Schon wieder Stand ich in der Stadt, vor der ich versuchte wegzurennen. Wie ich es immer wieder aufs Neue schaffte allen meinen Mut zu sammeln und hierhin zu kommen, war mir ein Rätsel. Meine Mutter stand mit einem unbezahlbaren Lächeln in der Tür und wartete voller Freude auf mich. Ich verließ das Auto, nahm meine Tasche heraus und lief, mit schnellen Schritten, zu ihr. Ich viel ihr um den Hals und meine Augen füllten sich mit Tränen. Die Sehnsucht nach meiner Mutter wurde von Mal zu Mal größer. Jedes Mal versuche ich sie zu überreden mit nach Hamburg zu kommen. Doch weder Mama noch Babo möchten mit nach Hamburg. Ihre Freunde sind in Düsseldorf, ihr Leben ist in Düsseldorf. Sie sagen mir immer und immer wieder, dass sie nicht, so wie ich, einfach die Stadt verlassen können.
„Sine moj, dobro mi dosla. (Mein Kind, herzlich willkommen)", sagte meiner Mutter und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Bolje vas nasla. (Antwort auf Herzlich willkommen)", entgegnete ich und betrat das Haus. Mein Bruder und seine Frau waren nicht da, sie waren unterwegs, genauso wie mein Vater. Nur meine Mutter und Lamija wussten, dass ich heute komme. Die anderen denken, ich würde Samstag, sprich morgen, kommen. Ich genoss die Zweisamkeit mit meiner Mutter und unterhielt mich über alles mit ihr. So auch über die Auseinandersetzung mit meiner zukünftigen Schwiegermutter. „Wie kommt sie denn darauf?", fragte meiner Mutter. „Wenn ich das nur wüsste.", erwiderte ich. „Hast du ihr denn Grund zu dieser Annahme gegeben?", wollte meine Mutter wissen. „Nein. Nedim schläft ab und zu bei mir, aber nie würde ich auch nur daran denken, mit ihm zu schlafen. Ich kenne meine Grenzen und dass er bei mir übernachtet oder ich mal bei ihm, das wisst ihr alle. Besser, dass ihr es wisst, als dass ich es verheimliche und dann noch schlimmer Geschichten entstehen.", meine Mutter zuckte mit ihren Schultern. „Nur weil wir etwas lockerer sind, muss es nicht heißen, dass sie es ist mein Kind. Du darfst ihr das nicht übel nehmen. Du musst ja nicht ihre beste Freundin sein, aber du musst sie respektieren.", ich nickte. „Das ist mir bewusst Mama.", bestätigte ich ihre Aussage. „Wann soll die Hochzeit denn stattfinden?", fragte mich meine Mutter. „Am besten so spät wie möglich.", gestand ich ihr. „Wieso?", sie sah mich erstaunt an. „Ich bin nicht bereit für eine Heirat. Eine Verlobung ist schön und gut und ich bin froh, dass wir verlobt sind, aber mit ihm für immer mein Bett zu teilen, mit ihm zusammen zu wohnen und seine Frau zu werden, dazu bin ich nicht bereit. Diese Gedanken engen mich ein. Ich brauche meinen Freiraum, den habe ich nicht, wenn ich mit jemandem zusammenlebe, der mich von morgens bis abends fragt wie es mir geht, mir am liebsten alles abnehmen würde und über mir stehen möchte.", erklärte ich ihr. „Andere Frauen würden morden für so einen Mann.", bemerkte meine Mutter. „Ich kann sowas nicht haben. Ich bin mein eigener Chef, ich passe am besten auf mich auf, ich kenne mich und ich verarbeite alles gerne alleine und fern von anderen. Einen Mann, der mir beisteht und mir meine Schwächen bewusst macht, mir seine Schulter anbietet und mir helfen möchte, macht mich nur noch schwächer und damit kann ich nicht umgehen.", meine Mutter nahm meine Hand in ihre und wischte mir meine Tränen weg. „Du konntest ihn noch immer nicht vergessen.", sagte sie mehr zu sich, als zu mir. Ich sah ihr direkt in die Augen, hielt für einen Moment meinen Atem an und senkte dann meinen Blick. „Ich werde ihn nie vergessen können. Die Narbe in meinem Herzen und meiner Seele ist zu groß, als dass ich sie vergessen könnte.", sagte ich. Meine Mutter sah mich schweigend an. „Ich habe jetzt Nedim. Er ist für mich da, auch wenn es mich einengt. Wann immer ich ihn brauche, er ist da. Er würde alles für mich machen, wenn ich es ihm erlauben würde. Ich brauche nur einmal ja sagen.", ich senkte erneut meinen Blick. „Aber du kannst ihn nicht so lieben, wie er es verdient.", mein Herz zog sich zusammen. „Nein das kann ich leider nicht und genau diese Tatsache frisst mich von innen auf.", wir hörten die Tür aufgehen und sofort wischte ich mir meine Tränen weg. Mein Vater betrat das Wohnzimmer und als er mich sah, weiteten sich seine Augen. „Mein Kind.", sagte er, während ich schon auf dem Weg zu ihm war und ihn in den Arm nahm. „Ich dachte du kommst morgen.", ich lächelte ihn an. „Ich wollte euch überraschen und einige Stunden mehr mit euch verbringen." „Das war eine sehr gute Idee."
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Ajet
RomanceAjet, die Geschichte eines Mädchens, welches im Leben schon einiges miterleben musste. Die Geschichte eines Mädchens, das vom Leben geprägt worden ist. Liebe, Familie, Freundschaft all diese Facetten des Lebens ber...