18

285 24 9
                                    


7 Jahre zuvor

Weinend saß ich in der Umkleide. Die eine Hose zwickte, die andere, bekam ich nicht über meine dicken Oberschenkel. Das Kleid, welches ich mir ausgesucht hatte, passte zwar, jedoch war es so kurz, dass ich mich, aufgrund meiner Statur, schämte es anzuziehen. Mit meinen Händen im Gesicht, weinte ich einfach rein, in der Hoffnung, dass meine Mutter mich nicht hören würde. „Mein Kind wie wäre es mit diesem Jumpsuit für die Hochzeit.", sagte sie und riss den Vorhang auf. Sie verstummte, als sie mich auf dem Boden hockend und weinend erblickte und hockte sich ebenfalls zu mir. „Sine, zasto places? (Mein Kind wieso weinst du)", ich wischte mir die Tränen weg und richtete mich zusammen mit ihr auf. „Nista mi ne moze. Alles ist zu eng oder passt nicht. Wenn ich schon nicht mehr in eine 42 reinpasse, dann brauche ich eine 44. Ich schäme mich Mutter. Ich schäme mich, dass die anderen sehen, welche Größe ich brauche. Sie wollen nicht mit mir befreundet sein und die, die mit mir befreundet sind, reden hinter meinem Rücken über mich und meinen Körperbau. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. (Nichts passt mir)", meine Mutter umarmte mich. Oft lagen mein Vater und sie mir in den Ohren. Ich solle abnehmen, etwas für mich tun, zu mir finden. Doch für wen soll ich das machen? Die Jungs beachten mich nicht einmal, denen ist es egal, wie mein Charakter aussieht, sie sehen nur meinen Körper und sind abgeneigt und die ganzen abgemagerten Mädchen, können mich und meine Gefühle verstehen und denken deswegen ich sei krank. „Komm probiere diesen Jumpsuit an.", sagte mir meine Mutter und ging aus der Kabine, weil sie genau wusste, dass ich es nicht mag, wenn mich jemand in Unterwäsche sieht. Ich atmete tief ein und aus und zog den schwarzen Jumpsuit an. Er passte, doch ich war nicht zufrieden mit dem, was ich im Spiegel sah. „Hast du ihn an?", wollte meine Mutter wissen. „Ja", erwiderte ich und schon ging der Vorhang der Kabine auf. „WoW, der Jumpsuit steht dir sehr gut und kaschiert dich. Wir gehen dir jetzt noch Schuhe und Schmuck kaufen, dann machen wir einen Termin beim Frisör und gehen am Samstag fröhlich zur Hochzeit.", ich nickte, sie machte den Vorhang wieder zu und ich zog mich um. Anschließend übergab ich meiner Mutter den Jupmsuit und sie lief damit zur Kasse, während ich draußen vor dem Laden auf sie wartete. „So hier bin ich.", ich hakte mich bei meiner Mutter ein und lehnte meinen Kopf an ihre Schulter. Gemeinsam suchten wir noch nach Schuhen und Schmuck für mich und fuhren dann nach Hause. „Ich mache heute Pita.", sagte meine Mutter zu mir. „Ich geh mich umziehen und dann gehe ich etwas raus. Ich weiß nicht, ob ich zu Hause esse, aber lass mir etwas übrig.", ich lief so schnell wie möglich in mein Zimmer, machte meine Haare, die ich heute Morgen geglättet habe, in einen unordentlichen Dutt, schminkte mich ab, da meine Mascara verlaufen war und zog mir eine schwarze Leggins und ein schwarzes Long-Shirt an. Anschließend lief ich die Treppen runter, zog mir meine schwarzen flachen Chucks an, nahm mein Handy und meine Kopfhörer zu mir und lief raus. Ich steckte die Kopfhörer in meine Ohren, machte mir Bollywoodlieder an und lief zum Parkt. Im Park angekommen, setzte ich mich auf eine Bank und sah den Jungs von der Ferne beim Fußballspielen zu. Wie jeden Tag stand ich auf und lief an ihrem Feld vorbei. „Ey Walross.", hörte ich jemanden schreien, doch reagierte nicht. „Du Fette da, reagier doch ich weiß, dass du mich hörst.", die Tränen in meinen Augen stauten sich, doch ich wollte immer noch nicht reagieren. „Bist du nur Fett oder auch taub.", hörte ich die Stimme ganz nah hinter mir, doch auch hierbei zeigte ich keine Reaktion. „Fettes Stück.", hörte ich nur noch ehe ich auf den Boden fiel, weil ich von hinten geschubst worden bin. Ich schaute rauf und blickte in die Augen von Devin, einem Mitschüler von mir. Ohne dass ich es kontrollieren konnte, machten sich meine Tränen selbstständig und flossen meine Wangen entlang. Ich stand auf und klopfte mir den Dreck ab. „Ich an deiner Stellte würde mich schämen, wenn ich so Fett wäre wie du. Wieso gehst du überhaupt noch unter die Leute. Guck dich doch mal an.", ich blickte ihm in die Augen und fing noch mehr an zu weinen. Seine Fußballfreunde standen hinter ihm und sahen ihn komisch an. Ich fing an zu hyperventilieren und drehte mich um. „So ist es brav. Fette Menschen müssen eben auf uns hübschen und dünnen hören." „Es reicht jetzt Devin, lass das arme Mädchen in Ruhe.", hörte ich endlich einen der Jungs sagen, doch ich drehte mich nicht um. Ich lief immer schneller und schneller, ehe sich mein laufen in ein rennen umwandelte. Ich rannte vor Devin weg. Ich rannte vor der Wahrheit weg. Ich rannte vor mir selber weg. An einer Bank angekommen setzte ich mich hin und weinte einfach so vor mich hin. Immer und immer wieder hallten seine Worte in meinen Ohren. Ich wollte sie nicht hören, ich wollte nichts mehr hören. Ich drückte mir die Ohren zu und weinte noch stärker. „Hier.", sagte jemand. Ich sah rauf und blickte in graue Augen. Ein Junge stand vor mir, dessen Stimme mir bekannt vorkam. Er hielt mir ein Taschentuch entgegen, welches ich mit zittrigen Händen entgegen nahm. „Danke.", bedankte ich mich, wischte mir meine Tränen weg und putze meine Nase. Der Junge machte keinen Anschein, dass er gehen will. Stattdessen setzte er sich neben mich. Ich sah ihn verwirrt an. „Du solltest deine blauen Augen nicht weinen lassen. Lass Devin reden, er kann einfach nicht anders. Er ist einfach dumm.", ich blickte auf meine Hände. „Wieso bist du hier?", fragte ich ihn. „Ich wollte wissen wie es dir geht.", ich stand auf und wollte gehen. „Sag Devin, dass ich keinen Nerv für seine Witze habe und er dich nicht wieder zu mir schicken soll.", der Junge wurde wütend. „Denkst du wirklich, dass ich Devins Hund bin. Ich bin dir hinterher, weil du mir leid getan hast. Aber wenn du das nicht zu schätzen weiß, dann geh ich wieder.", er machte kehrt und lief einfach weg. Ich weiß, ich hätte ihn vielleicht aufhalten sollen, doch ich hatte einfach keine Kraft. Ich machte mich so langsam auf den Weg nach Hause und dachte nur an Devins Worte. Noch nicht einmal an den Jungen, der mir hinterher gelaufen ist, konnte ich denken.

AjetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt