Sina genoss die frische Meeresluft in ihrem Gesicht. Genüsslich hatte sie die Augen geschlossen, um den goldenen Sonnenstrahlen zu erlauben, wärmend über ihre Augenlider, ihre Lippen und ihre Wangen zu streichen. Der Tag hatte früh begonnen, hatte die junge Frau doch nur wenig Schlaf abbekommen. Sie wusste nicht warum, aber irgendwie war sie aufgeregt und hatte auch ein wenig Angst davor, diesen Schritt in eine neue Richtung zu gehen. Doch nun gab es kein Zurück mehr und das wollte Sina auch garnicht. Das Café war ihr Traum schon seit ihrer Kindheit und nun konnte sie ihn endlich wahr werden lassen.
Ihre Augen öffneten sich wieder und schauten über den weißen Sand hin zum Meer und dem Horizont, der das dunkelblaue, glatte Wasser vom azurblauen, reinen Himmel trennte. Heute war ein Tag wie aus einem wunderschönen Traum. Keine Wolken weit und breit, kein Wind, nur Sonnenschein. Die Kälte des Winters wurde immer öfter von dem strahlenden Gold der Sonne durchbrochen und musste allmählich einer angenehmen Wärme Platz machen.
Heute war es schon so warm, dass sich Sina ohne Bedenken von ihrer Mütze und dem dicken Wintermantel hatte trennen können. Sie saß hier auf der gepunkteten Decke im Sand mit lediglich einer dünnen Stoffjacke, die ihren Oberkörper sanft umschloss.
Auf dem Weg durch die Straßen Warnemündes und über die Dünen bis hin zu ihrem angestammten Platz war der jungen Frau aufgefallen, dass Bäume, Büsche und Wiesen schon anfingen zu blühen. Vögel waren in den Ästen zu hören und frisches Grün schmückte die Zweige.
Sina schmunzelte in sich hinein. Es war in der Tat ein wunderschöner Tag.
Gemütlich senkte sie ihren Kopf hinab zu ihrer Tasche, um nach ihrem Buch zu kramen. Wie so oft, wenn Sina hier am Strand saß, wollte sie ein wenig lesen.Schläfrig gähnte Avriel. Gerade hatte er den letzten Bissen seines Croissants und den letzten Schluck aus der weißen Kaffeetasse genommen. Es war ein guter Start in den Tag, hier in der kleinen Bäckerei zu sitzen und ein Gebäck zu seinem schwarzen Kaffee zu genießen. Ab und zu hatte er sich umgedreht und durch das große Fenster hindurch die Menschen auf der Straße beobachtet. Je länger er dort gesessen hatte, desto lebhafter wurde es außerhalb der Bäckerei. Avi Kaplan war früh wach gewesen und hatte es genossen, auch einmal nicht in seinem Appartment frühstücken zu müssen.
Als schließlich mehr und mehr Leute die Bäckerei betraten, um Backwaren zu kaufen oder so wie er einen Kaffee zu trinken, stand er auf, bezahlte an dem Tresen sein Frühstück und verließ das Haus.
Was sollte er nun unternehmen? Durch die Straßen wandeln und das Leben vor und in den Geschäften beobachten? Oder sollte er in den aufblühenden Kurpark gehen, den Vögeln bei ihren hellen Gesängen lauschen und sich in das weiche, saftgrüne Gras legen? Heute war es angenehm warm und so würde die Erde seinen Körper nicht allzu sehr auskühlen. Vielleicht zeigte aber auch das Meer heute eine neue Schönheit... Davon hatte er schon so viele unbeschreibliche Facetten gesehen und kein Tag, an dem er durch den Sand gewandelt war, war gleich gewesen. Für den Basssänger war es faszinierend, all diese Gesichter des Meeres mitzuerleben.
Schon bei diesem Gedanken wusste Avriel, dass seine Entscheidung bereits gefallen war. Wie von allein hatten ihn seine Füße während seiner Gedankengänge zu den Dünen hingetragen, sodass er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen nur noch seine Schuhe und Strümpfe auszuziehen brauchte.
