14-Geigenspiel

8.6K 396 68
                                    

Donnerstag kam schneller als gedacht. Die Beerdigung fing um 11 Uhr an, ich war jedoch schon um 6 Uhr wacher als an jedem Schultag. Frühstücken konnte ich nicht mehr als einen halben Apfel und eine Tasse Kaffee.

Nach einer ausgiebigen Dusche spielte ich noch einmal das Stück durch und es war mir egal ob ich das ganze Haus aufweckte, oder nicht. Wie sich jedoch herausstellte, waren Cas und Matthew auch schon wach, was dazu führte, dass wir viel zu früh losfuhren. Das war jedoch nicht so schlimm, da jeder von uns noch bei seinen Eltern vorbeischauen wollte.

Die Autofahrt war komisch. Es war ruhiger im Auto als normal und nicht einmal das Radio lief. Ich starrte die ganze Zeit auf meinen Geigenkoffer und wünschte mir überall zu sein nur nicht auf den Weg zu dieser Beerdigung.

Ich versuchte regelmäßig am Grab meiner Eltern vorbeizuschauen, doch in letzter Zeit hatte ich einfach viel zu viel zu tun. Als wir beim Friedhof ankamen, teilten Matthew, Casey und ich uns auf um zu den jeweiligen Gräbern zu schauen.

Als ich an den Grab meiner Eltern ankam starrte ich zuerst für ein paar Minuten auf den Grabstein.

Jonathan L. Graham
3.1.1966-12.10.2008

Daisy Graham
6.5.1969-12.10.2008

Ihr Todesdatum war das einzige Datum, das ich mit Sicherheit nie vergessen werde.

Neben den Namen war zwei sich umwindende Schlangen in den Stein eingraviert. Es ist eine etwas modifizierte Version des Logos der Snakes. Ich hab genau diese Version auf meiner linken Seite über den Rippen tätowiert. Aus Gewohnheit griff ich mir an die Stelle, an der das Tattoo war und seufzte. Die Schmerzen, die ich während des Stechens hatte, waren nichts im Vergleich zu den Schmerzen die ich an jeden 12. Oktober hatte.

Normalerweise sprach ich mit ihnen doch heute brachte ich nicht mehr als ein „Ich vermisse euch." Und ein „Bitte vertragt euch mit ihm." raus.

Ich stand eine Weile da und starrte nur auf das Grab, wünschte, dass ich Blumen mitgebracht hätte und umklammerte meinen Geigenkoffer, als ich plötzlich Schritte hinter mir hörte. Langsam drehte ich mich um und war überrascht wer da stand.

Mrs. Hancock stellte sich stumm neben mich und blickte auf das Grab hinab. Ich musterte sie, sie wirkte gefasst und stark, doch man sah eindeutig, dass sie die letzten Tage durch ihre persönliche Hölle gegangen war.

Wir schwiegen für eine Weile bis ich es nicht mehr länger aushielt, ich musste etwas tun, das ich nur machen konnte, während wir alleine waren. Ich schaute mich noch einmal um, ob wir wirklich alleine waren und begann dann zu sprechen.

„Ich weiß es ist nicht der richtige Zeitpunkt dafür, aber ich weiß nicht, wann ich Sie wieder alleine antreffe. Im Namen der Lions möchte ich Ihnen mein herzliches Beileid aussprechen.", ich wusste nicht was ich sonst noch sagen hätte sollen.

Ein leises „Danke" kam aus ihrem Mund und dann standen wir wieder schweigend nebeneinander. Die Stille war etwas unangenehm und ich wollte mich schon zu Cas' Eltern gehen, da fing Mrs. Hancock wieder an zu reden.

„Sie wären stolz auf dich. Du hättest ihn in den letzten Jahren so viel Schaden anrichten können und hast dich dagegen entschieden. Ich kann dir nicht genug dafür danken, dass du ihn in Würde sterben lassen hast."

Überrascht schaute ich zu Mrs. Hancock, sie lächelte mich traurig an. Ich wusste nicht was ich sagen sollte und doch kamen die Worte schneller über meine Lippen, als ich über sie nachdenken konnte.

„Ihr Mann ist der Grund, warum ich noch am Leben bin. Ich wünschte ich hätte mehr tun können.", und das stimmte, hätte ich Senior vom Krebs heilen können, hätte ich es bestimmt getan.

The not so Good GirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt