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„Dann schieß los Ajet. Ich will wissen was du zu sagen hast und dann kannst du auch wieder gehen, weil ich ja sowieso wie alle anderen bin.", Jasins Worte verletzten mich, doch ich versuchte standhaft zu bleiben und ihm zu zeigen, dass ich dieses Gespräch wirklich führen möchte. Ich ließ seine Hand los und setzte mich anders hin. Ich blickte nervös an meine Hände und dann drehte ich meinen Kopf wieder zu Jasin. „Hör zu Jasin. Ich mag dich wirklich. Ich habe vor dir nie die Möglichkeit gehabt einen Jungen so gern zu gewinnen wie dich. Du hast mich ein Stück weit aus meinem Loch geholt. Ich weiß nicht, wie ich dir mein Inneres Beschreiben soll. Meine Tränen an diesem einen Tag waren vielleicht auch genug, um dir zu zeigen, wie es in meinem Inneren aussieht. Noch nie hat ein Junge mich kennenlernen wollen, noch nie wollte ein Junge mit mir ausgehen, geschweige denn sich mit mir sehen lassen. Dann bist du aufgetaucht, wolltest mir deine Hand reichen, doch ich habe dich weggedrückt. Aber nicht weil ich dich nicht mag oder schätze, sondern weil ich es nicht gewohnt bin. Ich kann damit nicht umgehen, ich konnte damit nicht umgehen. Ich habe nie Grund dazu gehabt mich an jemanden zu binden. Nie die Möglichkeit gehabt jemanden kennenzulernen. Ich weiß nicht, wie ich es dir erklären soll. In meinem Kopf schwirren so viele Worte herum, dass ich es nicht einmal schaffe sie zu sortieren und über meine Lippen zu bringen. Ich möchte nur, dass du weiß, dass ich dich immer noch gern habe und dass ich das Treffen abgesagt habe, weil ich Angst hatte. Es tut mir leid, ich will dich noch weiter kennenlernen und ich möchte dich in meiner Nähe haben. Jedoch weiß ich nicht, ob du mich weiterhin in deinem Leben haben möchtest und ob du mit mir und meiner Art auskommen wirst.", ich verstummte und blickte weg von Jasin, der mich während meiner Worte nicht einmal angesehen hat. Ich stand vom Bett auf. „Danke, dass du mir gezeigt hast, was es heißt von jemandem akzeptiert zu werden und es tut mir leid, dass du das Gefühl hattest, dass du so bist wie alle anderen. Ich denke mal dein Schweigen sagt alles. Vielleicht begegnen wir uns ja irgendwann noch einmal.", stillschweigend verließ ich sein Zimmer und tapste so leise wie möglich die Treppen runter, um nicht auf mich aufmerksam zu machen. „Du gehst schon?", fragte mich seine Schwester. Ich drehte mich zu ihr und nickte. „Schade, komm ruhig öfter vorbei, dann können wir uns kennenlernen.", erneut nickte ich und schenkte ihr ein leichtes, aber dennoch vorhandenes Lächeln. Schnell zog ich meine Schuhe an und verließ das Haus.

Ich versuchte so wenig wie möglich an Jasin und an meine Worte zu denken und lenkte mich mit Musik ab. Relativ schnell kam ich zu Hause an, sprintete auf mein Zimmer, schloss ab, zog mich um und legte mich auf mein Bett. Erneut deckte ich mich komplett zu, schloss die Augen und wiegte mich mit meinen unerträglichen Gedanken in einen noch unerträglicheren und unruhigen Schlaf.

...

„Hey, na geht es dir besser?", fragte ich das Mädchen welches ich vor einigen Wochen kennengelernt habe. „Ja, danke der Nachfragte.", sie lächelte mich an und nippte an ihrem Kaffee. Einige Tage nach dem Vorfall hatte sie sich bei mir gemeldet und wollte mit mir ausgehen. Nun sitzen wir erneut gemeinsam in unserem Stammkaffee und unterhielten uns über Gott und die Welt. Es stellte sich heraus, dass sie die feste Freundin meines Cousins ist und dass die beiden schon eine Ewigkeit zusammen sind, ohne dass ich es wirklich wusste. Lamija und Ich verstanden uns von Treffen zu Treffen immer besser. Sie hörte mir zu, verstand mich und war einfach da für mich. Ich konnte ihr von Anfang an vertrauen und mich ihr öffnen. „Ehm Ajet, können wir reden?", ich drehte mich um und blickte in Jasins Gesicht. Ruckartig stand ich auf und starrte ihm in die Augen. „Ich lass euch dann mal alleine Amal, ruf mich heute Abend an.", sie zwinkerte mir zu und verschwand dann. „Setz dich doch.", sagte ich zu Jasin und setzte mich zurück auf meinen Stuhl. Er nahm neben mir Platz und nahm seine Hand in meine. „Was, was soll das?", stotterte ich vor mich hin und versuchte seinem Blick standhaft zu bleiben. „Ajet ich kann nicht mehr eine Minute ohne dich verbringen.", sagte er und ich entzog meine Hand aus seiner. „Das hat man ja die letzten vier Wochen gesehen.", gab ich enttäuscht von mir. „Es tut mir leid. Ich habe nachgedacht, über deine Worte, über dich und über mich.", ich atmete tief ein und aus. „Und das hat ganze vier Wochen gedauert?", hinterfragte ich. „Nein, ich habe mich nicht getraut. Ich dachte, dass du sowieso nicht mit mir reden wirst, doch als ich dich hier im Cafe gesehen habe, musste ich einfach reinkommen und dich um ein Gespräch bitte, weil ich meine Gedanken nicht mehr für mich behalten konnte.", ich sah wieder zu ihm rauf. „Welche Gedanken?", hinterfragte ich. „Können wir bitte woanders hin? Ich möchte gerne mit dir alleine sein.", ich nickte, stand auf, bezahlte und lief mit ihm zusammen zum Park, wo wir waren, als er mich trösten wollte. „Erinnerst du dich, hier wollte ich dich trösten und du hast mich einfach so von dir gestoßen. Aber das ist eigentlich gar nicht das Thema über das ich sprechen möchte. Du bist in sehr kurzer Zeit eine sehr wichtige Person für mich geworden. So schnell habe ich noch nie jemanden lieb gewonnen. Ich denke nur noch an dich, will wissen wie du von Grund auf tickst und wie du zusammen mit deiner Familie bist. Ich will wissen wie es in dir aussieht und ich möchte dich bedingungslos lieben.", meine Augen füllten sich mit Tränen. Ehe ich antworten konnte, lagen seine Lippen auf meinem. Völlig überfordert von der Situation wusste ich nicht, was ich machen sollte. Ehe ich wirklich mit dem Kopf entscheiden konnte, schlossen meine Lippen sich den seinen an. Als wir uns voneinander lösten, traute ich mich nicht in sein Gesicht zu sehen. Ich schämte mich vor diese Aktion, nicht weil ich nicht auch etwas für ihn empfinde, sondern weil ich zuvor noch nie einen Jungen geküsst habe. „Das ich das noch einmal in meinem Leben erlebe.", ruckartig blickte ich rauf zu ihm. „Wie bitte?", wollte ich wissen. „Du schämst dich wegen des Kusses. War es dein erster?", vorsichtig nickte ich und blickte auf meine Füße. Er kniff in meine Wange und drückte mich an seine Brust. „Du bist das Beste, was mir je passiert ist Ajet, bitte bleib einfach für immer bei mir.", ich nickte und genoss den Augenblick in seinen Armen.

AjetWo Geschichten leben. Entdecke jetzt