Kapitel 21

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Wie soll man entscheiden, wer leben darf und wer nicht? Wer gibt einem das Recht dazu, über Leben und Tod zu entscheiden? Sehen wir uns nicht alle irgendwann wieder?

*****

Ich saß auf einem gepolsterten Lederstuhl in einem Krankenhauszimmer. Die Wände waren weiß. Zu weiß, unnatürlich weiß. Als ob sie es nicht erwarten könnten, bis man in das Licht abtritt. Der Stuhl knarrte unter mir und meine Beine klebten an dem Leder. Igitt. Wie viele kranke Menschen wohl schon hier drauf gesessen haben.

Ganz vorsichtig drückte ich die Hand meiner Mom. Obwohl ihr ein Schlauch durch die Nase gesteckt war, sah sie wunderschön aus. Ihre dunkelblonden Haare umrandeten sanft ihr rundes Gesicht. Ihre langen schwarzen Wimpern hoben sich von ihrem weißen Teint ab. Ich streichelte ihr über den Handrücken.

Sie würde nicht wiederkommen.
Sie konnte nicht mehr alleine atmen.

„Mom", setzte ich an, „ich wünschtest du wärest jetzt wach und würdest sehen, wie erbärmlich ich aussehe. Ich habe seit dem Anruf nicht geduscht und nicht geschlafen. Wahrscheinlich sehe ich aus wie ein Waschbär. Du würdest mir erstmal sagen, wie schrecklich ich aussehe."

Ich lachte schluchzend los und wischte mir mit der freien Hand die Tränen von meinen Wangen.

„Ich habe einen Freund, weißt du. Er heißt Alex und ist unglaublich klug und sieht super aus. Er würde dir gefallen. Naja, du würdest gar nicht erfahren, dass wir ein Paar sind, da er mein Lehrer ist. In Sport und Englisch. Aber ich habe ihm von Kyle erzählt. Mommy, ich habe dir nie von der Sache mit Kyle erzählt, aber du hast es gespürt oder? Ich brauche dich doch! Du darfst nicht gehen, bitte", flehte ich, „du sollst doch sehen, wie ich meine Abschluss mache, wie Dad mich zu dem Altar führt, wie ich auf das College gehe. Du sollst deine Enkel kennenlernen und mir noch weitere Standpauken halten. Ich liebe dich, Mom und ich hoffe, nein ich weiß, dass du das hier gerade hörst, und immer bei mir sein wirst. Geh nicht weg, aber bitte schau weg wenn Alex und ich uns küssen, das wäre mir sonst sehr unangenehm."

Dann drückte ich ihr einen Kuss auf die Stirn: „Ich liebe dich, das sollst du wissen, und ich danke dir für alles!"

Es klopfte an der Tür und mein Dad trat herein: „Savannah, James ist da."

Ich nickte, um ihm mein Verstehen zu zeigen und stand auf. Auf dem Gang stand ein junger Mann mit braunen Haaren, seine braunen Augen waren in tiefe Höhlen eingefallen. Sein Gesicht zeigte Schmerz und Trauer. James. Er war alleine, denn nun war auch seine Mutter fort. Vereint mit seinem Vater, aber beide hatten ihn alleine gelassen.

„James", krächzte ich und er schaute auf.

„Savannah", kam mein Name brüchig über seine Lippen.

Wir liefen beide aufeinander zu und umarmten uns fest. Tränen liefen aus meinen Augen und ich schluchzte. Ich habe meine Mom verloren und meine Tante. Und James seine Tante. Und auch seine Mom . Wir machten beide dasselbe durch. Außer dass ich noch meinen Dad habe.

„Es tut mir so leid", schluchzte ich, während er mir über meine Haare strich.

„Mir auch, Blondi, mir auch", flüsterte er.

Ich musste unter meinen Tränen erstickt lachen. Blondi? Wie konnte er mich nur unter solchen Umständen so nennen.

„Du bist ein Idiot, James", schniefte ich.

Er löste sich von mir und betrachtete mich: „Und du bist wunderschön geworden!"

„Pass auf, ich habe einen Freund, lass ihn das nicht hören", grinste ich.

First Love, Last Love? - In Lehrer verliebt man sich nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt