„Dobro nam dosla. (Herzlich willkommen)", hieß mich mein Cousin willkommen und drückte mich zur Begrüßung. „Bolje vas nasla. (Antwort auf herzlich willkommen)", entgegnete ich und lief ihm hinterher ins Wohnzimmer. Lamija saß auf der Couch und wollte aufstehen, doch ich hinderte sie daran, indem ich sie wieder runter drückte. „Bleib sitzen. Was hast du?", fragte ich sie. „Ich habe seit heute Morgen sich wiederholende Schmerzen im Rücken, die ziehen sich so langsam aber sicher in den Bauch und meinen Unterleib.", antwortete sie mir. „Kann es sein, dass es deine Wehen sind? Spürst du einen Druck nach unten hin oder hattest du einen Wasserfluss?", wollte ich von ihr wissen. „Nein meine Fruchtblase ist nicht geplatzt. Ich weiß nicht, ich sollte mal meine Hebamme fragen.", besorgt sah ich sie an. Sie verzog ihr Gesicht und legte eine Hand auf ihren Rücken. „Hast du Schmerzen?", sie nickte und ich stand sofort auf. „Ahmet wo ist dein Handy?", fragte ich ihn als er das Wohnzimmer betrat. „Hier, wieso?", ich nahm es ihm ab und suchte nach der Nummer der Hebamme. „Ich rufe Lamijas Hebamme an.", beantwortete ich ihm seine Frage und wartete darauf, dass jemand abnimmt.
„Herr Hodzic, was gibt es? Seid ihr etwa schon im Krankenhaus?"
„Es ist nicht Herr Hodzic. Ich bin die Cousine von ihm. Lamija hat seit heute Morgen Schmerzen im Rücken, die immer wieder kommen und so langsam aber sicher, zieht sich der Schmerz hin zum Unterleib und verteilt sich auch über ihren Bauch. Ihre Fruchtblase ist nicht geplatzt, es könnte aber sein, dass es wehen sind, die vom Rücken aus gehen."
„Das könnte sehr gut möglich sein. Wie sieht ihr Bauch aus? Ist er immer noch hoch?"
„Nein, er hat sich abgesenkt und hat eine andere Form angenommen."
„Und hat sie starke Schmerzen und kann sie sich bewegen?"
„Ja, hat sie. Sie kann nicht mehr aufstehen, weil ihr Rücken und ihr Bauch weh tun."
„Schafft ihr es sie ins Auto zu bringen und ins Krankenhaus zu fahren zur Untersuchung?"
„Einen Moment ich muss eben nachfragen. Wenn nicht müssen sie kommen."
Ich nahm den Hörer von meinem Ohr und sah Lamija an. „Schaffst du es aufzustehen. Wir sollen dich ins Krankenhaus bringen.", sie dachte kurz nach, atmete tief ein und aus und nickte. „Ahmet, schnapp dir ihre Krankenhaustasche, wir brechen auf.", ich legte den Hörer erneut auf mein Ohr und sprach zur Hebamme:
„Sind sie im Krankenhaus?"
„Ja, ich kläre hier alles. Kommen sie vorbei."
Ich lief in den Flur und sah hinter mich, um zu gucken, ob mich jemand hört.
„Ich möchte, dass sie die Patientin wie einen privat versicherten Patienten behandeln. Ich werde alle Kosten übernehmen, sie soll nur die Beste Behandlung bekommen."
„Kommen sie auch ins Krankenhaus, wenn ja dann können wir alles besprechen."
„Ja, ich komme auch mit und gebe ihnen dann meine Daten, damit sie alles finanzieren können und damit alles so klappt wie ich es möchte."
„Bis gleich."
