26. Verwunderung

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Das nächste was Raphael tat, hätte ich nicht erwartet. Er kam mir sehr nah und fragte so leise wie das Schnurren einer Katze:,, Wieso weinst du?"

Ich hätte ihm ja zu gerne geantwortet, doch leider brachte ich zur Zeit keine deutlichen Worte heraus. Was größtenteils Raphaels Schuld war!

Er seufzte als keine Antwort kam und befreite mich von dem Klebeband.
Erleichtert atmete ich die Luft ein und hoffte, dass er nun auch meine restlichen Fesseln löste. Was er leider nicht tat!

,,Antworte!", befahl er, wobei ich das Zittern in seiner Stimme heraus hörte. ,,Ich weine, weil ich diese Erfahrung nie wieder machen wollte!", erwiderte ich schließlich und blickte zu Boden.

,,Schmerzt es so sehr, es sich mit mir vorzustellen?", fragte er traurig und ich erkannte, dass meine Worte ihn sehr zum Verzweifeln gebracht hatten.

,,So mein ich das nicht...!", fing ich an, wurde jedoch sofort wieder von ihm unterbrochen. Raphael schrie mich an:,, Und wie meinst du es dann?"

Nun war er es der seine Tränen vergießte. Und als ich ihn so schwach und zerbrechlich sah, erkannte ich wieder meinen Kumpel. Als wir uns das aller erste Mal trafen, war er genauso. Mit den Jahren in denen er Zeit mit mir verbrachte, änderte sich seine komplette Art und er wurde so verschlossen, dass ich ihn nicht mehr wieder erkannte.

Als er meinen Blick auf sich spürte; hielt er kurz inne, bevor er mir wieder zu Nahe kam. ,,Ich wünschte ich könnte die Zeit zurückstellen! Dann wäre vielleicht ich es gewesen, den du auserwählst hättest!", flüsterte er nun wieder beruhigt und strich mir durch die Haare.

Eine Weile sahen wir uns einfach nur in die Augen und schwiegen.
Nachdem ein paar Minuten vergangen waren, machte er wieder einen Schritt zurück und holte aus einer Schublade ein silbernes Messer.

Sofort bekam ich Angst! Ich dachte sogar, dass er mich damit verletzten wollte, doch bevor er meiner Haut mit dem Messer auch nur zunahe kam; fielen die Fesseln auf den Boden.

Verwirrt und überrascht sah ich ihn an. ,,Schau nicht so!", meinte dieser bedrückt und flüsterte anschließend:,,Ich werde dich gehen lassen!"

Seine Worte schwirrten eine Weile in meinem Kopf herum, bis ich sie endlich verstanden hatte.

,,Wieso tust du das? Woher kommt dieser Sinneswandel ?",fragte ich und rieb mir meine Handgelenke, die etwas rot von den Fesseln waren.

,,Ich habe es verstanden! Deine Tränen zeigten es mir. Ich wollte immer nur dich! Für mich ganz alleine! Aber als du dann geweint hast, wegen mir, da....da wurde es mir klar.

Für dich wird es niemanden außer Tenji geben! So oft habe ich mich an seine Stelle gewünscht, doch du wirst wohl niemals solche Gefühle für mich hegen; oder?", sagte er und blickte mich traurig an.

Ich nickte und senkte den Blick.
,,Bitte steh auf und gehe! Ich kann dich nicht länger betrachten! Der Schmerz in meiner Brust ist zu stark!", fügte Raphael hinzu und wandte mir den Rücken zu.

Ich konnte sehen, wie sehr er sich Mühe geben musste, sich zusammenzureißen, um seine Meinung nicht doch noch zu ändern.

Schweigend tat ich, was er verlangte.
Meine Füße trieben mich zur Tür, zu meiner Freiheit!

Kurz zögernd stand ich vor der Tür und hielt die Klinke in meiner Hand.
Das Verlangen mich um zudrehen und Raphael in die Arme zu schließen stieg in mir auf; doch dies tat ich nicht.

Denn ich wusste; dass er mich dann erst recht nicht mehr gehen lassen würde.

Aus diesem Grund flüsterte ich ein leises:,, Auf Wiedersehen!", und verließ das Zimmer.

Ich war mir sehr sicher, dass Raphael in diesem Moment seinen Tränen freien Lauf ließ; doch trotzdem kehrte ich nicht um.

Mein Entschluss stand fest:,, Zwischen uns war es endgültig vorbei!" Und somit ließ ich die Vergangenheit; Vergangenheit sein.

Das einzige was nun zählte, war Tenji zu finden und diesem Treiben ein Ende zu machen.

Liebe? Das glaubst wohl nur du!!? ~~Buch 2~~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt