Lucas wich meinem Blick nicht aus, als ihn von seinem Tattoo abwandte, um stattdessen seine Augen zu studieren. Hier im hellen Sonnenlicht waren sie wieder golden und die kalte Härte war aus ihnen verschwunden. Dunkle Sprenkel malten ein unregelmäßiges Muster um seine Pupille. Er blinzelte kurz und ich beobachtete fasziniert, wie seine Wimpern Schatten über seine Wangenknochen zogen.
Ich merkte erst, dass unsere Gesichter einander immer näher kamen, als wir schon fast mit den Nasen zusammenstießen. Erschrocken drehte ich den Kopf zur Seite und wicht zurück. Mein Atem ging schnell und mein Herz pochte wie wild. Bilder blitzen vor meinem inneren Auge auf, Bilder von Marco, von all seinen gelogenen Küssen, und Bilder von Lucas, wie er mich im Flur finster anstarrte und bedrohte.
Ich spürte Lucas warmen Atem an meinem Ohr, als langsam und kontrolliert ausatmete.
“Lynn?“, fragte er leise.
Ich nickte, ohne ihm mein Gesicht wieder zuzuwenden.
“Du machst nicht nur zum Spaß Selbstverteidigung, hab ich recht?“
Ich nickte wieder, meine Finger krallten sich schmerzhaft ineinander.
“Ich kann dir helfen, wenn du magst.“
Überrascht sah ich auf, aber Lucas sah mich nicht an. Stattdessen haftete sein Blick an meinen Fingern.
“Ich kann dir Selbstverteidigungs-Nachhilfe geben.“ Vorsichtig legte er seine Hand auf meine und löste meine verkrampften Finger von einander. Als er mir schließlich wieder in die Augen sah, war sein Blick so aufrichtig, wie ich es noch nie gesehen hatte.
Ein leichtes Lächeln fand den Weg auf meine Lippen und Lucas erwiederte es sanft. Er unternahm keinen weiteren Versuch mich zu küssen.
Als eine Krankenschwester raus kam, um unsere Aufmerksamkeit mit einem leisen Räuspern auf sich zu ziehen, hielt Lucas immer noch meine Hände und lächelte mich an.
Überrascht sahen wir auf. Die Krankenschwester räusperte sich erneut und wippte unangenehm berührt mit dem Fuß, als hätte sie und bei etwas verbotenem ertappt.
“Catharina ist nun aus dem OP und hat alles den Unständen entsprechend gut überstanden, wird aber erst morgen ansprechbar sein. Es wird heute keine neuen Informationen mehr geben“, berichtete sie sachlich.
Ich stand auf, bedankte mich herzlich und schüttelte der Krankenschwester die Hand. Die nickte nur und verschwand blitzschnell wieder im Gebäude. Erleichtert fiel ich Lucas um den Hals. Cat hatte es geschafft! Ab jetzt würde es bergauf gehen.~~~
Ich klopfte an die Tür des Sekretariats und trat ein. Die Sekretärin lächelte mich freundlich an.
“Ist Frau Tutleyv da?“
Die Sekretärin nickte und klopfte an die Tür der Direktorin.
“Was gibt's?“, hörte ich von drinnen die inzwischen vertraute Stimme.
“Geh einfach rein“, wies mich die Sekretärin an und trat einen Schritt zurück.
Frau Tutleyv sah mich neugierig an, als ich mich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen ließ.
“Cat wird morgen ansprechbar sein“, ließ ich sie wissen.
Frau Tutleyv nickte. Das wusste sie schon.
“Wo sind ihre Eltern?“, platzte ich heraus. “Ihre Tochter liegt im Krankenhaus und sie sind immer noch nicht aufgetaucht!“
Frau Tutleyv nickte betrübt. Ihr Blick betrachtete mich prüfend, bevor sie zu sprechen begann. “Ich weiß nicht, ob ich diese Informationen an dich weiter geben darf, aber ich habe das Gefühl, dass ich es tun sollte.
Cats Eltern sind sehr reiche, aber auch beschäftigte Geschäftsleute. Keiner sagte es so, aber als sie Cat damals ins Internat brachten, war klar, dass sie das taten, damit sie sich voll und ganz um ihre Geschäfte kümmern konnten, ohne dass ihre damals 11-jährige Tochter ihnen im Weg herum springt. Ich hatte an dem Tag das Gefühl, das zwischen Cats Eltern wäre nur eine Zweckehe, um Geld zu vermehren und Steuern einzusparen, und Cat wäre nur irgendwie ausversehen da hinein geraten. Seit Cats Anmeldung habe ich ihre Eltern nicht mehr gesehen. Sie versorgen ihre Tochter mit allen was sie braucht an Geld und Kleidung, schicken ihr regelmäßig Päckchen von überall in der Welt, aber sie sind nie zu Besuch gekommen. Wenn die Ferien anfangen, wird Cat immer von einem Taxi abgeholt und zu Schulbeginn wieder von einem Taxi gebracht. Die Tage, die sie ihre Eltern in den letzten sechs Jahren gesehen hat, lassen sich vermutlich an einer Hand abzählen.
Nach Cats Unfall habe ich ihre Eltern natürlich sofort informiert, aber ich bekam nur die Antwort, sie seien gerade geschäftlich in Indien und kämen, sobald sie könnten.“
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Just another Badboy
RomanceAls Lynn auf das Internat kommt, hat sie von Männern und Jungs absolut die Nase voll. So sehr sie auch die Zeit mit ihren neuen Freundinnen genießt, so sehr hält sie alle männlichen Wesen auf Abstand. Doch einer erregt ihre Aufmerksamkeit und lässt...