Berlin, im April 2012
„Hast du eine Ahnung, was das für Leute sind, die mit Ronny hier rumlaufen?", fragte Irina die Bardame Valerie.
„Nein. Ich weiß nur, dass das, was die wollen, absolut nichts alltägliches ist", antwortete diese. „Und ich habe das Gefühl, ihr könnt alle froh darüber sein, wenn ihr nicht dafür ausgesucht werdet."
Irina schluckte schwer. „Aber wenn das etwas so spezielles ist... kann man da dann nicht sagen, wenn man es nicht machen will?"
Valerie lachte und polierte das Glas weiter, das sie in der Hand hielt. „Schätzchen, wenn du gesehen hättest, in was für einem Wagen die hier rein gefahren sind... und wie Ronnys Augen geglänzt haben... Der hatte die Dollarzeichen in den Augen. Ich denke, es wird auf jeden Fall gemacht werden. Egal, ob das jemand will oder nicht..."Die vier Männer kamen in Begleitung von Ronny wieder in die Lounge geschlendert. Der Proll und der Poser grinsten bis zu den Ohren und der Große und der Mitläufer starrten permanent auf den Boden. Offenbar hatte nur die Hälfte von ihnen die kleine Führung genossen.
Als Ronny dann mit ihnen an den einzelnen Mädchen vorbei ging - wie bei einer Fleischbeschau - schlug Irina das Herz bis zum Hals. Die Wortfetzen und die persönliche Führung durch den Betreiber hatten mehr als deutlich gemacht, dass es sich hier nicht um normale Kunden oder einen normalen Job handelte.Diese ganze Situation war einfach mehr als unangenehm. Auch ein Teil von diesen Typen schien sich nicht besonders wohl zu fühlen, denn irgendwann setzten sich der Große und der Mitläufer in eine Sofaecke und beobachteten die Sache aus der Ferne weiter.
„Timi, Lukas! Kommt her, ihr Flachpfeifen!", rief der Proll ihnen zu.
„Nee, lass ma, Benni. Ihr macht das schon", sagte einer der beiden mit einem starken Lispeln.Der Proll, beziehungsweise Benni, wie sie jetzt wusste, verdrehte die Augen und warf dem Poser einen genervten Blick zu. Dann machten sie zu zweit mit ihrer Begutachtung weiter.
„Zu kleine Titten", meinte Benni zu einer. „Zu dürr", meinte der Poser zu einer anderen. So ging das immer weiter, bis sie irgendwann direkt vor Irina standen. Als Benni nicht sofort, wie bei den anderen, einen Kommentar abgab, befürchtete sie schon das Schlimmste.
„Zu hübsch", sagte er dann und ging weiter. Erst jetzt merkte Irina, dass sie ganz schön lange die Luft angehalten hatte und schnappte laut nach neuer. Benni drehte sich noch einmal um, als er das Geräusch hörte und sah ihr ihrer Meinung nach etwas zu lange in die Augen. Dann wurde sein Blick tatsächlich für einen kurzen Moment weicher und seine Mundwinkel zuckten kurz nach oben. Dann wandte er seinen Blick wieder ab und lief weiter.
Was wollten diese Typen bloß hier?„Nee, Ronny... also irgendwie haben wir uns was anderes vorgestellt. Hast du nicht noch ein paar... wie drücke ich das jetzt aus... saumäßig fette, ekelhafte Weiber im Keller versteckt?", meinte Benni und grinste breit.
„Was habt ihr nochmal genau vor?", fragte Ronny skeptisch.
„Wir wollen, dass bei unserem Konzert ein paar hässliche Nutten eine Show abziehen, während wir performen. So untereinander rummachen, vielleicht sich irgendwas reinstecken... und in der Pause sollen sie dann eventuell von Fans geknallt werden", erklärte Benni mit hörbarem Stolz in der Stimme.Irina starrte ihn schockiert an. Wer in aller Welt würde sich denn für so etwas herablassen? Und was war das bitte für eine seltsame Band, auf deren Shows so etwas gemacht wurde? Von so etwas hatte sie noch nie zuvor gehört. Auf der anderen Seite hatte sie in Deutschland ja fast ausschließlich Kontakt mit Freiern, von denen viele ziemlich pervers drauf waren. Vielleicht war das ja in diesem Land normal?
Sie drehte sich noch einmal zu den beiden anderen um, die Timi und Lukas hießen, wie sie vorhin gehört hatte. Als sie sah, wie die beiden miteinander erzählen und ab und zu grinsten, musste sie sich direkt fragen, wie die beiden in eine solche Band passten. Sie sahen so freundlich und lieb aus. Sie hätte ihnen niemals zugetraut, dass die so etwas befürworteten.
Aber auf der anderen Seite hatte sie aus der Erfahrung auch gelernt, dass man vom Äußeren eines Menschen nicht voreilig auf das Innere schließen durfte. Oft waren es nämlich die, die so lieb und brav aussahen, die dann am schlimmsten waren und unsagbare Dinge verlangten. Nicht selten waren diese Wünsche so unaussprechlich, dass Irina diese nicht erfüllte, auch wenn sie auf jeden Cent angewiesen war. Aber dieser „Job", wenn man das überhaupt so nennen wollte, sollte ja nur für eine kurze Weile sein, bis sie genug Geld zusammen hatte. Und bis es soweit war, wollte sie sich noch einen letzten Rest an Würde bewahren.„Die da!", rief Benni, als drei Mädchen gemeinsam den Raum betraten. Sie waren ziemlich übergewichtig und im Allgemeinen einfach sehr unansehnlich. „Die sind perfekt!"
Ronny ging sofort zu den dreien und sprach leise mit ihnen. Sie hörten sich das, was er zu ihnen sagte, mit neutraler Miene an und gingen dann schulterzuckend in Richtung Büro.
„Timi! Lukas! Los, wir besprechen das jetzt noch mit denen und dann sind wir gleich fertig, wenn alles gut läuft", sagte der Poser an die beiden gerichtet. Dann verschwanden sie alle durch die Tür von Ronnys Büro.
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Mädchen, mach die roten Lichter aus!
General FictionBenjamin Kerber ist ein reicher, verwöhnter Luxusproll, dem andere Menschen augenscheinlich nicht besonders am Herzen liegen. Doch eines Tages tritt über ungewöhnliche Umstände die Prostituierte Irina in sein Leben und verändert plötzlich alles. Cov...