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„Jasin du wolltest doch mit zum Arzt oder?", fragte ich ihn. „Ja.", rief er aus seinem Zimmer. „Um 14 Uhr haben wir einen Termin.", entgegnete ich und lief in die Küche. Dort bereitete ich das Frühstück vor und setzte mich schon hin. „Du machst für dich essen, ich für mich.", war sein Angebot und doch konnte ich nicht nur für mich Essen machen. „Machst du dann schon vorher Feierabend oder gehst du zurück in die Firma?", fragte er mich, als er die Küche betrat und sich an seinen Platz setzte. „Ich mache Feierabend. Es ist sowieso Freitag.", er nickte. „Danke.", sagte er. „Wofür?", fragte ich ihn ohne rauf zu sehen. „Für das Essen.", ich nickte nur und fokussierte mich auf mein Essen.

Schon vier Wochen leben wir zusammen. Er führt sein Leben ich meins. Wir frühstücken gemeinsam und fahren gemeinsam zur Arbeit, das war es auch. Mehr ließ ich nicht zu. Wenn er nach der Arbeit TV schaut, dann sitze ich vor meinem Panoramafenster und schaue mir Serien über Netflix auf meinem Handy an. Zu Mittag essen wir in der Firma und abends macht sich jeder selber etwas zu essen.

Reden tun wir auch nur über das nötigste und wenn er mal anfängt über etwas zu reden, was unsere Vergangenheit oder unsere Beziehung betrifft, dann ziehe ich mich zurück in mein Zimmer.

Doch trotzdem kann ich nicht still halten. Denn nachts, wenn er schläft, schleiche ich mich in sein Zimmer und schaue ihm, durch die offene Tür, beim Schlafen zu. Er lässt seine Tür immer einen Spalt offen, noch immer hat er die Furcht vor der Dunkelheit im Zimmer nicht besiegen können. Deswegen ist im Flur das Licht an und seine Tür einen Spalt auf. Er schläft so friedlich und sieht dabei wie ein kleines Kind aus.

Mein Herz erweicht sich und ich werde schwach. Doch sobald ich wieder in meinem Bett liege und Zeit zum Nachdenken habe, erinnere mich an seine Taten aus der Vergangenheit und das hindert mich daran ihm zu verzeihen.

„Woran denkst du?", holte mich Jasin aus meinen Gedanken zurück. „Ach nichts, ist schon gut.", er schwieg und ich tat es ihm gleich. „Ich räume ab, geh du dich anziehen.", sagte Jasin. „Danke.", auf den Boden blickend, stand ich auf, legte meinen Teller in die Spüle und lief in mein Ankleidezimmer, um mich anzuziehen. Ich zog mir einen weinroten Bleistiftrock und dazu eine passende weiße Bluse an. Ich kombinierte meine weißen, spitzen Absatzschuhe dazu und legte goldenen Schmuck an, dazu auch den Ring, den ich von Jasin, zusammen mit dem Brief, zugeschickt bekommen habe.

„Ich bin fertig.", rief ich. „Ich auch.", zusammen liefen wir wieder zu Jasins Auto und setzten uns rein. Wieder verlief die Fahrt zur Firma sehr still und wie die letzten male auch, trennten sich unsere Wege am Eingang der Firma.

Ich fuhr rauf zu meinem Büro und lief so schnell wie möglich rein. Ich machte meinen Laptop an, erledigte all meine Arbeit bis 12 Uhr und legte mich dann auf mein kleines Sofa. Ich wünsche mir so sehr schwanger zu sein, so sehr. Ich bete jeden Tag zu Gott, dass er mir diese Schwangerschaft ermöglicht und dass er mich das Kind heile austragen lässt.

Er klopfte an meiner Tür, ruckartig stand ich auf und bat die Person rein. „Wollen wir schon mal los?", fragte mich Jasin. „Wie viel Uhr haben wir denn?", fragte ich ihn. „Eins.", ich nickte, schnappte mir meine Tasche, zog meine Schuhe an und lief aus meinem Büro. Ich verabschiedete mich von meiner Sekretärin und lief zusammen mit Jasin zu seinem Auto. „Da der Termin erst um zwei ist, dachte ich mir, dass wir zusammen essen gehen könnten.", schlug Jasin vor. „Wenn wir nach Burgerking essen gehen, sehr gerne.", er sah mich kurz lächelnd an, blickte dann aber wieder nach vorne. „In diesem Aufzug?", fragte er mich. Ich sah erst ihn an und dann an mir runter. „Wieso nicht?", hinterfragte ich. „Nur so, komm lass und nach Burgerking.", er fuhr uns dahin und wir liefen gemeinsam rein. Ich bestellte mir ein LongChicken Menü und ein Eis mit Karamell. Jasin sah mich an und richtete sich dann an die Kassiererin. „Ich bekomme dasselbe wie meine Frau.", sagte er und riss seine Augen auf, als er bemerkte, was er gesagt hat. „So, so wie deine Frau. Ich dachte wir wollten das Thema ein für alle Mal vergessen?" „Es tut mir leid, es kam einfach so ohne zu überlegen über meine Lippen.", ich freute mich innerlich über diese Tatsache und doch wollte ich ihm diese Genugtuung nicht gönnen. „Ich geh uns mal einen Platz suchen.", erwiderte ich und setzte mich schon mal. Keine fünf Minuten später, kam er mit dem Essen und gab mir meinen Anteil und ihm seinen. „Wie viel Geld bekommst du?", fragte ich ihn. „Ich habe dich eingeladen, das Essen geht auf mich.", verdutzt sah ich ihn an. „Kannst du mir bitte sagen wie viel Geld du bekommst. Schließlich sind wir nicht zusammen. Jeder bezahlt seine eigenes Essen du deins, ich meins.", er schnaubte. „Ich will dein Geld nicht, weil ich ausgebe, wenn es dir nicht passt, dann kann ich auch dein Essen mit essen, aber dein Geld nehme ich nicht an.", entgegnete er ernst. „Wenn es so ist.", flüsterte ich und biss in meinen Burger.

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