Ich legte auf und lief ins Wohnzimmer. Ahmet hielt verzweifelt die Tasche hoch und half Lamija beim aufstehen. „Schaffst du es sie zu tragen?", fragte ich ihn. „Ja klar.", ich nahm ihm die Tasche ab und hielt ihm die Tür auf. Er trug Lamija die Treppen runter und dann ins Auto. Ich setze mich zu ihr nach Hinten und legte meine Hand auf ihren Bauch. „Du bist eine Hexe.", sagte sie schweratmend, weil sie die Schmerzen erneut ergriffen. „Wieso?", wollte ich wissen. „Weil du der Hebamme etwas heimlich gesagt hast und ich weiß auch schon was.", ich lächelte sie an und strich über ihren Bauch. „Denk an dein Kind und konzentrier dich auf das was wichtig ist und nicht auf meine Machenschaften.", 15 Minuten später, waren wir im Krankenhaus. Die Hebamme kam sofort mit einem Rollstuhl raus und fuhr Lamija ins Behandlungszimmer. Ich half Lamija dabei sich umzuziehen und auch dabei sich aufs Bett zu legen. Die Hebamme kontrollierte sie und sah uns dann an. „Sie sind schon geöffnet. Es dauert nur noch wenige Stunden, bis das Kind da ist. Wir werden noch einen Ultraschall anfertigen und die Herztöne kontrollieren.", wir nickten und sie verließ das Zimmer. Ahmet betrat das Zimmer und stellte sich auch zu Lamija. „Bald hast du es hinter dich gebracht." Lamija hatte sich ein wenig beruhigt und deswegen beschloss ich ihr eine neue Frisur zu verpassen. „Lamija, ich möchte dir zwei Zöpfe flechten, damit die Haare dich nichts stören.", ich nahm aus ihrer Tasche eine Bürste und zwei Haargummis und kämmte ihre Haare. Anschließend teilte ich diese in zwei ungefähr gleich große Teile und flocht ihr zwei Zöpfe. Sie bedankte sich bei mir und schon kam die Hebamme bei und machte die nächsten zwei Untersuchungen. „Gott sei Dank wird das Baby keine Steißgeburt. Er liegt sehr schön mit dem Kopf voran und hat sich auch schon etwas nach unten begeben. Die Nabelschnur hat sich auch nicht um etwas gewickelt, sodass es hoffentlich keine Komplikationen geben wird. Auch die Herztöne hören sich sehr gut an und sind auch regelmäßig. Sie brauchen sich keine Sorgen machen. Es liegt jetzt an ihnen, ob sie etwas ins Wasser möchten, um sich zu entspannen, oder ob sie hier bleiben möchten.", sie sah mich ahnungslos an und sagte mir mit ihren Augen, dass ich es entscheiden soll. „Sie soll ins Wasser, sie entspannt sich und öffnet sich auch, sodass sie nicht lange warten muss. Die Fruchtblase können ja auch sie platzen lassen, wenn es dann so weit sein sollte.", antwortete ich für Lamija und wir halfen ihr zurück in den Rollstuhl und brachten sie ins Wasser. Ich massierte ihre Schulter, während Ahmet ihre Hand hielt und selber nicht wusste, wie ihm geschieht. „Tief ein und aus atmen und Augen schließen. Entspann dich.", sprach ich ihr mit einer ruhigen Stimme zu. Nach einer Stunde im warmen Wasser, fuhren wir Lamija zurück aufs Bett. Ihre Schmerzen wurden stärker und der Druck nach untern erhöhte sich. Die Hebamme untersuchte sie und benachrichtigte eine Gynäkologin, dass es so weit sei. „Wir bringen sie in den Kreissaal, es dauert nicht mehr lange, das Wasser war wirklich eine gute Entscheidung und da sie sehr wahrscheinlich seit heute Morgen Wehen haben, geht es deswegen auch so schnell." Ahmet und ich liefen zusammen mit ihr in den Kreissaal. Ich hielt ihre rechte Hand weg und wusch ihr den Schweiß von der Stirn während Ahmet sie zum Pressen anregte und ihre Hand hielt. „Noch ein letztes Mal pressen, dann ist der Kleine da.", hörten wir die Ärztin sagen. Lamija war wirklich sehr erschöpft. Sie ließ ihren Kopf fallen und Tränen flossen ihre Wange entlang. „Ich kann nicht mehr, ich habe keine Kraft mehr.", sagte sie Schwach. Ich strich ihr über die Stirn: „Komm schon Lamija, du willst den Kleinen doch auch sehen, sein Weinen hören, ihn im Arm halten und stillen. Du musst nur noch einmal pressen, für ihn.", sie sah mich an und hob ihren Kopf vom Kissen. Sie Atmete tief ein und aus, schloss ihre Augen, sammelte ihre Kraft und als die nächste Wehe kam, fing sie an zu pressen. Als sie sich ausruhte ertönte das Weinen ihres Sohnes. Ahmet und sie sahen sich einfach nur Stumm an. Ahmet wurde gefragt, ob er die Nabelschnurr durchschneiden möchte und das tat er auch. Der weinende kleine, wurde Lamija auf die Brust gelegt. Lamija sah ihn mit einem sehr intensiven aber entspannten Blick an. Ihr Grinsen war nicht zu übersehen und auch Ahmets Blick war nur auf dieses Kleine Wesen gerichtet. Der Moment war einfach Magisch. Der Raum war mit einer Liebe erfüllt, die man sonst nur selten zu spüren bekommt. Die Zeit schien still zu stehen. Für Lamija und Ahmet gab es nur die beiden und ihren Sohn. Moment mal, Sohn? Ich habe da keinen Zipfel gesehen. „Ehm ich habe eine Frage?", zerstörte ich den