Benni saß im Taxi und ließ das verschneite Berlin an sich vorbeirauschen. Er war an diesem Abend noch ziemlich lange mit Irina auf dem Weihnachtsmarkt geblieben. So lange, bis auf der kleinen Bühne schon längst keine Musik mehr gespielt worden war und der Großteil der Stände die Verkaufsfenster bereits geschlossen hatte.
Erst, als der Platz von fast allen anderen Besuchern verlassen worden war, hatte Benni ein Taxi für Irina und sich gerufen und war sogar noch mit ihr zum Bordell gefahren, wo er sie dann mit einer langen Umarmung verabschiedet hatte.Auf irgendeine seltsame Art und Weise fühlte er sich nach diesen paar Stunden sehr mit ihr verbunden. Er fühlte sich nicht zu ihr hingezogen, das war es ganz sicher nicht. Alleine der Gedanke daran, was sie mit anderen Männern Tag für Tag tat, sorgte dafür, dass sich in seinem Kopf diesbezüglich eine Grenze aufgebaut hatte, die er nicht überschreiten wollte und vermutlich auch nicht überschreiten konnte.
Außerdem gab es da ja auch noch seine Freundin Eva, weswegen er sich auch gar keine Gedanken darüber machen müsste, ob er Irina sexuell anziehend fand, oder eben nicht.Er hätte nie erwartet, dass Irina so ein interessanter Mensch sein könnte. Er war nachhaltig beeindruckt von dem Kampfgeist, den sie an den Tag legte und bewunderte sie für die unfassbare Stärke, mit der sie ihren oft so unschönen Alltag meisterte.
Dass er Irina mit dem Kauf des Mantels vorhin eine Freude machen konnte, gab ihm nun ein Gefühl von größter Zufriedenheit.
Er hielt sich gerade so noch davon ab, das mit Evas Reaktionen auf seine Geschenke zu vergleichen, weil er sich dann sowieso bloß wieder aufregen würde. Lieber erinnerte er sich noch einmal an das freudige Funkeln in Irinas Augen, um sich den Zauber des vergangenen Abends noch etwas länger zu bewahren.Vielleicht würde er sie ja demnächst nochmal besuchen. Er hatte bisher noch nie wirklich etwas für die Schwachen auf dieser Welt getan. Aber nun, da er persönlich einen dieser Menschen kennengelernt hatte, war es etwas anderes und er hatte das Bedürfnis, irgendetwas zu tun. Das Geld und die Mittel dazu hatte er ja zu genüge, und dieses Gefühl, das ihm seine gute Tat von heute gegeben hatte, wollte er nicht zum letzten Mal gespürt haben.
Benni fragte sich, ob er Irinas Notlage nicht auch ein wenig für sich selbst ausnutzte, weil er sich durch das Helfen besser fühlte. Doch was sollte daran falsch sein, wenn es ihnen beiden gut tat? Er verlangte von ihr schließlich keinerlei Gegenleistung.
Es wäre Unsinn zu erwarten, dass aus Benni plötzlich von Heute auf Morgen ein leidenschaftlicher Kämpfer für alle sozial Benachteiligten in diesem Land werden würde und er hatte jetzt auch ganz bestimmt nicht vor, ein paar Kinderheime errichten zu lassen oder ähnliches.
Aber vielleicht könnte er Irina ja zu seinem ganz persönlichen Projekt machen.In der Zwischenzeit war noch viel mehr Schnee gefallen und das Taxi kam nur noch sehr schleppend auf der vereisten Straße voran. Benni wollte den Fahrer schon anschnauzen, da der es mit der Sicherheit ein bisschen arg übertrieb, hielt sich dann jedoch zurück und betrachtete lieber die weihnachtlichen Dekorationen in den Straßen, die sie im Schritttempo durchquerten.
Besonders die prächtigen Villen mit den großen Vorgärten fesselten dabei seinen Blick. Manche waren so üppig geschmückt, wie man es gemeinhin nur aus amerikanischen Weihnachtsfilmen kannte. Jeder Busch und jedes Bäumchen war über und über mit Hunderten von kleinen Lichtern ausgestattet worden und in jedem Fenster blinkte und glitzerte es.
Bei diesem Anblick huschte Benni versehentlich ein kleines Lächeln über die Lippen.Auch wenn er sich äußerlich gerne hart gab, versetzte ihn die Weihnachtszeit immer in eine seltsam romantische Stimmung. Das zeigte er natürlich vor allem den Jungs nicht, aber im Kreise der Familie hielt er sich an den Feiertagen da weniger zurück.
Er fragte sich, was seine Mutter dieses Jahr wohl kochen würde und welche seiner weiter weg wohnenden Verwandten er an den Feiertagen wieder sehen würde.
Da die Fahrt offenbar noch eine Weile dauern würde, zückte er sein Handy und scrollte sich auf der Suche nach passenden Geschenken für alle durch diverse Onlineshops.
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Mädchen, mach die roten Lichter aus!
General FictionBenjamin Kerber ist ein reicher, verwöhnter Luxusproll, dem andere Menschen augenscheinlich nicht besonders am Herzen liegen. Doch eines Tages tritt über ungewöhnliche Umstände die Prostituierte Irina in sein Leben und verändert plötzlich alles. Cov...