11.- Ryan hat mich abgefüllt

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Freitag. Der Tag der Party.

Das erste, was mir heute Morgen durch den Kopf schoss.

Die Schule brachte ich mehr oder weniger gut hinter mich. Charlett laberte wie immer Mist, Ryan erstach mich mit seinen Blicken und Noah grinste, als ich ihn von Weitem sah. Außerdem schienen Noah und Ryan sich wirklich gestritten zu haben, was ich echt komisch fand, da sie seit mehren Jahren wie Brüder waren.

Ich durchwühlte meinen Schrank vergeblich nach irgendetwas, das man auf einer Party tragen konnte, doch alles was ich fand waren Jeans und alte Shirts von Lieblingsbands.

Da mir nichts anderes übrig blieb, ging ich an den Schrank meiner Mum, um mir etwas von ihr herauszusuchen. Ich glaube, das Leben meiner Mum war lebendiger als mein eigenes. Sie traf ab und zu Freunde und ging mit ihnen in ein Café und letztens war sie sogar auf einem Konzert.

Aber auch Mum's Anziehsachen entsprachen nicht dem Geschmack einer Highschool-Party.

Seufzend ließ ich mich ich auf mein Bett fallen und überlegte, ob ich nicht vielleicht doch zu Hause bleiben sollte. Doch ich entschied mich dagegen.

Ich zog meine beste Jeans an und ein T-Shirt von The Cab.
Meine Haare ließ ich, wie sie waren und zusätzlich trug ich sogar noch etwas Eyeliner aus. Dummerweise sah ich nun etwas aus, wie Taylor Momsen mit dunklen Haaren, aber da ich keine Zeit mehr hatte, mich abzuschminken, nahm ich mir meine Tasche und stieg auf mein Fahrrad.

Ich wusste nicht einmal genau, wohin ich fahren musste. Nur, dass es in der Forster Street war, in der viele teure Häuser standen.

Außerdem hatte ich keine Ahnung, warum Noah eine Party gab. Für den Fall, dass er Geburtstag hatte, nahm ich ihm einfach eine CD mit, die ich mir versehentlich mal doppelt gekauft hatte. Nicht das beste Geschenk, aber ohne dazustehen, wäre auch nicht gerade besser.

Es war angenehm warm, weswegen ich nicht mal eine Jacke dabei hatte. Die Sonne war fast untergegangen, da es gerade mal neun Uhr abends war. Ich bog in die Forster Street ab und schaute mir jedes Haus genau an.  Auch wenn es unnötig war, da man das Haus, aus dem laute Musik und Gelächter drangen, sofort erkannte. Ich schloss mein Fahrrad sicherheitshalber einige Häuser früher an einem Baum an. Wer weiß, aus was für Ideen Betrunkene kommen konnten.

Ich wusste nicht genau, ob meine Mum enttäuscht wäre, weil ich ihr nicht Bescheid gesagt hatte oder ob sie glücklich wäre, dass ich endlich mal auf eine Party ging. Ich wusste lediglich, dass sie mir keinen Vortrag halten würde, wenn die Polizei die Highschool-Party wegen Alkoholkonsums Jugendlicher räumen würde. Das war der Grund, warum ich meine Mum so liebte, auch wenn sie etwas strange war.

Als ich direkt vor der großen Haustür stand, bekam ich doch etwas Bammel. Immerhin war das die erste Party, auf die ich eingeladen wurde. Wenn man es denn 'eingeladen' nennen konnte.

Ich klingelte mehrere Male an der Tür, aber niemand öffnete. Konnten die die Klingel eigentlich hören? Bei der Lautstärke bezweifelte ich das.

Hinter mir tauchte eine Gruppe aus drei Jugendlichen auf, bei der ich mir nicht sicher war, ob sie überhaupt auf unsere Schule ging.

Ein großer, schlaksiger Junge fragte kurz darauf:» Willst du hier noch ne Stunde rum stehen oder endlich reingehen?«
Selbstbewusst antwortete ich:» Tja, wenn niemand aufmacht, wenn ich klingle, kann ich ja auch schlecht reingehen.«

Als sie anfingen zu lachen, fühlte ich mich noch schlechter. Was war daran jetzt bitte so lustig?

»Ist das deine erste Party?«, fragte ein blondes Mädchen hinter ihm. »So offensichtlich?« Seufzend krauste ich die Stirn.
»Jap, auf Partys klingelt man nicht. Man geht einfach rein.«
Geschockt schaute ich ihn an. Wirklich? »Ist das nicht Hausfriedensbruch?« »Meinst du wirklich, da drin achtet jemand darauf, wer ins Haus kommt und wer nicht?« Wo der schlaksige Junge Recht hatte, da hatte der schlaksige Junge Recht. Ich trat einen Schritt zur Seite und schlich mich dann hinter der Gruppe ins Haus. Gott, kam ich mir blöd vor.

»Avery?«, fragte eine bekannte Stimme. Perplex drehte ich mich zu Noah um, der mich erfreut angrinste. »H-Hey Noah. Toll, dass du auch hier bist.« »Ist ja auch meine Party.«, lachte er. »Stimmt. Das hatte ich irgendwie vergessen. Tut mir Leid. Hast du Geburtstag?«, wollte ich von meinem dummen Verhalten ablenken.

»Ja, ich will in meinen 18. reinfeiern.« »Oh, das ist cool. Ich hab was für dich, auch wenn ich bezweifele, dass du damit was anfangen kannst.« Ich hielt ihm die noch verpackte CD entgegen, die er stirnrunzelnd annahm.

»Du hörst Green Day?« Er klang sichtlich verwundert, was ich allerdings auch war, da ich nicht damit gerechnet hätte, dass er die Band überhaupt kannte.

»Ja, du etwa auch?« Hoffnungsvoll wartete ich auf seine Antwort. »Klar, eine der besten Bands, die es gibt.« ich grinste ihn an, als mich jemand am Arm wegzog. »Ich muss mir Avery kurz mal ausleihen.«, sagte Ryan kalt, worauf Noah ihm einen finsteren Blick zuwarf.

»Ist das okay, Avery?«, fragte Noah. Verwundert über seine Freundlichkeit nickte ich und ließ mich von Ryan in die Küche ziehen.

»Sag mal, was ist das zwischen dir und Noah? Habt ihr euch gestritten?« Neugierig wartete ich auf seine Antwort. »Wie kommst du darauf?« Skepsis lag in seinem Blick. »Ach kommt schon, ich bin vielleicht keiner eurer Gruppe, aber selbst ich merke, dass da was im Argen ist.« »Du bist ziemlich aufmerksam. Nicht mal Charlett hat das bemerkt.«

»Charlett ist ja auch so blind, wie Stevie Wonder.« Manchmal konnte ich einfach meine große Klappe nicht halten. Sofort hatte ich ein schlechtes Gewissen. Nicht Charlett gegenüber. Stevie Wonder gegenüber. Er verdiente es gar nicht, mit Charlett verglichen zu werden.

»Wer ist Stevie Wonder?« Kopfschüttelnd setzte ich zur Antwort an:» Ein Sänger. Was ich damit aber sagen will, ist, dass sie einfach zu dumm ist, solche Sachen zu bemerken.« Das wars dann wohl mit dem Rausreden. Da kam ich nicht mehr raus.

Doch anstatt dass er jetzt seine Julia verteidigte, fing Romeo alias Charming alias Ryan an zu lachen. Warum mussten mich ständig alle auslachen? War ich wirklich so peinlich?

»Du bist echt seltsam, Nerd.« Beleidigt verschränkte ich die Arme. Das wusste ich auch so schon. Musste er es mir also extra noch unter die Nase reiben?

Er drückte mir einen Becher mit roter Flüssigkeit in die Hand. »Was ist das?«, fragte ich zweifelnd. »Bowle« »Ist da Alkohol drin?« »Nope.« antwortete er knapp und schnappte sich dann selbst einen Becher. Ich nippte an dem süßen Zeug und verzog angewidert das Gesicht. »Das schmeckt wie Antibiotikum.«

Er zuckte die Schultern und trank seinen Becher aus. Weil ich nicht unhöflich sein wollte, trank ich ebenfalls aus.

So schlimm war es letztendlich gar nicht, sodass Ryan mir sogar noch einmal nachschenkte.

Nach einigen Bechern wurde mir klar, dass Ryan dieser Idiot mich angelogen hatte. Das Zeug enthielt Alkohol. Und zwar mehr, als ich dachte.

The lost Diary  #WattyCompetitonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt