Kapitel 25 - Stalker

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Nachdem ich am Abend zuvor zu meinem Entsetzen hatte feststellen müssen, dass Andrews Schlafzimmer nur wenige Meter entfernt von meinem, nämlich gegenüber von Rogers Arbeitszimmer, liegt, habe ich in dieser Nacht nur schlecht geschlafen. Trotzdem werde ich jäh geweckt, als ich einen spitzen Schrei aus dem Garten unter meinem Balkon höre. Ich schlage die Augen auf und sehe mich verwirrt um. Inzwischen ist es hell und einzelne Sonnenstrahlen spicken durch den dicken dunklen Vorhang, den ich, trotz meines lädierten Zustands gestern Abend geistesgegenwärtig vor die Balkontür gezogen hatte. Sie steht einen Spalt offen, so dass ich die Geräusche von Draußen klar und deutlich hören kann.

Verschlafen krame ich mein Smartphone aus der Clutch, die ich unachtsam auf den Boden neben mein Bett geworfen hatte, und schalte es ein. Es ist fast Mittag und ich fasse mir seufzend an den Kopf. Mein Schädel dröhnt und ich verfluche mich für die letzten zwei Gläser Champagner, die ich mit Nikki, Richard und Roger getrunken hatte, nachdem die restlichen Gäste nach Hause gegangen waren. Alle, bis auf Andrew. Er hatte, zu unser aller Überraschung angekündigt, dass er noch bleiben würde, und hatte sein altes Schlafzimmer wieder in Beschlsg genommen. Die Erinnerung trifft mich wie ein Schlag in die Magengrube und ich krümme mich stöhnend zusammen. Oh Gott. Das kann doch nicht wahr sein... Noch mindestens einen Tag - wenn nicht noch mehr - mit Andrew in einem Bundesstaat! Meine Nerven liegen jetzt schon blank und ich frage mich, wie ich die nächste Zeit überstehen soll.

Ein weiterer Schrei gefolgt von hysterischem Kichern und einem lauten Platschen lässt meinen kopfschmerzgeplagten Körper zusammenfahren. Ich brauche unbedingt ein Glas Wasser und eine Schmerztablette.

Nachdem ich es endlich geschafft habe, mich aus dem Bett zu quälen humple ich quer durch den Raum direkt in das angrenzende Bad, nehme den Becher, in dem meine Zahnbürste steht, und fülle ihn bis zum Rand mit Wasser. Gierig trinke ich den kompletten Inhalt in einigen großen Schlucken und fülle ihn gleich ein zweites Mal. Nach einem Blick in den Spiegel beschließe ich, dass nun definitiv Zeit für eine Dusche ist und ziehe mich aus.

Während das heiße Wasser auf meinen Rücken prasselt, taucht immer wieder Andrew vor meinem inneren Auge auf. Ich zwinge mich nach Leibeskräften nicht an ihn zu denken, doch mein verräterischer Geist verhöhnt mich mit strahlenden blauen Augen und pechschwarzen, seidigen Haaren. Meine Gedanken kreisen unaufhörlich um sein sexy Lächeln und die zarte Haut in seiner Halsbeuge. Ich sehne mich danach, den würzigen Geruch seiner Lederjacke, gepaart mit seinem anziehenden maskulinen Duft einzuatmen. Ich beiße mir fest auf die Lippe und bringe meinen Geist mit einem unwirschen Kopfschütteln zum Schweigen. Reiß dich zusammen, Ella!

Seufzend drehe ich das Wasser ab und wickle meinen Körper in ein großes weißes Handtuch. Der heiße Wasserdampf hat den großen Spiegel über dem Waschbecken beschlagen lassen und ich strecke eine Hand aus, um den Dunst von der Scheibe zu wischen. Darunter erscheint eine Ella, die mir wenigstens entfernt ähnelt und glücklicherweise nicht ganz so furchtbar aussieht, wie ich mich fühle.

Um die Nachwehen der gestrigen Nacht zu vertreiben, creme ich mich mit duftender Bodylotion ein und putze mir anschließend gründlich die Zähne. Ich beschließe meine Haare heute an der Luft trocknen zu lassen und gehe wieder in mein Zimmer, um mich anzuziehen.

Während ich die Träger eines weißen Sommerkleids über meine Schultern ziehe, höre ich Rachel und Phil im Garten lachen. Dann war es wohl auch sie, die mich mit ihrem spitzen Schrei aus dem Schlaf gerissen hatte. Allem Anschein nach, haben die beiden großen Spaß dabei, sich gegenseitig in den Pool zu schubsen.

Ich schüttle schmunzelnd den Kopf und will grade in ein paar flache Sandalen schlüpfen, als eine tiefe männliche Stimme meinen Körper erstarren lässt. Gänsehaut zieht sich über meinen Körper und mein Rückgrat fängt an zu kribbeln. Das war, ganz unverkennbar, Andrews Stimme. Er muss zusammen mit Rachel und Phil im Garten sein. Wie in Zeitlupe drehe ich mich um und tappe barfuß zur Balkontür. So lautlos wie möglich, schiebe ich sie ein paar Zentimeter weiter auf und drücke mich hindurch.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt