Heftiges, stetes Klopfen an die Tür weckte mich.
“Hmmm?“, grummelte ich erschöpft.
Die Tür flog auf und Lucas starrte mich an. “Du schläfst ja noch!“
“Ja jetzt nicht mehr. Wie lange stehst du denn da schon und klopfst?“
“Stunden“, stöhne Lucas. “Meine Fingerknöchel sind schon ganz wund.“
Aber als ich seine Hände musterte, sahen sie ganz normal aus. Genervt schmiss ich mein Kissen nach ihm. “Was willst du denn hier?“
“Halloooohooo? Ich dachte, du willst zu Cat?“
Einen Moment ratterte es in meinem Kopf. Scheiße, Cat, klar!
“Jetzt zieh dich mal schnell an, die anderen warten schon!“, befahl Lucas.
Welche anderen?
Diese Frage löste ich, als wir zehn Minuten später in den Eingangsbereich kamen und dort auf Su, Jen und Frau Tutleyv stießen. Wir quetschten uns alle zusammen in Frau Tutleyvs kleines Auto. Jen zog einen Müsliriegel aus ihrer Tasche. “Hier Frühstück für dich“, grinste sie und zwinkerte mir zu. Dann warf sie wissende Blicke nach vorne zu Lucas, der auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, und wackelte mit den Augenbrauen. Ich musste lachen.
Dann nickte ich zögerlich und zuckte gleichzeitig hilflos mit den Schultern und Jen und Su begannen haltlos zu kichern. Irritiert drehte sich Lucas zu uns nach hinten. “Alles klar bei euch?“
Ich streckte ihm als Antwort nur meinen gehobenen Daumen entgegen.
Schneller als ich es vom Bus gewohnt war, erreichten wir das Krankenhaus und unsere Stimmung wurde ganz von selbst wieder ernst.
“Nicht alle gleichzeitig“, wies uns du Krankenschwester an. “Besuche sind für Catharina noch sehr anstrengend.“
Unentschlossen sahen wir uns an.
“Dann fange ich an“, entschied Frau Tutleyv. Wir nickten. Im nächsten Moment verschwand sie durch die weiße Tür.
Lucas zog mich auf eine der Bänke und Su und Jen setzten sich auf die Stühle, die schräg gegenüber an der Wand des Flures standen.
“Alles okay bei dir?“, fragte er vorsichtig.
Ich wagte ein zittriges Lächeln. “Klar.“
Ganz von selbst fand Lucas' Hand ihren Weg in meinen Nacken und begann dort mit meinen Haaren zu spielen.
“Ich werde nicht mit rein kommen.“ Überrascht sah ich ihn an.
“Ich kenne Cat kaum, uns sie mich ebenso wenig“, erklärte er sich. “Ich bin mir relativ sicher, dass sie nicht möchte, dass ich sie so sehe. Wer weiß, in was für einem Zustand sie gerade ist. Und für Cat bin ich immerhin ein angeberischer, oberflächlicher Arsch.“
Ich müsste ein kleines bisschen Grinsen, als er das so sagte.
“Was meinst du mit dem Zustand, in dem sie ist?“, fragte ich nach.
“Naja, vielleicht ist sie gerade high von Schmerzmitteln. Oder total depressiv. Sicherlich ohne Make-Up und was für Mädchen sonst so wichtig ist.“
Ich biss mir auf die Lippe. Ja, wie war Cat wohl drauf?
“Weißt du“, lenkte ich mich ab, “noch vor einer Woche hätte ich mit nicht vorstellen können, dass du so nett und rücksichtsvoll sein kannst. Ich hab dich für ignorant gehalten, für rechthaberisch, besitzergreifend. Und jetzt bist du so aufmerksam, so einfühlsam, du bist immer für mich da, wenn ich dich brauche. Du bist wie ein Anker. Ein Anker, der mein Herz höher schlagen und meinen Atem stocken lässt...“ okay, das hatte ich eigentlich nicht sagen wollen, aber jetzt war es schon zu spät.
Peinlich berührt sah ich Lucas an.
Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen. “War das gerade deine Art, mit zu sagen, dass ich doch kein Arsch bin?“
“Ja“, flüsterte ich leise.
Sein Griff in meinem Nacken verstärkte sich.