Moment und alle richteten ihre Aufmerksamkeit auf mich. „Ihr wisst schon, dass euer Baby kein Junge ist.", machte ich sie aufmerksam und die Ärzte sahen sich grinsend an. „Wir haben uns wohl vertan. Sie haben eine Tochter bekommen. Herzlichen Glückwunsch Herr und Frau Hodzic.", sagte die Hebamme. Wir lachten und Lamija legte ihre Hand auf den Rücken vom Baby. „Wir wollten das Baby ursprünglich Selim nennen, wir haben keinen Mädchennamen.", Lamija sah Ahmet an und man sah beiden an, dass sie leicht überfordert waren. „Sie haben Zeit sich einen Namen zu überlegen, wir waschen den Kleinen jetzt, wiegen und messen ihn, ziehen ihn an und bringen ihn zurück zu ihnen. So lange können sie sich einen Namen überlegen.", die Hebamme nahm die Kleine weg, da Lamijas Nachgeburt gleich noch raus müsste. Während sich die Hebamme um die Kleine kümmert, kümmerte sich ihre Gynäkologin um sie. Eine halbe Stunde später, lag Lamija frisch umgezogen und etwas von mir gesäubert in ihrem eigenen Zimmer und wartete auf ihr Baby. „Was machen wir Schatz wir haben keinen Namen?", fragte Ahmet. „Darf ich euch einen vorschlagen?", Ahmet lächelte und Lamija nickte. „Was haltet ihr von dem Namen Amira.", schlug ich vor. Beiden verging das Lächeln und ich wusste genau wieso. „Willst du den Namen nicht für deine Tochter übrig lassen?", wollte Lamija wissen. „Nein, wenn euch der Name gefällt, dann gebt dem Kleinen Engel diesen Namen.", sie lächelte mich mit Tränen in den Augen an. Ich drückte ihre Hand und schon öffnete sich die Tür. Eine Krankenschwester schob die Kleine ins Zimmer und übergab sie ihrer Mutter. „Wir haben einen Namen.", sagte Ahmet der Krankenschwester und sie hörte ihm aufmerksam zu. „Wir möchten sie Amira Ajet nennen.", meine Augen rissen sich auf und ich sah ihn geschockt an. Die Krankenschwester trug alles ein und verabschiedete sich dann. „Wieso Ajet?", fragte ich ihn und meine Augen füllten sich mit Tränen. „Du hast ihr zusammen mit uns auf die Welt geholfen. Wenn wir sie schon Amira benennen, dann möchten wir ihr deinen Zweitnamen auch als Zweitnamen geben. Um dich für sie als Besonders zu kennzeichnen und ihr später sagen zu können, was diese Namen bedeuten.", die angestauten Tränen flossen auf meine Wangen. Ahmet wischte sie mir weg und küsste mich auf die Stirn. „Danke. Aber jetzt sollten wir unseren Familien Bescheid geben. Schließlich wollen sie das jüngste Mitglied der Familie kennenlernen.", Ahmet nahm sein Handy raus und rief seine Eltern und Schwiegereltern an und sagte ihnen Bescheid. Als das Krankenzimmer voller wurde, begab ich mich zu Rezeption, um mich um die Bezahlung zu kümmern. Als all das erledigt worden ist, begab ich mich zurück zu Lamija, verabschiedete mich von ihr und ließ mich von einem Taxi nach Hause fahren. Zu Hause war niemand, da sie auf dem Weg ins Krankenhaus waren, deswegen genoss ich die Stille, machte mir einen Tee und setze mich ins Wohnzimmer. Ich zückte mein Handy und rief Nedim an.
„Hey mein Schatz, ich habe deine Stimme vermisst."
„Hallo Liebling. Wie geht es dir? Was machst du?"
„Mir geht es gut, aber was hast du? Du klingst so erschöpft. Ist etwas passiert?"
„Lamijas Baby ist da und ich war während der Geburt bei ihr. Es hat mich echt erschöpft."
„Wolltest dir wohl ansehen, was dich in sha ALLAH bald erwartet."
„Immer schön langsam, wir sind ja noch nicht einmal verheiratet. So einfach geht das nicht."
„Was nicht ist, kann ja noch werden, mein Liebling. Man weiß nie was das Schicksal bringt."
„In 4 Tagen kommst du hierhin ne? Ich vermisse Hamburg wirklich und will ans Wasser."
„Ja, dann gehen wir Lamija und Ahmet zusammen besuchen. Nur Hamburg mich nicht?"
„Können wir gerne machen. Kannst du in mein Appartement fahren und die Tüte, die in meinem Zimmer steht mitbringen, das sind Geschenke für Lamija, Ahmet und die Kleine."
„Die Kleine. Ich dachte es wird ein Junge, wie konnten die Ärzte das übersehen."
„Wir waren auch alle überrascht, aber wir haben uns trotzdem sehr gefreut."
„Schatz ich muss jetzt weiter arbeiten. Wir sehen uns Sonntag, ich melde mich heute Abend noch einmal. Ruh dich jetzt etwas aus."
„Viel Spaß beim Arbeiten. Mach ich und mach das, bis Sonntag."
„Ich liebe dich und wie gesagt ich vermisse dich sehr. Am liebsten hätte ich dich nicht gehen lassen."
„Ich dich auch."
Ich legte auf und packte mein Handy neben mich. Erschöpft von den ganzen Geschehnissen, legte ich mich auf das Sofa und schlief sofort ein.
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Ajet
RomanceAjet, die Geschichte eines Mädchens, welches im Leben schon einiges miterleben musste. Die Geschichte eines Mädchens, das vom Leben geprägt worden ist. Liebe, Familie, Freundschaft all diese Facetten des Lebens ber...