"Du bist neu", platzte die, die mir gegenüber saß, schließlich heraus.
Die neben ihr warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu, sagte aber nichts.
Ich nickte lächelnd. "Ja, ich bin vor zwei Stunden angekommen."
"Ich heiße Catharina, aber alle nennen mich Cat", ergriff das Mädchen neben mir nun das Wort.
"Ich heiße Jenny, aber die meisten sagen Jen", sagte die mir gegenüber.
"Ich heiße Susanna, werde aber Su genannt", stellte sich auch die letzte vor.
Ich musste lachen. "Ich heiße Lynn und alle nennen mich Lynn."
Cat, Su und Jen lachten.
Dann schwiegen wir. Wie gesagt, ich bin nicht der Typ, der sich dazu setzt und Witze reißt.
"In welche Stufe geht ihr?", fragte ich schließlich.
"KS1", antworteten alle drei gleichzeitig. Wieder lachten sie.
Mir viel ein Stein vom Herzen. Ich würde ebenfalls in die Kursstufe 1 gehen. Es brauchte nicht viel Glück, dass wir einige Kurse zusammen hätten.
Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, dass mich jemand anstarrte. Ein nervös es Kribbeln breitete sich in meinem Bauch aus.
Ich drehte den Kopf. Vom Nachbartisch her sah der Junge herüber, der mir heute Mittag schon begegnet war.
"Das ist Mark", flüsterte mir Cat, die meinem Blick gefolgt war, ins Ohr. "Warum starrt er dich an?"
"Ach nichts, wir sind uns nur vorhin begegnet." Ich wandte den Blick ab. Der Typ war mir unsympathisch und sein Name weckte schlechte Erinnerungen in mir.
"Wie seid ihr eigentlich darauf gekommen, euch alle Spitznamen zu geben?", wechselte ich das Thema.
Cat ging auf den Wechsel ein. "Ich hatte meinen Spitzname schon. Als wir uns hier kennen gelernt haben, haben sich Su und Jen dann auch Abkürzungen zugelegt."
"Es ist einfach viel praktischer." Su zwinkerte. "Meine Name ist doch sonst so furchtbar lang."
"Ich weiß, Cat ist ein comischer Name. Ich meine, Katze. Wer heißt denn schon so?"
Ich grinste. Jetzt endlich konnte ich mal was witziges erzählen. " Mach dir nichts drauß. In meiner Klasse gab es eine, die hieß Leyla Lepouley. Alle nannten sie nur Pou."
"Oje, die Arme", murmelte Cat, musste sich aber ein Lachen verkneifen.
Dann war es wieder still. Vorsichtig stocherte ich in meinem Essen und probierte ein paar bissen. Gar nicht so schlecht.
Während ich aß, hatte ich etwas zu tun. Ich heftete den Blick stur auf meinen Teller und vermied es, aufzusehen. Aber dann war mein Bauch voll und mein Teller leer und ich hatte keine Ausrede mehr, wegzuschauen. Verlegen hob ich den Kopf.
Unangenehme Ratlosigkeit legte sich über uns.
"Und...", ich räusperte mich. "Irgendwelche internen Geheimnisse, in die ihr mich einweihen könnt?" Eigentlich sollte es lässig klingen, doch es klang genau nach dem, was es auch war: ein verzweifelter Versuch, ein Gespräch zu beginnen.
"Frau Tutleyv hat einen heimlichen Freund, den sie jeden Mittwoch und Freitag Abend in der Bar am Stadtrand trifft", erzählte Jen zögernd.
Und dann sprudelte es plötzlich nur so heraus. Die Mädels übertrafen sich selbst in Geschichten und Gerüchten. Sie lebten richtig auf!
In kürzester Zeit wusste ich, welcher Lehrer welche Affäre hatte, wo sie sich trafen. Ich kannte ihre Allergien und Schwächen, wusste, wovor ich mich in Acht nehmen musste und wer besonders streng und ungerecht war.
Während die Informationen nur so auf mich einprasselten, begann ich mich zu entspannen. Die Atmosphäre war plötzlich von angespannt auf locker umgesprungen. Wo ich mich gerade noch wie eine Fremde gefühlt hatte, begann ich jetzt, mich willkommen und Zuhause zu fühlen. Es war ein schönes Gefühl.
Eigentlich war es doch gar nicht so schwer gewesen. Inbrünstig dankte ich meinem Glück, dass ich mich ausgerechnet an diesen Tisch gesetzt hatte.
Und ich dankte dafür, dass Mark so ein Idiot war. Wäre er heute mittag nicht so bescheuert gewesen, dann hätte ich mich vielleicht zu ihm und seinen Freunden gesetzt.
Aber hier hatte ich direkt wahre Freunde entdeckt.
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Just another Badboy
RomanceAls Lynn auf das Internat kommt, hat sie von Männern und Jungs absolut die Nase voll. So sehr sie auch die Zeit mit ihren neuen Freundinnen genießt, so sehr hält sie alle männlichen Wesen auf Abstand. Doch einer erregt ihre Aufmerksamkeit und lässt...