Kapitel 18

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Die Dunkelheit verjagt wieder das schöne Tageslicht. Die Luft wird immer kühler. Zeit mir einen Platz zum Schlafen zu suchen. Weit und breit ist nichts zu sehen, keine Bänke, kein Park, nicht mal eine Brücke. Nur ein dunkler Wald. Ich fand Wälder schon immer gruselig, besonders in der Nacht. Tagsüber laufe ich immer durch die dichten Bäume, damit die Polizei mich nicht sieht, aber in der Nacht finde ich es schrecklich. Doch was sollte ich tun? Links und rechts von mir sind nur Felder mit vielleicht einen Meter hohem Mais, hinter mir genau das gleiche. Nichts außer Feldern. Und vor mir, an der rechten Seite des schmalen Sandweges, ist der unheimliche dunkle Wald.

Ich laufe vorsichtig, um nicht zu stolpern, über die Wurzeln und Äste, komme allerdings nicht weit, da ich schon nach ein paar Metern außer den Umrissen der Bäume nichts mehr genauer erkennen kann. Eingekuschelt in meine warme Decke, lehne ich mich an einen Baum und versuche die erschreckenden Geräusche des Waldes um mich herum nicht zu beachten. Eine Eule schreit durch die Bäume und der das Rascheln in den Blättern und Büschen lässt mich zusammenzucken. Der Wind pfeift durch die Äste und peitscht mir den plötzlichen Regen ins Gesicht. Ich vergrabe es unter die Decke, doch es dauert nicht lang bis sie komplett durchnässt ist und sich auch meine Kleidung mit dem eiskalten Wasser vollsaugt. Ich zittere vor Angst und vor Kälte, durch den kühlen Wind kommt mir der Regen auf meiner Haut noch kälte vor. Ich versuche zu schlafen, presse die Augen fest zu und hoffe schnell alle meine Sinne zu verlieren. Nicht mehr den dunklen Wald zu sehen, nicht mehr den Regen und die nasse Natur zu riechen, nicht mehr die scheinbar eingefrorene Luft zu schmecken, nicht mehr den knallenden Regen und das gruselige Rascheln des Waldes zu hören und nicht mehr die Kälte zu spüren. Ich überlege wie es Lucy wohl geht, ob sie es gut hat im Heim, auch denke ich über Justus nach. Bestimmt macht er sich Sorge um mich. Sogar meine Eltern kommen in meinen Gedanke vor, sie vermissen mich nicht, aber was hat das Jugendamt wohl mit ihnen gemacht? Sitzen sie im Gefängnis? Und Jake? Ob er wohl noch an mich denkt? Wahrscheinlich hat er mich längst vergessen und liegt gerade in seinem gemütlichen warmen trockenen Bett –wahrscheinlich mit irgendeiner neuen Eroberung. Ich denke über die Zukunft nach, über die Vergangenheit. Meine Gedanken vertiefen sich immer weiter, ich vergesse den Regen, die Kälte, die Geräusche, den ganzen Wald und stelle mir vor bei Justus im Bett zu liegen, er hat die Arme um mich gelegt und drückt mich an sich. Oder wünsche ich mir, dass es Jake ist, der mich in seine starke Arme einschließt?

„Hey, alles okay?“ Reißt mich eine wunderschöne Stimme aus meinen traumhaften Gedanken. Ich hebe den Kopf aus meiner Decke, die nassen Haare fallen mir ins Gesicht und das Wasser tropft auf den Boden. Es hat aufgehört zu regnen.

„Tess?!“ Die Stimme klingt irritiert, besorgt und gleichzeitig überglücklich. Ich dagegen versuche angestrengt meinen Gedanken zu sortieren. Man hat mich gefunden. Eine warme Hand streicht mir die Haare aus dem Gesicht, verzweifelt schaue ich auf den nassen Waldboden. Die warme Hand hebt mein Kinn an, sodass ich in das perfekte Gesicht schauen muss. Er zieht mich an den Armen hoch und schiebt mich aus dem Wald heraus. Ich wehre mich nicht, es hätte ja eh nichts gebracht, es ist vorbei. Die Nacht ist immer noch dunkel, wie hatte er mich gefunden? Genau vor dem Wald steht sein Auto, es ist durch seine schwarze Farbe nur schwer zu erkennen. Ich stehe vor der Beifahrertür, der Junge nimmt mir meine eiskalte nasse Decke weg, ich versuche nicht mich daran festzuklammern, ich habe schon längst aufgegeben, wofür also noch kämpfen. Er legt die Decke zusammen mit meiner Tasche in den Kofferraum, dann läuft er wieder auf mich zu öffnet die Tür, nachdem er mich in eine andere trockene Decke eingehüllt hat.

„Steig ein Krümel.“ Sagt er liebevoll und ich folge seinen Anweisungen. Mit einem leisen Knall schließt er die Tür. In dem schwarzen Auto ist es warm und trocken. Nun steigt auch er ein, startet den Motor und fährt los.

„Deine Sachen sind alle nass geworden, aber ich hab noch ein paar im Auto, die kannst du anziehen.“ Ängstlich schaue ich nach unten, trotzdem spüre ich seinen Blick auf mir ruhen. Ich nicke kurz, mehr nicht. Nach schon wenigen Minuten fahren wir auf eine asphaltierte Straße, es ruckelt nicht mehr und man hört nicht das Platschen, wenn wir durch eine Pfütze fahren. Wenige Augenblicke später hält er an einer Tankstelle und steigt aus. Er öffnet meine Tür und hilft mir beim Aussteigen. Zusammen gehen wir in das beleuchtete Haus in Richtung Toiletten.

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