Als Avi Kaplan dies getan hatte, bewegte er sich durch den kühlen, hellen Sand auf das still daliegende Meer zu. Genüsslich sog er den frischen Duft des Salzwassers, der in der Luft lag, ein, so wie er es die vergangenen Wochen immer wieder getan hatte.
Heute zeigte sich der Himmel in seiner reinsten Farbe und gestattete der Sonne, das tiefblaue Wasser durch ihren Glanz zu einem lebhaften Funkeln zu bringen.
Glücklich trug er seine Lederschuhe mit sich den Strand entlang und genoss dabei die Wärme des Tages auf seinem Rücken und seinen Händen. Der Mann mit den halblangen, braunen Haaren, die auch bei diesem freundlichen Wetter noch mit einer Mütze bedeckt waren, schlenderte seelenruhig seinen Weg am Strand, der innerhalb der letzten zwei Wochen schon zu einer Gewohnheit geworden war, entlang. Die meiste Zeit schaute er seinen Füßen dabei zu, wie sie sich bei jedem Schritt im feinkörnigen Sand vergruben, sich dieser an seine Zehen schmiegte und sich die nackten Füße schließlich wieder von ihm befreiten. Doch gelegentlich hob Avi Kaplan auch seinen Blick, der dann über Dünen, Muscheln und das Meer streifte. Dabei entdeckte er nach einiger Zeit eine Person, die es sich am Rande der Dünen gemütlich gemacht hatte. Es dauerte nicht lang, bis er die fuchsrot glänzenden Haare dieser erkannte.
Der Sänger musste schmunzeln. Es war Sina.
Gemächlich bewegte er sich weiter voran und kam ihr dabei immer näher. Avriel nahm wieder ihre unverwechselbare Ausstrahlung wahr, die ihm schon zweimal gut getan hatte.
Du bist in Deutschland, um deine Ruhe zu haben, nicht um dich zu verlieben., hörte er auf einmal die Stimme seiner besten Freundin in seinem Kopf widerhallen.
Augenblicklich verschwand sein vorher so freudiges Lächeln. Sollte er zu ihr hingehen, oder vielleicht doch weiter seinen Weg entlanglaufen und sie ein für alle Mal vergessen? Er war sich nicht sicher.
So stand der amerikanische Sänger einige Zeit in geraumer Entfernung zu der jungen, wunderschönen Frau und fühlte sich verloren dabei. Seit ihrem ersten Gespräch in der kleinen Bar nicht weit von hier waren sie und ihr bezauberndes Lächeln ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Sie hatte mit ihrer offenen, herzlichen Art etwas erreicht, das nicht einmal seine Freunde und Bandkollegen in Los Angeles vermocht hatten. Die junge Frau hatte es geschafft, ihn mit ihren strahlenden Augen und ihrer Art in ein Gespräch einzubinden, ihn innerhalb weniger Minuten von seiner Schwermut zu lösen.
Wieder musste Avriel lächeln. Nein, er konnte nicht so wie Kirstie denken. Er glaubte nicht, dass Sina ihm etwas vorspielte. Sie hatte aufrichtig interessiert an ihm gewirkt...
Noch immer stand er weit genug von ihr entfernt, dass sie ihn nicht bemerkte, und beobachtete jede noch so kleine Bewegung von ihr. Wie sie dasaß, ganz in ihr Buch vertieft, und sich dabei gedankenverloren auf die Unterlippe biss... Er wusste nicht warum, aber dieser Anblick wirkte beruhigend auf ihn. Avi sehnte sich zu dem ungezwungenen Gespräch vor zwei Wochen zurück. Er vermisste es, sich mit Menschen in seiner Umgebung normal unterhalten zu können. Seit Pentatonix Erfolg hatte, war das kaum noch möglich. Umso angenehmer war ihm Sinas Anwesenheit.
So entschloss sich Avriel nach vielem Überlegen doch dazu, zu der Frau mit den rotblonden Haaren hinzugehen.
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Basstone
FanfictionEine kurze Auszeit von all dem Rummel sollte es werden. Avi brauchte einmal Zeit für sich. Ohne Fans, ohne Pentatonix, ohne YouTube. Sein Ziel war Deutschland. Hier, so hoffte er, würde er in Ruhe abschalten können, doch dort geschah etwas, das sein...