imbiss gibt, entscheide ich mich für eine große Salamipizza, die ich gemütlich an einem kleinen Tisch verschlinge. Tausend Fragen schießen mir durch den Kopf. Wo sollte ich jetzt leben? Wie lange würde mein hart gespartes Geld reichen? Würde mich irgendjemand wiedererkennen? Wenn ja wie sollte ich das verhindern, um nicht ins Heim zu kommen? Haare abschneiden und nur noch mit einer dicken Sonnenbrille rum laufen? Haare abschneiden wäre schon mal ein guter Anfang, mit meinen schwarzen Powerlocken falle ich überall auf. Nachdem ich also fertig gegessen habe laufe ich ohne stehen zu bleiben hektisch durch die Straßen in der Hoffnung einen Frisör zu finden. Ich liebe meine Haare, sie sind wie mein persönliches Markenzeichen etwas woran man mich schon von weitem erkennt. Und genau das ist das Problem. Das Gefühl verfolgt zu werden klebt an mir. Panisch drehe ich mich ständig um und versuche aus jedem Gesicht zu lesen ob er oder sie hinter mir her ist. Als ich endlich ein Frisörsalon gefunden habe zögre ich beim Hineingehen, sollte ich wirklich meine langen schwarzen Locken abschneiden, die das einzige sind was ich je an mir gemocht habe? Schweren Herzens begebe ich mich hinein, eine Klingel, die beim Öffnen der Tür in Gang gesetzt wird richtet zum Glück keinerlei Aufmerksamkeit auf mich, warme Luft strömt mir entgegen. Langsam setzte ich mich ins Wartezimmer. Es ist nicht viel los, nur drei andere sind vertieft in ihren Zeitschriften.
„… und sie haben dieses Mädchen wirklich noch nie gesehen?“
„Nein, tut mir wirklich leid, ich hoffe Sie finden sie bald. Aber sie können selbstverständlich ein Bild von ihr hier aufhängen.“
„Danke könnten Sie sich bitte bei uns melden falls Sie sie sehen?“
„Natürlich, aber eine Frage. Wie kommen Sie darauf, dass das Mädchen hier in Köln ist?“
„Die Überwachungskameras am Bahnhof haben sie entdeckt.“ Mist, daran hatte ich gar nicht gedacht. Mit gesenktem Kopf verlasse ich das Studio in der Hoffnung die Polizisten würden mich nicht bemerken. Falsch gedacht. Beim Öffnen der Tür ertönt wieder dieses Klingeln und einer der beiden Beamten scheinen mich erkannt zu haben.
„Hey warte mal!“ Erschrocken fahre ich um und bleibe erstarrt in der Tür stehen und schaue benommen in die ernsten Gesichter der Beiden. Auch die Angestellte hat ihren Blick an mich geheftet, genauso wie alle Anwesenden hier.
„Tess Clain?“ Ich zucke zusammen. „Wir bringen dich in Sicherheit, okay?“ Das ist der perfekte Zeitpunkt zum Rennen. Ich drehe mich um und rase die Straße entlang, wo mir ein paar Menschen, die nicht gerade in der Schule oder in der Arbeit sind, entgegen kommen und ich fast über meine eigenen Füße gestolpert wäre. Die zwei Polizisten rennen hinter mir her, noch habe ich einen guten Vorsprung, doch die zwei großen Beamten holen schnell auf. Immer wieder stoße ich die Stadtbummler zur Seite, die mich anschreien ich solle gefälligst aufpassen. Ein kurzer Blick nach hinten reicht um zu sehen, dass die Männer nur noch wenige Meter hinter mir sind und meine Beine anfangen zu zittern, trotzdem renne ich weiter, so schnell sie es zulassen. Meine Verfolger holen immer schneller auf, bis sie irgendwann nur noch knappe zwei Meter hinter mir sind und keine Anzeichen für Erschöpfung zeigen, ich dagegen hechle wie ein Hund, nachdem er mehrere Kilometer zurückgelegt hat. Ohne lange darüber nachzudenken sprinte ich mit meinen letzten Kräften über die befahrene Straße, in der Hoffnung, ihr Leben hätte für sie noch einen Sinn und sie rennen mir nicht mehr hinterher. Die Autos stoppen und hupen. Reifen quietschen und die Fahrer brüllen mich an. Der ganze Verkehr hält an und ich renne einfach weiter über die schier endlose Straße auf den Bürgersteig, wo ich nach einigen Metern in eine Nebenstraße einbiege und meine Schritte verlangsame. Ich ringe immer noch nach Luft, erst als ich mich nach ein paar Häuserblocks erschöpft an eine Wand lehne beruhigt sich mein Herzschlag langsam. Keine Spur von den Polizisten, doch wahrscheinlich werden sie Verstärkung geholt haben und mich weiter suchen. Nach kurzem Verschnaufen raffe ich mich auf und laufe durch die Straßen, bis mir irgendwann auffällt, dass hier kaum Menschen sind und das vorhin noch strahlende Licht verblasst ist. Ich fange an mir einen Schlafplatz zu suchen. Unter einer Brücke mache ich es mir in der Decke bequem und nutze meine Tasche als Kopfkissen. Ich schlafe trotz meines ungemütlichen Bettes schnell ein wache jedoch auch genauso schnell wieder auf, als mich jemand grob an der Schulter rüttelt. Verschlafen öffne ich die Augen.
