Kapitel 4 - Erleichterung

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Ich werde jäh aus meinen Gedanken gerissen, als Roger sich abrupt zurück zieht und mir liebevoll über den Kopf streichelt.

„Erzähl mir von dem Job, liebe Ella. Es interessiert mich wirklich, wie du deine Tage verbracht hast, bevor wir uns kennen gelernt haben."

Ich starre mit verschwommenem Blick auf seine feucht glänzenden Lippen und knete nervös meine Fäuste, die versteckt unter dem dünnen Stoff meiner Kleidung, auf meinem Schoß liegen. Habe ich etwas falsch gemacht? Auch wenn ich über seine Zurückweisung insgeheim froh bin, frage ich mich im gleichen Moment panisch, ob Roger mich überhaupt so anziehend findet, wie ich dachte. Überlegt er etwa schon, mit welchem anderen Mädchen er mich ersetzen könnte? Ich brauche das Geld, dass ich durch ihn bekomme wirklich dringend. Und außerdem bin ich, trotz all der Umstände, immer noch eine Frau und kann mit seiner Zurückweisung genauso schlecht umgehen, wie mit der von jedem anderen Mann.

Ich fange mich grade noch rechtzeitig, um die Situation nicht noch peinlicher werden zu lassen und räuspere mich schnell.

„Äh naja, ich habe hauptsächlich im Büro gesessen und Papierkram für meinen Chef erledigt. Telefonate und E-Mails weitergeleitet und sowas.", meine Stimme zittert ein bisschen, doch ich atme ein paar Mal tief durch und beruhige mich schnell wieder.

Roger bemerkt meine Befangenheit und lächelt mich aufmunternd an: „Na das ist doch schon mal etwas. Und den Rest besprechen wir morgen. Lass uns schlafen gehen, liebe Ella."

Ich nicke und bringe ein Lächeln zustande, während ich von seinem Schoß klettere und meine müden Glieder strecke. Es ist frisch geworden und ich habe gar nicht bemerkt, dass die Musik irgendwann ausgegangen sein muss. Wir lassen die Gläser und Flasche auf der Terrasse stehen und gehen nach Drinnen. Obwohl Lou schon längst gegangen sein muss lassen wir die Lichter aus und schleichen im Halbdunkel die Treppe hoch.

Oben angekommen, bleibe ich unschlüssig vor Roger stehen: „Ähm, ja... Dann gute Nacht."

„Gute Nacht, Ella-Schatz."

Ich beuge mich vor, drücke einen Kuss auf seine Wange und wende mich nach rechts, um über den Flur in mein Zimmer zu gelangen. Dort angekommen, lasse ich mich auf mein Bett sinken und atme zittrig aus. Der Alkohol rauscht immer noch durch meinen Kopf und macht meine Gedanken träge. Unzufrieden lasse ich mich nach hinten fallen und massiere meine Schläfen mit meinen angenehm kühlen Fingerspitzen. Der Abend hat so jäh geendet und ich kann Rogers Zurückweisung immer noch nicht so ganz verkraften. Ob auch ihm der Altersunterschied bitter aufstößt? Ich hoffe es wirklich nicht und frage mich, ob auch er grade in seinen Gedanken gefangen ist. Ich bin so unruhig (und immer noch betrunken), dass ich wahrscheinlich noch die halbe Nacht wach sein werde. Deshalb schüttle ich unwirsch den Kopf und stehe schließlich auf. Seine Abweisung ärgert mich wirklich mehr als ich zugeben möchte und mein verletzter Stolz brodelt inzwischen erhitzt durch meine Gedanken. Ich packe die Schnüre der Korsage und zerre sie auf, um sie zusammen mit dem Slip unachtsam auf den Boden fallen zu lassen. Danach gehe ich, nur mit dem leichten Morgenmantel bekleidet ins Bad, in das ich direkt durch mein Zimmer gelange, um mir die Zähne zu putzen, damit ich den unangenehmen Geschmack auf meiner Zunge loswerde. Mit der Zahnbürste im Mund betrachte ich mich im Spiegel. Aus dem Knoten in meinem Nacken haben sich einige blonde Strähnen gelöst und umrahmen verspielt mein leicht gerötetes Gesicht. Der graue seidene Stoff umfließt meinen Körper, klafft vorne auseinander und gibt den Blick auf die gebräunte Haut auf meines flachen Bauchs frei. Ich fühle mich nicht hässlich, natürlich strotze ich nicht so vor Selbstbewusstsein wie Nikki, doch ich bin mit mir durchaus zufrieden - und Roger sollte das auch sein. In meinen betrunkenen Gedanken fügt sich plötzlich alles zu einem passenden Bild zusammen und ich spüle mir schnell den Mund aus, trage einen schimmernden Lippenpflegestift auf und sprühe einen Hauch von dem Parfüm, das Roger mir geschenkt hat, auf meine Handgelenke.

Fest entschlossenen meine Position an Rogers Seite zu behaupten, husche ich lautlos über den dunklen Flur zu seinem Schlafzimmer, atme tief durch, um meine zitternden Nerven zu beruhigen, und öffne langsam die Tür. Er sitzt gemütlich an die vielen Kissen gelehnt im Bett und tippt auf seinem Smartphone. Wahrscheinlich verschickt er E-Mails an interessierte Käufer seiner Luxuswagen und Yachten, oder bespricht sich mit Geschäftspartnern. Abgesehen von dem hellen Display ist es dunkel im Zimmer und ich bin froh, dass er nicht sofort sieht, dass ich quasi nackt bin.

Roger blickt überrascht auf: „Ella? Was machst du hier?"

„Ich kann noch nicht schlafen.", antworte ich wahrheitsgemäß und gehe langsam auf sein Bett zu. „Darf ich?"

„Aber sicher.", er legt das Handy zur Seite und rutscht etwas tiefer in die Kissen. Schnell schlüpfe ich unter die Bettdecke und drücke meinen Körper an seine Seite. Die Laken, die Kissen, alles hier riecht nach ihm und fühle mich gleichzeitig seltsam unbeschwert und besorgt. Mein Herz zittert aufgeregt in meiner Brust und ich hoffe, das was jetzt kommt, schnell hinter mich bringen zu können. Ich suche in der Dunkelheit nach seiner Hand und lege sie auf meine nackte Brust. Sie ist warm und er orientiert sich tastend auf meinem Körper.

Als er mit dem Finger zufällig über meine harte Brustwarze streichelt, erstarrt er neben mir, zieht seine Hand weg und räuspert sich leise: „Ach Ella, du bist so jung und so wunderschön, dass es beinahe wehtut dich anzusehen. Aber du musst das nicht machen. Das ist es gar nicht, was ich von dir will. Ich möchte einfach nur deine Gesellschaft genießen und mit dir Lachen und dich verwöhnen. Es reicht mir vollkommen aus, wenn ich weiß, dass du für mich da bist und ich mich auf dich verlassen kann. Okay?"

Ich stoße die Luft aus, die ich, seit ich zu ihm ins Bett geklettert war, angehalten hatte und flüstere einfach nur: „Okay." Eine riesige Welle der Dankbarkeit und Zuneigung für Roger durchflutet mich bis in die Fingerspitzen und ich fühle wortwörtlich, wie mir ein Stein vom Herzen fällt. Ich muss aufpassen, dass ich vor Erleichterung nicht laut aufschluchze und so flüstere ich einfach nur noch einmal „Okay...", kuschle mich an ihn schließe die Augen.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt