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„Du kannst jetzt nicht das Zimmer umstellen Ajet.", schimpfte Lamija mit mir. „Doch ich kann und ich muss, sonst kann ich nicht ruhig schlafen.", es ist gerade 2 Uhr morgens und ich bin voller Kraft und Elan, ich wollte alles in meinem Ankleidezimmer umstellen und tat es im Endeffekt auch mit Lamijas Hilfe. „Ich geh mal duschen.", sagte ich ihr, nachdem wir fertig waren und schnappte mir einige Klamotten und lief mit ihnen in mein Badezimmer.

Meine Senkwehen meldeten sich, doch ich versuchte sie zu ignorieren. Schnell duschte ich und zog mich danach an. Nachdem ich auch meine Haare getrocknet hatte, lief ich leise ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch. Meine Füße waren voll mit Wasser, mein Bauch war viel zu groß und mein Rücken tat mir weh. Vorsichtig strich ich über meinen Bauch und provozierte die Kinder. Immer mal wieder drückte ich leicht gegen meinen Bauch und gleich darauf fühlte ich, wie sie gegen dieselbe Stelle drückten. „Ich liebe euch so sehr, ohne euch auch nur einmal gesehen zu haben." Da ich gar nicht müde war, beschloss ich die Schühchen weiter zu Stricken, die ich für die Kinder anfertigen wollte. Immer mal wieder durchfuhr ein Schmerz meinen Bauch. Irgendwann war er einfach unerträglich. Ich stand auf und versuchte zu laufen. „Lamija.", schrie ich ihren Namen und krümmte mich vor Schmerzen. Ein verschlafener Jasin und Lamija kamen auf mich zugelaufen. „Ich glaube es ist so weit.", sagte ich und hielt mich an Jasin fest, der mich stützte. „Ist die Fruchtblase geplatzt?", fragte mich Jasin völlig verpeilt „Nein, bitte bringt mich ins Krankenhaus, etwas stimmt nicht. Ich spüre es.", ich fing an zu weinen und fiel auf meine Knie. Die Schmerzen wurden von Wehe zu Wehe immer unerträglicher. Lamija weckte Ahmet und nahm meine Tasche. Jasin lief vorsichtig mit mir zum Aufzug und Lamija und Ahmet kamen uns nach.

Auf dem Weg zum Krankenhaus, wurden die Schmerzen noch schlimmer. „Lamija es tut so weh.", ich nahm ihre Hand und stütze mit der anderen meinen Bauch, als ob es etwas nützen würde. „Beruhige dich und atme regelmäßig ein und aus.", ich weinte und versuchte Lamijas Worten nachzugehen.

Nach einigen Minuten waren wir da und ich wurde sofort dran genommen, da Lamija unterwegs angerufen hat, um ihnen Bescheid zu geben. Ich wurde von Jasin und Lamija umgezogen, während Ahmet draußen wartete. Sie machten einen Ultraschall und schlossen einen EKG um meinen Bauch. Die Hebamme und die Ärztin sahen sich an und dann sahen sie zu mir. „Was haben Sie?", fragte ich und sah verwirrt zu Jasin. „Frau Bektesevic wir müssen einen Kaiserschnitt machen. Das EKG kann die Herztöne der Kinder kaum erfassen, sodass wir die Kinder per Kaiserschnitt rausholen müssen."

Ich wurde panisch, mein eigener Herzschlaf beschleunigte sich und schon wurde ich auch für den Kaiserschnitt vorbereitet. Ich lag im OP mit Jasin an meiner Seite. Er saß neben meinem Kopf und küsste meine Stirn. „Sie werden gleich spüren wie sich ihr Brustkorb anhebt, aber haben sie keine Angst, das ist normal.", ich sah zu Jasin und eine Träne floss aus meinem rechten Auge. „Jasin ich habe Angst.", gestand ich ihm. Auch er war blass und machte sicht Sorgen, doch er versuchte für mich stark zu bleiben, damit ich nicht noch panischer werde. Wenige Minuten später, spürte ich das, was die Ärzte mir sagten. Ein Kräftiges und lautes Schreien war zu Hören. „Den ersten Jungen haben wir auf schon Frau Bektesevic, jetzt folgt der zweite.", erleichtert atmete ich aus. „Jasin der Erste soll Ismail heißen. Der, der gleich kommt Enis.", ich wartete darauf, noch ein weinendes Baby zu hören, doch es tat sich nichts. „Jasin wieso höre ich nichts.", erneut wurde ich panisch und sah Jasin an, der leer zum Arzt sah und noch blasser wurde, falls das überhaupt möglich war. „Alles wird gut Schatz.", sprach Jasin zu mir. Die Ärzte rüttelten am Kind und sorgten sich um es. Sie sahen nur stillschwgend zu uns, als nach drei Minuten immer noch kein Weinen zu hören war. „Jasin kümmere dich darum. Sie sollen unser zweites Kind auch retten bitte.", mein Schluchzen und weinen erfüllte den Kompletten Saal, mir wurde warm und kalt. Es schien so als würde sich alles um mich herum drehen, meine Augen wurden immer schwerer. „Enis mein Kind bitte verlass mich nicht.", schrie ich mit meiner letzten Kraft, ehe ich meine Augen schloss und eine Wärme um mein Herz spürte.

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