„Verschwinde sofort! Das ist meine Brücke!“ Irritiert schaue ich in die wütenden Augen des stämmigen Mannes der über mir gebückt steht.
„Tut… Tut mir leid.“ Stammle ich vor mich her und raffe mich auf um durch die mittlerweile stockdunkle Stadt zu laufen. Das Gefühl der Angst macht sich in mir breit, zitternd schleiche ich durch die gruseligen Straßen und zucke bei jedem kleinen leisen Geräusch, wie das rascheln von Mäusen, zusammen. Als ich gerade um eine Ecke biege entdecke ich zwei Polizisten, die sich unterhaltend durch die nur von Laternen beleuchtete Stadt laufen. Sofort bleibe ich stehen. Sie scheinen mich nicht bemerkt zu haben. Ich versuche ihr Gespräch zu belauschen, ob sie über mich reden?
„… Ja mir tut die Kleine auch leid.“
„Stell dir mal vor deine Tochter steht schon seit sie noch ein kleines Mädchen war auf eigenen Füßen und muss arbeiten gehen um sich und ihre kleine Schwester zu versorgen.“
„Das sind echt Scheis Eltern. Weißt du warum sie ins Heim gehen sollen?“
„Die Eltern des besten Freundes haben gesagt die Mutter ist ´ne Nutte und der Vater ´nen Alkoholiker und sie wird angeblich von den Beiden geschlagen.“
„Meinst du das stimmt?“
„Ich weiß nicht. Die Polizei war schon vor der Wohnung, doch es war keiner da.“ Mir reicht es ich drehe um und laufe wieder zurück in die Richtung aus der ich gekommen war. Was soll ich denn noch machen, wenn nicht mal die Polizei mir glaubt?
So wie der erste Tag vergehen auch die nächsten sieben Tage. Morgens laufe ich durch die Straßen, durch die abgelegenen, nicht durch die wo alle normalen, nicht flüchtigen, herumschlendern, sondern durch die, wo sich wenige bis gar keine Menschen aufhalten. Ich habe Angst die Polizei könnte mich finden. Dass sie mich dann ins Heim bringen. Jeden Tag lasse ich gefühlte hundert Kilometer zurück. Mittlerweile weiß ich nicht mehr wo ich bin. Ich laufe einfach nur noch weg, um der Polizei zu entkommen. Ich esse kaum noch, zu groß ist die Furcht entdeckt zu werden. Das letzte Mal habe ich vor zwei Tagen was gegessen. Eine Pommes mit Currywurst. Nachts schlafe ich immer wo anders. Mal im Park auf einer Bank und manchmal unter einer Brücke, aber nur wenn es regnet, da ich Angst habe es würde wieder ein Obdachloser kommen.

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My world, your world
RomanceDas liebe unschuldige Mädchen, aus einer Gewalt und Drogenabhängigen Familie, trifft auf den reichen eingebildeten Jungen. Zwei Welten die aufeinander treffen. Zwei Welten die unterschiedlicher nicht sein könnten. Doch was passiert, wenn es der drau...