Berlin, im März 2012
Pünktlich zur Halbzeit des Spiels, das er sich gerade angesehen hatte, rief Eva ihn zu sich in die Küche rüber, weil sie das Essen endlich fertig hatte. Er schlenderte voller Vorfreude zu seinem Platz, an dem schon sein bereits gefüllter Teller, sowie ein weiteres kaltes Bier für ihn bereit standen und setzte sich hin.
Schnitzel mit Pommes - das konnte sich doch durchaus sehen lassen. Das heißt, wenn man mal von dem gemischten Buttergemüse, das ein Viertel des Tellers für sich einnahm, absah. Auch, wenn er der Meinung war, dass so etwas nur unnötig satt machte, kommentierte er das dieses Mal nicht. Er war ja schließlich kein Unmensch und war durchaus in der Lage wertzuschätzen, wie viel Mühe sie sich für dieses Essen gemacht haben musste.„Stefan, Timi und Lukas kommen morgen Abend her", sagte er schmatzend und spülte dann mit einem großen Schluck Bier nach.
„Und das bedeutet was?", fragte sie und nahm einen winzigen Schluck von ihrem Wein.
„Das bedeutet, es könnte etwas laut und dreckig werden. Wie immer halt."
„Willst du mir damit sagen, dass ich dann nicht da sein soll?", fragte sie und sah ihn mit einem schiefen Blick an.
Er stieß genervt die Luft aus. „Das habe ich nicht gesagt!"
„Aber gemeint!"Da war sie wieder. Diese Eva, die er eigentlich nicht mehr so wirklich um sich herum haben wollte. Ja, er verhielt sich manchmal wie ein Arschloch. Er war Mann genug, um das vor sich selbst zugeben zu können. Aber noch viel öfter drehte sie ihm einfach die Worte im Mund herum, so wie jetzt gerade und interpretierte Dinge in eine komplett andere Richtung. Manchmal kam es ihm so vor, als würde sie absichtlich Dramen herbeiführen wollen.
„Du kannst ruhig einfach sagen, wenn du weg willst. Du musst nicht so tun, als ob ich das wollen würde", sagte er im kläglichen Versuch, die Sache zu entschärfen.
„Ach, jetzt schickst du mich wirklich weg, ja?", fragte sie schnippisch.
„Nein. Ich habe gesagt, wenn du weg willst geh und wenn nicht dann bleib", seufzte er. „Können wir jetzt einfach weiter essen?"
Sie griff nach ihrem Besteck und säbelte wütend in ihrem Schnitzel herum. „Gut, dann bleibe ich morgen hier!"
„Wie gesagt, mir egal", sagte er und aß ebenfalls weiter, behandelte sein Fleisch dabei aber weitaus zärtlicher, als sie es tat.
„Also ist es dir egal, ob ich bei dir bin, oder nicht", sagte sie und stopfte sich eine volle Gabel in den Mund.
„Das habe ich nicht gesagt", wiederholte er langsam und betonte dabei jede Silbe einzeln.
„Du hast es aber so gemeint!"
„Hatten wir das nicht gerade schon mal?"
„Wenn es doch so ist!"Er unterließ es, noch weiter auf das Gespräch einzugehen. Er sah ein, dass er hier mit Worten im Moment nicht weiterkommen würde. Mittlerweile war er nämlich tatsächlich der Meinung, dass es besser wäre, wenn er morgen den Abend alleine mit den Jungs verbringen könnte. Sie würde ihn garantiert den ganzen Abend lang provozieren und um Aufmerksamkeit buhlen, die er ihr aber nicht würde geben können. Zum Einen, weil sie ja schließlich in erster Linie arbeiten wollten und zum Anderen, weil er es einfach hasste, vor den Jungs herum zu turteln.
Ja, es gab viele zärtliche Momente zwischen Eva und ihm und natürlich war das auch jedem einzelnen Mitglied von Plan B bewusst. In einer Beziehung war das eben so. Aber trotzdem fand er, reichte es, wenn sie sich das denken konnten. Live mitansehen mussten sie es nun wirklich nicht.Er fand außerdem, dass es momentan genug war, wenn Timi die Rolle des liebestollen Idioten einnahm. Dieser hatte nämlich seit wenigen Wochen eine neue Freundin und verbrachte die Hälfte seiner Zeit in Berlin damit, dümmlich grinsend auf sein Handy zu starren und mit dieser zu schreiben. Als Benni mal neben ihm gesessen hatte, hatte er in dem Chat sehr, sehr viele kitschige Herzchen-Symbole sehen können, die auch noch größtenteils von Timi ausgegangen waren. Das war für Benni definitiv genug Liebe in der Band, da wollte er sich selbst ein wenig zurückhalten.
Er aß fertig und trank sein Bier aus, dann kam er mit seinen Gedanken wieder zu der aktuellen Situation zurück. Als er Eva so traurig auf ihren Teller schauen sah, wurde sein Herz schon etwas weicher. Er stand auf und legte ihr seine Arme um die Schultern. Es gab ja mal einen Grund, warum er sich in sie verliebt hatte. Wenn er sich nur ein bisschen anstrengen würde, würde er sich vielleicht auch wieder daran erinnern. Irgendwie lag ihm schon was an ihr, er war ja nicht aus Stein. Ein wenig Reue verspürte er jetzt schon.
„Alles wieder gut?", fragte er und begann damit, ihre Schultern zu massieren.
„Ich weiß nicht", antwortete sie ihm.
„Und was können wir da tun, damit du es wieder weißt?"
„Das weiß ich auch nicht."
„Aber ich", sagte er und zog sie grinsend mit sich ins Schlafzimmer.
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Mädchen, mach die roten Lichter aus!
Aktuelle LiteraturBenjamin Kerber ist ein reicher, verwöhnter Luxusproll, dem andere Menschen augenscheinlich nicht besonders am Herzen liegen. Doch eines Tages tritt über ungewöhnliche Umstände die Prostituierte Irina in sein Leben und verändert plötzlich alles. Cov...