Gelöscht

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“Mensch, du bist echt ein Schatz“, rief Cat noch bevor ich den Türgriff loslassen konnte.
Cats Zimmer sah so aus, wie das Zimmer eines Teenagers wohl auszusehen hatte. Dekoriert bis zum geht nicht mehr, alles farblich exakt abgestimmt, was aber kaum auffiel, weil so viele Klamotten überall herumlagen.
Cat selbst hatte es sich auf dem Bett bequem gemacht, dem einzigen Ort, der einigermaßen aufgeräumt aussah. 
“Komm setz dich“, lud sie mich ein und zog ihren Laptop dichter an sich heran, um mir etwas Platz frei zu machen. Ich setzte mich zu ihr aufs Bett und legte meine Mathesachen auf ihr Kopfkissen.
“Bringst du mir das Zeug einfach mit in den Unterricht?“
Cat nickte. “Klar. Das ist echt superlieb von dir.“
Ich grinste. “Kein Ding.“ Dann stand ich wieder auf. Irgendwie war mir gerade nicht danach, rumzusitzen und zu quatschen.
“Willst du schon wieder gehen?“, fragte Cat verdutzt.
“Ja, ich hab noch zu tun.“ Lüge. Dicke, fette Lüge. Das wurde mir erst recht bewusst, als ich wieder alleine im Flur stand und nicht wusste, was ich mit mir anstellen sollte.
Gelangweilt trottete ich nach draußen und sah mich nach Fellball um. Wo streckte die Katze nur, wenn man die mal brauchte?
Ich hocke mich in die Wiese, zog mein Handy heraus und suchte Jana in meiner Kontaktliste. Kurz überlegte ich, ihr zu schreiben, aber dann entschied ich, dass das zu anstrengend wäre und machte stattdessen eine Sprachnachricht.
“Hey Kleine“, begann ich. “Ich brauch grad irgendwie jemand zum reden. Ich weiß auch nicht, was los ist, aber irgendwie fühl ich mich grad so komisch. So anders. Fremd oder so. Keine Ahnung. Auf jeden Fall ist mir auch langweilig. Hier ist grad einfach gar nichts los, weil alle schlafen oder zumindest in ihren Zimmern rumhocken. Die haben alle gestern irgendwo gefeiert. Ich bin auch mitgegangen, nachdem ihr weg ward. Wir sind auf so eine Lichtung gegangen, haben mit dem Campingkocher essen gemacht und die anderen haben ordentlich getrunken. Aber irgendwie...“ Ich stockte kurz. “... irgendwie kann ich Alkohol einfach immer noch nicht ausstehen. Es erinnert mich einfach zu sehr an Marco, verstehst du? Ich bin dann halt irgendwann gegangen, weil irgendwie...das ist total doof, aber ich konnte es einfach nicht mehr aushalten. Ich bin so eine richtige Spaßverderberin. Total verklemmt. Und dann hab ich mich erst noch verlaufen und dann stand Lucas mal wieder am Eingang rum und hat sich an mich ran gemacht. Und nein, ich stehe ganz sicher nicht auf ihn, er ist ein totaler Arsch.
Ja und jetzt sitz ich hier alleine rum, während alle anderen ihren Rausch ausschlafen.
Und ich glaube, Mark steht auf Annkatrin, aber Annkatrin hat was mit Toby. Mark ist sowieso voll okay, auch wenn ich zuerst dachte er wäre ein totaler Idiot.“
Jetzt fiel mir nichts mehr ein. Vier Minuten und dreiundzwanzig Sekunden lang war die Nachricht jetzt schon. Die Sonne wärmte meinen Nacken und der Wind raschelte in den Blättern. Ich sah zu, wie die Nachricht Sekunde um Sekunde länger wurde und konnte mich nicht entschließen, sie abzuschicken. Dann, in einer schnellen Bewegung, löschte ich sie und schrieb stattdessen nur: “Was machst du so?“

Just another BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt