16

253 25 3
                                    

„Und was ist mit Nedim wo ist er?", vor dieser Frage versuchte ich schon seit drei Monaten zu flüchten. Ich mied alle Gespräche mit meiner Familie. Ich wollte es sie nicht wissen lassen. Sie sollten gar nichts wissen, weder über meine Krankheit, noch über die aufgelöste Verlobung. Doch mir war klar, dass ich jetzt weder das eine noch das andere zu diesem Zeitpunkt verheimlichen konnte. „Ahmet, Nedim hat mich verlassen. Wir haben die Verlobung aufgelöst und die Beziehung beendet.", in meinen Augen stauten sich die Tränen aus dem einfachen Grund, weil ich den Beziehungsabbruch nicht verarbeitet, sondern runter gespielt und verdrängt habe. Jedes Mal wenn ich an ihn denke, dann kommt mir alles hoch. Doch ich bin leider besser im Verdrängen als im Verarbeiten. „Bitte was? Er hat dich verlassen.", Ahmet presste seine Zähne aneinander und hatte seine rechte Hand zur Faust geballt. „Ja, als ich im Krankenhaus war, ist ihm wohl bewusst geworden, dass unsere Beziehung zwar aus liebe entstanden ist, doch das wir beiden nicht zueinander passen, beziehungsweise nicht zueinander gehören.", erklärte ich ihm. „Ach und das fällt dem Herrn ausgerechnet dann auf, wenn du ihn am meisten brauchst.", Ahmet stand entschlossen auf. „Der Herr, wird jetzt meine Liebe zu spüren bekommen.", er machte sich auf den Weg zur Tür, doch ich hielt ihn auf. „Ahmet lass es bitte.", ich hielt ihn so gut es ging am Handgelenk fest, doch meine Kraft reichte gerade mal dafür aus, dass ich ohne zu Schwanken auf beiden Beinen stand. Tränen bahnten sich den Weg auf meine Wange. Ahmet sah mich und erweichte. „Er muss leiden.", sagte Ahmet nun etwas ruhiger. „Er wird leiden, aber nicht durch dich. Du hast den einen damals nicht leiden lassen und bist immer noch mit ihm befreundet. Den jetzt wirst du auch nicht leiden lassen. Gott wird alles erledigen und du bleibst bei mir und unterstützt mich. Wie lange habt ihr vor zu bleiben?", wir liefen zurück ins Wohnzimmer, wo ich mir leider Gottes wieder die Atemmaske aufsetzte, weil ich merkte, dass mir schwindelig wurde und mir Sauerstoff fehlte. „Wir wollten eigentlich eine Woche bleiben.", beantwortete mir statt Ahmet nun Lamija meine Frage. „Sehr gut, dann haben wir Zeit und Hamburg anzusehen.", ich zwang mir ein Lächeln auf die Lippen doch Lamija merkte, dass es kein wahres Lächeln war. „Wir werden uns bei deinem Zustand Hamburg ganz bestimmt nicht ansehen. Wir bleiben hier und greifen dir etwas unter die Arme.", meckerte mich Ahmet an. „Aber.", wollte ich protestieren, doch Ahmet hielt mich davon ab.

...

„Lamija bitte setzt dich hin ich mache das schon, sobald ich wieder Kraft dazu habe.", hielt ich meine beste Freundin und gleichzeitig Schwägerin davon ab, meinen Haushalt zu machen und zu Kochen. Sie wollte heute alles sauber machen und ich konnte ihr nicht helfen, da ich frisch von der Chemo kam. „Ich bin wie deine Schwester, also lass mich machen.", ich musste über sie Lächeln. „Ja, du bist meine Schwester. Also setzt dich hin, ich brauche deine Meinung.", ihr Lächeln verschwand und sie wurde ernst. „Fang an.", forderte sie mich auf, als sie sich ihre Tochter zu sich nahm und zu mir setzte. „Mein Arzt meinte, ich soll mich ins Krankenhaus begeben und dort hinzuziehen, um mich behandeln zu lassen. Ich habe ihm von meinen Zuständen nach der Chemo erzählt und er meinte es wäre besser, wenn ich mich ins Krankenhaus begebe, um dort unter Beobachtung zu bleiben. Er war total ernst und wollte das Gespräch nicht weiter ausbauen, weil er mich mit dem Umzug ins Krankenhaus alleine lassen wollte. Was sagst du denn dazu? Soll ich ins Krankenhaus?", sie sah mich noch ernster an, falls das möglich war und ihre Augen wurden erneut glasig. „Was soll das heißen, dass du ins Krankenhaus ziehen sollst?", ich ahnte schon worauf sie hinauswill und genau dasselbe hatte ich auch gedacht, doch wagte mich nicht es auszusprechen. „Nichts Schlimmes. Er möchte mich nur in seiner Nähe haben, um bessere Kontrolle über meine Zustände nach der Chemo zu haben. Er möchte mich einfach effektiver von der Krankheit befreien, sodass er weiß wo er gezielt ansetzen kann, um mich noch besser zu behandeln.", ich erfand etwas und erzählte es ihr, um sie zu beruhigen. Sie schien es mir abzukaufen und atmete erleichtert aus. Gott sei Dank ich bin gerade vom Schlimmsten ausgegangen. „Brauchst du wirklich nicht. Oder hat deine beste Freundin jemals etwas untergekriegt? Ich bin zwei Mal verlassen worden, bin durchgedreht, wollte Suizid begehen und bin immer noch zwischendurch in Behandlung. Denkst du wirklich, dass mich diese Krankheit aus der Ruhe bringen und fertig machen kann?", ich lächelte sie schwach an und sie erwiderte mein Lächeln. „Wenn es so ist, dann solltest du ins Krankenhaus. Damit du so schnell wie möglich das Lächeln in deinen Augen zurück bekommst.", sie umarmte mich und schon wurde ich sensibel und musste weinen.

AjetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt