Sinn

1.5K 55 0
                                    

Okay, ich werde jetzt einfach mal schauen, wie weit ich mit der Geschichte noch komme. Anscheinend gibt es ja doch ein paar, die es lesen wollen :-)
Aber ihr müsst Geduld haben mit mir.

~~~~~~~~~~~~~

“Deshalb stehst du ständig an der Tür herum“, sagte ich stattdessen, weil mir plötzlich etwas klar geworden war. “Du passt auf, ob alle wieder zurück kommen.“
Ich sah aus dem Augenwinkel, dass er nickte, und drehte mich wieder zu ihm.
“Aber ich hab schon wieder versagt“, murmelte er und sah mir fest in die Augen. “Ich hab nicht mitbekommen, das Cat gegangen ist, weil ich stattdessen im Schwimmbad war.“
Wir schwiegen.
“Das letzte Mal, als wir uns gesehen haben, hast du mich angeschrieben, ich solle mich verpissen und dich in Ruhe lassen.“ Ich hörte Lucas' leises Schmunzeln in seiner Stimme.
“Und ich würde es auch jetzt tun, wenn ich die Kraft dazu hätte“, entgegnete ich.
“Gut, dass du so k.o. bist.“
Ich fuhr mir mit den Fingern durch die Haare. “Ich weiß nicht, wie das jetzt weiter gehen soll. Ich sehe den Tag morgen, aber ich weiß nicht, was ich damit machen soll. Ich habe keinen Plan, ich habe nichts zu tun. Der Tag hat keine Bedeutung, keinen Sinn, keinen Inhalt.“
An den Tagen nach meiner Vergewaltigung hatte ich mich so ähnlich gefühlt. Aber da hatte ich es selbst in der Hand gehabt. Da hatte ich kämpfen können, mich befreien können, weiter machen können. Ich hatte es in der Hand gehabt. Dieses Mal konnte ich nur warten und hoffen und fürchten und hatte keinen Einfluss auf das, was passieren würde. Und das war viel, viel schlimmer.
Ich hörte Lucas atem langsam und beständig neben mir. Als er zu sprechen begann, wählte er seine Worte mit Bedacht.
“Du darfst dich von dem Unglück nicht unterkriegen lassen. Du darfst nicht zulassen, dass das Schlechte überhand gewinnt über das Gute. Für all die schlimmen Dinge, die geschehen, musst du etwas Gutes tun. Etwas, das die Welt schön macht.“
Skeptisch zog ich die Augenbrauen nach oben. “Und das sagst ausgerechnet du?“
Ein Grinsen huschte auf sein Gesicht. “Naja, ich gebe zu, ich bin nicht all zu gut darin. Eigentlich ist mir das auch gerade erst klar geworden. Beziehungsweise, ich habe bisher nur darauf geachtet, dass die meine Bilanz stimmt. Dass in meinem Leben die schönen Momente über die schlechten überwiegen. Aber wenn dein eigenes Leben für dich selbst überflüssig erscheint, dann musst du vielleicht in dieser Zeit für andere Menschen leben und dann wird dein Leben dadurch für dich auch wieder schön.
Jetzt wo ich drüber nachdenke, habe ich es so ähnlich auch gemacht. Mein Bruder ist ins Krankenhaus gekommen und meine Familie wurde zerrissen, weil ich nicht gemerkt habe, dass er nicht nach Hause gekommen ist. Seit diesem Tag passe ich immer auf, dass alle zurück kommen, damit sowas nicht nochmal passieren kann. Das gibt mir eine Aufgabe, einen Sinn.“
“Ich kann ja aber schlecht alle davon abhalten, in die Stadt zu gehen.“
Nachdenklich kaute er auf seiner Unterlippe. “Nein, das kannst du nicht.“ Sein Blick schweifte in die Ferne zu einem Punkt, den nur er sehen konnte. “Aber dann musst du dir eben etwas anderes suchen.
Das Ziel wäre doch, dass für jedes Mal, wenn jemand geschlagen wird, ein anderer ihn Umarmt. Dass für jede Beleidigung, die gemacht wird, auch ein Kompliment ausgesprochen wird. Dass immer, wenn jemand hinfällt, ihm eine Hand gereicht wird. Verstehst du was ich meine? Du musst nur aufmerksam durchs Leben gehen!“
Stumm nickte ich und starrte Lucas erstaunt an. Er war ja richtig intelligent!

Just another BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt