Tränen

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Ich weinte nicht. Ich saß da, starrte auf Cat hinunter und versuchte zu glauben und zu vergessen zugleich.
Ich bewegte mich nicht.
Dann erinnerte ich mich, dass Frau Tutleyv gesagt hatte, ich solle bei ihr sein. Wie sollte Cat merken, dass ich da war, wenn ich nichts tat?
Ich machte Musik an.
Cats Lieblingsmusik. Ob sie es überhaupt hörte?
Die Krankenschwester hatte vorhin irgendwas gesagt. Ich glaube, sie hatte gesagt, dass Cat aufwachen würde, dass es künstliches Koma sei. Oder vielleicht auch gar kein Koma, sondern irgendeine krasse Betäubung. Ich hatte nicht zugehört, jetzt bereute ich es.
Ich wollte Cat zeigen, dass sie nicht allein war, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich begann​ zu singen. Ich kannte beinahe alle Lieder in meiner Playlist auswendig und wo ich den Text nicht kannte, erfand ich einen.
Als die Krankenschwester mich ins Internat zurück schickte, hatte ich Kopfschmerzen und mein Stimme brach ständig weg.
An den Weg zurück erinnerte ich mich im Nachhinein nicht mehr. Meinen Bus hatte ich verpasst, also lief ich, aber in mir war alles so leer und gefesselt, dass ich nichts wahrnahm. Ich setzte nur einen Fuß.vor den anderen, nochmal und nochmal, und irgendwann war ich da.
Vor dem Internat ließ ich mich ins Gras sinken, weil ich noch nicht hinein wollte. Hier draußen war ich meistens alleine gewesen, drinnen erinnerte mich alles an Cat.
Fellball schlich an mich heran und setzte sich auf meinen Schoß. Ich schob ihr die letzten Leckerlis aus meiner Tasche zu und streichelte sie stumm. Ihr schnurren füllte die Stille um uns. Langsam wurde es dunkler und kälter, aber ich war wie erstarrt, nur meine Hand strich unaufhörlich über das weiche Fell der Katze.
Die Sterne schienen hell und klar und offenbarten eine Unendlichkeit, die ich gar nicht sehen wollte.
Die Internatstür ging auf und wieder zu und warf einen kurzen Lichtblitz über die Wiese.
Plötzlich stand Lucas vor mir und sah mich an mit diesem ätzenden, herablassenden Blick und ich wollte ihn anschreien, dass er sich verpissen und mich gefälligst in Ruhe lassen sollte. Aber stattdessen brach ich endlich in Tränen aus.
Lucas starrte mich entsetzt an, wie ein Junge eben ein Mädchen anstarrt, das plötzlich zu weinen anfängt und der keine Ahnung hat, was er tun soll.

Just another BadboyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt