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Die Beerdigung war zu Ende und alle Leute die bei der Beerdigung waren, kamen zu uns nach Hause. Ich war müde und Kaputt. Aber wenn ich schon da war, konnte ich Jasins Mutter die ganze Arbeit nicht alleine machen lassen. Zwar kamen die ganzen Nachbarn und die Familie um zu helfen, aber nichts desto trotz blieb im Nachhinein die ganze Arbeit an uns hängen.


Jasin hat noch mit niemandem gesprochen. Ich mache mir Sorgen um ihn, ich kenne ihn und weiß, dass er noch nie so verschlossen war. Ich versuche mit ihm zu reden, doch er antwortet nicht. Ich versuche ihm zum Essen zu bringen, doch er isst nicht. Er ist still und merkt nicht, dass ihn das noch mehr kaputt macht.

Als wir nach der Beerdigung zu Hause angekommen sind, hat er sich sofort auf sein Zimmer begeben und sich auf das Bett gesetzt. Jasins Vater würde es ihm 100% nach machen, aber er konnte die Gäste nicht alleine lassen und Opa. Für Opa war es am schwierigsten. Er hatte seinen Lebenspartner verloren. So viele Jahre lang waren sie verheiratet und das glücklich. Sie gingen gemeinsam durch hoch und tief und es war nicht so, dass sie sich von Anfang an geliebt haben, sie haben sich während der Ehe lieben gelernt und sich bis zum letzten Atemzug geliebt. Opa wusste, dass Oma bald sterben würde, aber der Tod von ihr hat uns alle so plötzlich getroffen, dass nicht einmal er damit gerechnet hätte.

Es ist verständlich, dass die drei Männer gerne alleine wären. Doch sie können es nicht verantworten. Viel Arbeit würde auf uns alle zu kommen, aber Augen zu und durch für die Familie. „Wenn du möchtest kannst du dich gerne ins Wohnzimmer setzen ich mache den Rest schon.", schlug ich Jasins Mutter vor. Sie sah mich mit einem undefinierbaren Blick an, bis sie anfing zu lächeln. „Nein, nein ich kann dich nicht alleine lassen. Es ist nicht gut für dich, du bist schwanger.", ich lächelte sie auch schwach an. „Außerdem möchte ich mit dir reden. Ich weiß die Hochzeit war für dich ein Schock und dann auch noch mit Jasin, das hat dir den Rest geben müssen. Doch du bist schwanger und ich denke, dass das etwas Gutes ist. Ich war nicht immer sehr nett zu dir, aber ich möchte das ändern. Du bist, ob du es einsiehst oder nicht, die Schwiegertochter unseres Hauses, du wirst uns Enkelkinder schenken und da müssen wir auch in ruhigen Verhältnissen miteinander auskommen.", sie drückte mich an sich. „Ist alles gut. Ich habe so einiges übersehen, da kann ich auch darüber stehen.", sie löste sich von mir. „Ich weiß, dass du meinen Sohn noch immer liebst, bitte lass nicht zu, dass er sich kaputt mach. Nach eurer Beziehung habe ich ihn das letzte Mal so verschlossen und still gesehen und das hat ihm nicht gut getan. Nachts konnte er nicht schlafen, tagsüber hat er mit niemandem gesprochen. Bitte lasse nicht zu, dass er wieder so wird, denn so kann ihn niemand ertragen, nicht einmal die Person, die er am meisten liebt.", ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. Diesen Anblick konnte ich nicht ertragen. Eine Mutter so verletzt und kaputt zu sehen, brach mir das Herz. „Ich werde mein Bestes tun.", versuchte ich sie aufzubauen und drückte sie noch einmal an mich.


Ich spülte zusammen mit ihr das restliche Geschirr und lief dann zu Jasin ins Zimmer, er saß noch immer auf dem Bett und starrte die Wand an. Ich setzte mich neben ihn und wollte eigentlich etwas sagen, doch anstatt etwas zu sagen lehnte ich meinen Kopf an seine Schulter. Ich nahm seine Hand und platzierte sie auf meinem Bauch. Meine Hand legte ich auf seine und drückte sie. Sein Blick wanderte von der Wand zu mir.

„Erinnerst du dich daran, wie wir das erste Mal über Kinder gesprochen haben?", fragte ich ihn und ein kleines Lächeln huschte ihm über die Lippen. „Wie konnten uns nicht auf einen Namen einigen, dabei gab es keine Kinder.", fuhr ich fort. „Du wolltest den Namen Kenan und ich wollte den Namen Hamza. Wir konnten uns nicht einigen. Wir haben uns sogar deswegen gestritten und doch haben wir zueinander gefunden.", ich sah rauf in seine Augen. „Und jetzt Jasin, jetzt haben wir die Chance diese Namen zu vergeben und unsere Kinder groß zu ziehen. Aber das geht nur, wenn du dich nicht kaputt machst.", ich richtete mich auf und setzte mich auf seinen Schoß. „Wenn mein Bauch in einigen Monaten groß ist, klappt das nicht mehr.", ich sah ihm in die Augen, die nur Trauer ausstrahlten. „Du musst jetzt nicht nett zu mir sein, nur weil es mir nicht gut geht.", ich lehnte meinen Kopf an seine Brust. „Nimm mich doch einfach in den Arm und sei leise.", forderte ich ihn auf und spürte einige Sekunden später, wie er mich an sich drückte. „Ich vermisse sie jetzt schon. Sie fehlt mir so sehr. Ich weiß nicht wie ich mich je daran gewöhnen soll, dass sie mir keinen Rat mehr erteilen kann und dass sie mir Mut zuspricht, wenn ich wegen dir am Verzweifeln bin.", ich strich ihm durch die Haare und sah ihm in die Augen. „Sie bleibt immer in deinem Herzen, wenn du mal eine Frage oder ein Problem hast, dann schließe deine Augen und denk an sie, sie wird dich schon richtig leiten." „Meinst du das wirklich?", fragte er mich. „Natürlich. Sie hat uns beide schon in die richtige Richtung geleitet, sie wird dir auch immer noch beistehen, auch wenn du sie nicht sehen kannst. Sie wird immer in deinem Herzen sein.", er lächelte leicht. „Direkt neben mir.", versuchte ich ihn zum Lächeln zu bringen und tatsächlich es hat geklappt. „Direkt neben dir, das stimmt. Ich liebe dich so sehr Ajet.", er gab mir einen Kuss auf die Stirn und umarmte mich wieder. „Komm wir gehen etwas zu deiner Mutter.", sagte ich ihm und stand vom Bett auf. Ich hakte mich bei ihm ein und wir liefen ins Wohnzimmer. Seine Mutter saß da alleine und sehr in sich gekehrt, doch als sie sah, dass ich zusammen mit Jasin ins Wohnzimmer kam, fing sie an zu grinsen und danke mit mir ihren Augen. Jasin setzte sich neben seine Mutter, legte einen Arm um sie und zog sie zu sich. „Sag mir bitte das alles wieder gut wird.", flüsterte er. „Es wird alles wieder gut mein Sohn. Mach dir keinen Kopf. Alleine schon, dass du die Frau, die du liebst geheiratet hast und sie schwanger von dir ist, muss Zeichen genug sein, dass alles wieder gut wird.", Jasin gab ihr einen Kuss auf die Stirn und saß dort eine Weile lang stillschweigend mit seiner Mutter.

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