Kapitel 20

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Immer wieder versucht die Frau mit mir ein Gespräch anzufangen bis sie es irgendwann aufgibt und wir schweigend nebeneinander die Straßen entlang fahren. Mandy, wie sie sich vorstellte parkt das Auto vor einem großen Tor, wodurch ich eine große Wiese erkenne durch die ein Sandweg gezogen worden ist. Wir laufen zusammen den Weg entlang durch eine breite Tür. Eine etwas ältere Frau, vielleicht um die 40 kommt auf uns zu.

„Ah Mandy, hat alles gut geklappt?“

„Ja alles super.“

„Und du bist dann wahrscheinlich Tess richtig?“ Ich nicke. „Okay Mandy könntest du ihr dann alles zeigen?“

„Ja klar, komm Tess Lucy wird sich bestimmt auch freuen dich zu sehen, sie liegt die meiste Zeit im Bett und weint und wenn man sie zu den anderen setzt schreit sie rum, dass sie nur mit dir spielen möchte.“ Mandy lächelt mich freundlich an und auch auf meinem Gesicht breitet sich ein ganz kleines Lächeln kurz aus. Das ist meine kleine Lucy, wenn sie ihren Willen nicht bekommt.

Zuerst zeigt mir die 25 Jährige, zumindest schätze ich sie auf so alt, den riesigen Aufenthaltsraum. Dort gibt es ein großes Ecksofa und Regale mit Büchern, Spielen und Puzzeln. In einer anderen Ecke ist ein großer bunter Teppich ausgebreitet, wo ein kleineres Kind sitzt und mit einem Feuerwehrauto spielt. Als nächstes zeigt sie mir einen breiten Raum, wo zwei lange Tische entlang gezogen sind. An dem einen sind normale Stühle an dem hinteren Kinder- und Kleinkinderstühle. Angrenzend befindet sich die Küche mit unzähligen Schränken. Weiter geht es in das Bad. Viele Waschbecken nebeneinander, dahinter immer ein Spiegel. An der einen Wand sind viele kleine Fächer, wo Zahnbürsten, Zahnpasta, ein Becher und eine Bürste drin liegen. Auf jedem ist ein Name geschrieben worden.

„Das Fach gehört dir.“ Mandy zeigt auf ein Fach, wo in Großbuchstaben Tess drauf steht. Nebenan sind Toiletten und Duschen. Als wir gerade wieder auf den Flur kommen zeigt sie auf eine Tür.

„Das ist das Bad für unsere Kleinen.“ Ich nicke nur kurz um ihr zu zeigen, dass ich sie verstanden habe. Mandy zeigt mir noch die Schlafzimmer der Kleinen, wo wir Großen eigentlich nicht rein sollen, da sie ihre Ruhe brauchen und die Zimmer der Mittleren, wo auch Lucy zu gehört. Dann kommen wir in den Track der Großen.

„Das ist dein Zimmer. Alice schläft hier auch, das ist ´ne ganz Nette sie ist auch 15, ich bin mir sicher ihr versteht euch super.“ Sie lächelt mir aufmunternd zu und ich versuche mir auch ein kleines Lächeln auf mein Gesicht zu wünschen, um nicht ganz so lustlos auszusehen, sie gibt sich so eine Mühe. Weiter geht der Rundgang nach draußen. Tischtennisplatte, Fußballtore, Basketballkörbe, ein Spielplatz mit Schaukeln, Rutsche und Sandkasten und eine Hütte wo Spielsachen und Bälle verstaut werden sind auf dem riesigen Grundstück verteilt. Um der Rasenfläche herum sind Blumenbeete und eine hohe grüne Hecke. Ein verschönertes Gefängnis. Schon die gesamte Zeit über frage ich mich wo denn all die Kinder sind die hier wohnen, bis meine Frage beantwortet wird, als Mandy mir die Klassenräume zeigt, allerdings nur von außen, da dort gerade Unterricht gehalten wird.

„Dies wird dein Klassenraum sein. Aber ich zeig dir morgen früh nochmal wo du hin musst. Es stimmt doch das du seit der 8. Klasse nicht mehr in der Schule warst oder?“ Ich nicke. „Wir haben auch noch Räume für die Kleinen, so was wie ein kleiner Kindergarten. Soll ich dich erst mal in dein Zimmer bringen?“ Wieder nicke ich und wir gehen die breiten Flure zurück in mein Zimmer.

„In dem Schrank da sind ein paar Sachen für dich. Ich hoffe die passen, wenn nicht sag einfach Bescheid, wenn du dreckige Wäsche hast, wirf sie einfach in den Behälter da okay?“ Wieder nicke ich. Mandy schließt die Tür öffnet sie jedoch gleich wieder.

„Ich hab vergessen zu sagen das es um ein Uhr essen gibt. Du hast also noch eine halbe Stunde, komm dann einfach in das Esszimmer.“ Ich nicke noch einmal und setz mich auf das Bett. Das Zimmer besteht aus zwei Kommoden, zwei Schränke, zwei Betten und zwei Schreibtischen mit jeweils einem Nachttisch. Auf der Wand über einen der Betten hängen selbst gezeichnete Bilder, auf dem Nachttisch steht eine kleine schwarze Lampe und ein Foto, worauf eine vierköpfige Familie zu sehen ist. Die Kommode ist vollgestellt mit allmöglichen Sachen, Oberteilen, Hosen, Schneekugeln und anderen nutzlosen Zeug, der Schreibtisch sieht genauso aus, Hefte und Bücher stapeln sich dort und Stifte liegen verteilt darauf herum. Meine Möbel sehen dagegen kahl aus, unpersönlich. Ich stehe auf und gehe zum Fenster. Von hier aus kann ich die große Rasenfläche mit den Fußballtoren gut überblicken. Noch einmal schaue ich mich in dem Zimmer um, an der Wand über der Tür hängt eine Uhr, 12.35. Ich öffne eine der Schranktüren und erkunde ihn, nehme ab und zu mal ein Kleidungsstück in die Hand, falte es wieder zusammen und hänge oder lege es wieder ordentlich in den Schrank. Als nächstes untersuche ich die Kommode, ein Paar Winterstiefel, ein Paar Sommerschuhe, ein Paar für den Übergang und ein Paar Hausschlappen. Wieder schaue ich auf die Uhr: 12.50, ganz langsam schleiche ich durch die hellen Fluren und die breite Treppe hinunter, auf der Suche nach dem Esszimmer.

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