“Weißt du, ich hab dich nie für einen Arsch gehalten“, erwiderte Lucas. “Nur für eine freche Göre.“ Sein Grinsen vertiefte sich auf eine Weise, die absolut süß war. “Aber du bist das wundervollste Mädchen das ich je kennen gelernt habe.“
Und dann senkte er vorsichtig seine Lippen auf meine. Einen winzigen Moment musste ich an die Mundschleimzellentauschblörse in Lucas Mund denken, aber ich schon den Gedanken schnell beiseite.
Es gibt sicher schönere Orte für den ersten Kuss aus wahrer Liebe als einen Krankenhausflur unter den aufmerksamen Augen zweier neugieriger Freundinnen, aber Lucas brauchte keine halbe Sekunde um mich all das vergessen zu lassen und er stellte alles, was ich je mit Marco erlebt hatte, weit in den Schatten.
Als wir uns schließlich von einander lösten, bedachte mich Lucas mit diesem sanften Lächeln, das ich erst heute neu bei ihm entdeckt hatte.
“Ich hatte noch nie eine feste Beziehung“, flüsterte er leise, “du wirst dich bestimmt oft über mich ärgern müssen und viel Geduld mit mir haben müssen.“
“Heißt das, wir sind jetzt offiziell zusammen?“, murmelte ich rau.
“Ich denke schon.“
Das war also kein Einfach-mal-so-Kuss. Mein Herz machte einen Freudensprung.
“Dann ist mir das egal“, antwortete ich. “Du kannst so viel Geduld haben wie du willst. Aber du wirst auch welche haben müssen.“
“Kein Problem.“
Und dann bekam ich noch einen dieser unsagbar wunderschönen Küsse. Bis sich die Tür von Cats Zimmer öffnete und wir erschreckt herum fuhren.
Frau Tutleyv deutete in Richtung Tür. “Der nächste Bitte.“ Sie lächelte.
Schnell sprang ich auf und eilte zur Tür.
Cat sah immernoch erschreckend weiß aus zwischen den vielen Kabeln und Schläuchen, aber ihre Augen waren offen und sie blickte mich wach an.
“Hey“, flüsterte ich leise. “Wie geht's?“ Blöde Frage, dachte ich mir dann.
Cat lächelte vorsichtig. “Gut, glaube ich.“ Im selben Moment traten ihr die Tränen in die Augen.
“Ich habe nur noch ein Bein“, wisperte sie schwach und schniefte. “Sie haben mir mein linkes Bein weggemacht.“
Mit wenigen Schritten erreichte ich sie und nahm vorsichtig in den Arm. “Ich weiß“, murmelte ich sanft. “Ich weiß.“
Ich konnte mir nicht vorstellen, wie schrecklich das sein musste, plötzlich ein Bein weniger zu haben.
“Aber Cat, wir bekommen das hin. Wir schaffen das zusammen. Du bist so stark. Du hast diesen Unfall überlebt! Den Rest kriegen wir da auch hin. Und du musst das nicht alleine machen. Wir sind alle da, Jen und Su und Lucas und Mark und Toby und ich. Wir sind ein Team, wir alle zusammen, und wir alle werden dich stützen und unterstützen.“
Cats Tränen durchnässten weiterhin unaufhörlich mein T-Shirt, aber ich hörte den Anflug eines Lächelns und einen leichten Hoffnungsschimmer in ihrer Stimme, als sie fragte: “Lucas und Mark und Toby?“
“Ja, auch Lucas und Mark und Toby. Wenn du sie als deine Teammitglieder annimmst.“
Cat nickte an meiner Schulter und drückte mich noch fester.~~~~~
So, wir haben es endlich geschafft. Das ist das Ende. Ich werde auch noch heute den Prolog meines neuen Buches veröffentlichen, also schaut vorbei.
Genießt den übrigen Abend
Und gute Nacht :-)
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Just another Badboy
RomanceAls Lynn auf das Internat kommt, hat sie von Männern und Jungs absolut die Nase voll. So sehr sie auch die Zeit mit ihren neuen Freundinnen genießt, so sehr hält sie alle männlichen Wesen auf Abstand. Doch einer erregt ihre Aufmerksamkeit und lässt...