Wieder bei ihm eingehakt lief sie neben ihm her. Sie wusste nicht, was sie noch sagen sollte. Es hatte sich so gut angefühlt, so richtig, als sie sich küssten... Doch war es das wirklich? Sie kannte Avriel schließlich erst seit knapp drei Wochen. Trotzdem fühlte sie sich so vertraut in seinen Armen, als wäre genau das ihr Platz. An seiner Seite... Und wie würde es jetzt weitergehen? Wann würden sie sich wiedersehen? Sina hoffte, dass es bald sein würde. Wenn sie daran dachte, dass er gehen würde, sobald sie bei ihrer Wohnung angelangt waren, vermisste die Rothaarige das aufgeregte Bauchkribbeln schon jetzt.
Versucht unbemerkt zu bleiben schaute Sina ihn von der Seite an. Augenblicklich huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Es war kein Traum. Es war wirklich Avriel, der neben ihr lief, keine Spinnerei ihres Kopfes. Die junge Frau war so glücklich. Jetzt erklärten sich endlich all die eigenartigen Gefühle, die sie über die vergangenen Tage und Wochen stets in seiner Gegenwart verspürt hatte und von denen sie Josua nie ein Wort gesagt hatte. Sie hatte ihm alles über Avriel erzählt, was sie wusste, aber ihre Gefühle zu ihm, die sie zu diesem Zeitpunkt selbst noch nicht erklären konnte, hatte sie verschwiegen.
Alles, was sie von Avriel wusste... Bei diesem Gedanken musste die junge Frau unwillkürlich an seine Geschichte vom heutigen Abend denken. Sie hatte noch immer ihre Zweifel daran, dass er wirklich so berühmt war, wie er es sagte, doch es wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen...Gedankenverloren sah sie aus, schwieg die ganze Zeit. Was war nur mit ihr los? Avi hoffte, dass er keinen Fehler begangen hatte, indem er sie küsste. Für ihn war es das Beste, was ihm seit langem passiert war, doch auch für sie? Sina hatte so glücklich ausgesehen, als sie gemeinsam am Strand gelegen hatten, aber jetzt... Worüber dachte sie nach? Was beschäftigte sie so sehr, dass sie kein Wort mehr mit ihm redete? Zugegeben, er brachte selbst keinen Satz über seine Lippen, aber das war etwas Anderes. Er wusste einfach nicht, was er nach so einem perfekten Moment hätte sagen sollen. Nichts konnte seine Empfindungen umschreiben.
Erneut blickte der Braunhaarige zu Sina. Ihre Miene war wie versteinert. Kein Gefühl fand seinen Weg auf ihre lieblichen Gesichtszüge.
Der amerikanische Sänger wusste nicht, was er tun sollte. Vielleicht sollte er sie auf ihre Gedankenverlorenheit ansprechen, oder war es doch besser, wenn er schwieg und einfach weiterging? Er wusste es nicht. Doch er musste nicht weiter darüber nachdenken, denn Sina nahm ihm die Entscheidung ab."Avriel?", fragte sie in einem zarten Flüsterton.
"Ja?", antwortete er ihr und gab der Rothaarigen damit zu verstehen, dass er ihr zuhörte.
Ihr Kopf schwirrte bereits von den vielen Gedanken, die sie sich wegen seiner Geschichte machte.
"Bitte sag mir die Wahrheit.", fing sie an zu reden. Es fiel ihr schwer, dieses Thema anzusprechen.
Die junge Frau atmete gut hörbar aus und blieb dann stehen.
Avriel schaute sie noch fragender an.
"Ich will ganz ehrlich zu dir sein. Ich weiß immer noch nicht, was ich von dem halten soll, was du mir heute im Restaurant erzählt hast..."
Sie machte eine kurze Pause und schaute ihrem Gegenüber in die Augen. Sina war verwundert, darin neben Überraschung auch Erleichterung zu erkennen. Was hatte er denn gedacht, was sie ihm nun sagen würde?
Naja egal...
Sie seufzte erneut.
"Es... Es klingt einfach so seltsam, weißt du? Ich würde es dir gern glauben, aber das kann einfach nicht sein. Ja, ich weiß du bist hier, weil du deine Ruhe brauchtest, aber warum Warnemünde? Warum nicht Hawaii, Madrid oder irgendein anderer, luxuriöserer Ort?"
"Eben weil jeder vermuten würde, dass jemand wie ich nur an solchen Orten Urlaub machen würde. Ich wollte an einen Ort, den ich noch nie zuvor gesehen habe, ein ruhiges Fleckchen, genau wie dieser hier.", erklärte der Mann ruhig. "Bitte glaub mir, es ist alles wahr.", meinte er noch und umfasste die Hände der jungen Frau.
Im Gegensatz zu der Kühle der Nacht, die vorher ihre Hände ummantelt hatte, waren diese Hände so wohlig warm...
"I-Ich werde es versuchen.", erwiderte sie mit leicht zitternder Stimme. Warum konnte sie nur eine kleine Geste seinerseits so schwach werden lassen?!
"Danke.", lächelte er. Es schien ihm wohl wirklich viel daran zu liegen, dass sie ihm das glaubte...Das war es also gewesen, was seiner wunderschönen Begleiterin den ganzen Weg über durch den Kopf gegangen war. Avriel war ja so froh, dass es nichts war, was mit den Geschehnissen am Strand zu tun hatte. Er hätte nicht gewusst, was er, wenn dem wirklich so gewesen wäre, hätte tun sollen...
Nachdem Sina ihm versichert hatte, dass sie zumindest versuchen würde ihm zu glauben, gingen sie weiter durch die stillen Straßen des Kurortes. Der Braunhaarige wünschte sich noch immer, dass diese Nacht niemals enden würde, doch schon bald, so ahnte er, würde es Abschied nehmen heißen. Konnte er nicht ewig Arm in Arm mit ihr allein durch die Straßen streifen?
Wieder war es Sina, die ihn aus seinen Gedanken holte.
"Wir sind da.", meinte sie und Avi Kaplan glaubte, einen bedauernden Unterton in ihrer Stimme zu hören. "Hier wohne ich."
Schweren Herzens löste er seinen Arm von ihr und sah zu, wie sie den Haustürschlüssel aus ihrer Handtasche hervorholte und zum Eingang ging. Betrübt folgte er ihr bis dorthin. Nun war der Zeitpunkt gekommen. Jetzt würde sie gehen.
"Gute Nacht.", hörte er sie leise sagen.
Avi Kaplan versuchte zu lächeln, während er Sina anschaute, doch so recht wollte ihm das nicht gelingen.
"Gute Nacht.", hauchte er und sie lächelte.
Noch einmal drehte sich die Frau mit den rotblonden Haaren gänzlich zu ihm um.
"Bis bald.", sagte sie noch, dann drehte sie das silberne Metall im Türschloss um, öffnete die Tür und ging hinein.
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Basstone
FanfictionEine kurze Auszeit von all dem Rummel sollte es werden. Avi brauchte einmal Zeit für sich. Ohne Fans, ohne Pentatonix, ohne YouTube. Sein Ziel war Deutschland. Hier, so hoffte er, würde er in Ruhe abschalten können, doch dort geschah etwas, das sein...