Nachdem ich von Nikkis Fahrer vor der Zufahrt zu Rogers Anwesen abgesetzt wurde, erscheint sofort Jackson, einer der Angestellten, am Tor und nimmt mir die Einkaufstaschen ab. Rogers Villa liegt etwa 10 Meilen vom Santa Monica Pier, wo auch der Pacific Park ist, entfernt. Wir wohnen am Rand von Beverly Hills, dort, wo nur noch wenige Villen stehen und man rund um die Häuser riesige Grundstücke mit eigenen Pools, Palmen und Gärtnern hat. Das Anwesen ist einfach sagenhaft und zumindest in meinen Augen, unfassbar groß, von außen ganz weiß mit vielen großen Panoramafenstern, von denen aus man einen tollen Überblick über das gesamte Grundstück hat. Palmen und Büsche mit vielen kleinen saftig grünen Blättern säumen das Gelände und verstecken so das Hauptgebäude vor neugieren Blicken der Passanten auf der Straße. Auf Rogers Grundstück stehen mehr als ein Dutzend Luxuswagen und glänzen in der strahlenden Sonne um die Wette. Nicht alle (wobei ich mir nie sicher bin welche) gehören auch wirklich ihm, mehr als die Hälfte der schicken Cabrios, Limousinen und Geländewagen sind schön längst an Rogers Kunden verkauft und warten nur noch darauf, von ihren neuen Besitzern abgeholt zu werden.
Ich laufe neben Jackson den Kiesweg entlang, der zu beiden Seiten von großen Rasenflächen gesäumt wird und lasse mich unauffällig etwas zurück fallen. Obwohl ich schon seit knapp einem Monat hier lebe, habe ich mich immer noch nicht an diesen Anblick gewöhnt. Zu Beginn unserer Beziehung hatten wir uns häufig in Seattle getroffen und in edlen Restaurants gegessen oder in riesigen, teuren Hotels die Wochenenden verbracht. Schon damals war meinen Freunden und Bekannten immer wieder aufgefallen, dass ich auffällig oft neue und vor allem sehr teure Kleidung und Accessoires trug. Ich hatte die Aufmerksamkeiten und Geschenke von Roger wirklich sehr genossen, noch mehr aber das Geld, dass er mir zur Überbrückung bis zu unserem nächsten Date in die Hand drückte und das ich komplett in Moms Krankenhausrechnungen investierte.
Der Kies knirscht unter meinen Schuhen und meine Absätze wackeln gefährlich auf den kleinen Steinchen, doch nach mehreren Monaten, die ich praktisch nur auf High Heels verbracht habe, meistere ich den Weg souverän und schließe sogar kurz die Augen, um genießerisch den Kopf in den Nacken zu legen und in der Stille des Gartens tief ein- und auszuatmen. Das üppige Grün, welches mich umgibt beruhigt mich nach diesem hektischen und heißen Tag in Downtown. Am liebsten verbringe ich meine Zeit im Garten hinter dem Haus, der abgesehen von einem Pool auch eine tolle Terrasse und endlos viele Bäume, Sträucher und Blumen zu bieten hat.
Jackson nickt knapp: „Miss.", und führt mich dann die Treppen zur Haustür hoch. Jackson ist Rogers Assistent und Sicherheitsmann. Er trägt einen maßgeschneiderten Anzug und dazu eine dunkelblaue Krawatte, die seine hellen Augen zum Leuchten bringt. Die rotblonden Haare trägt er Millimeter kurz, dazu einen schwarzen Knopf im Ohr, über den er wohl Anweisungen von anderen Angestellten oder Roger empfängt. Obwohl ich ihn nun schon seit einiger Zeit kenne, habe ich mit Jackson nicht mehr als ein paar Worte gewechselt und grüble immer noch darüber nach, ob er nur einfach nicht weiß, was er mit mir besprechen soll, oder mich schlichtweg nicht mag. Seine Antworten sind stets einsilbig und sein Gesicht eine Maske aus starrer Professionalität.
Wir betreten das Haus und Jackson wendet sich sofort nach oben, wo die Schlafzimmer und eines der großen Bäder liegen um meine Einkaufstüten, in denen sich auch mein neues Kleid befindet, abzustellen. Ich laufe durch die hochmoderne Küche, auf deren auf Hochglanz polierten, schwarzen Oberflächen ich jedes Mal mit schlechten Gewissen Fingerabdrücke hinterlasse, auch wenn ich nur den Kühlschrank öffnen möchte. In der Mitte der Küche steht eine große Kücheninsel, auf der ich seufzend meine Michael Kors Handtasche abstelle. Am liebsten würde ich sofort die Schuhe von meinen schmerzenden Füßen treten und mich auf die teure Ledercouch im Wohnbereich fallen lassen, um die Zehen in den flauschigen, weißen Flokati zu graben, doch Nikkis Worte von heute Mittag schweben immer noch wie eine Guillotine über mir und so stakse ich, auf der Suche nach Roger, auf klappernden Absätzen über die teuren Marmorböden. Ich finde ihn auf der Terrasse, er sitzt, mir den Rücken zugedreht und den Blick auf den Pool und den weitläufigen Garten dahinter gerichtet, in einem Korbsessel und schwenkt ein Glas Whisky in der Hand. Obwohl er mich gehört haben muss, bleibt sein Blick weiter in die Ferne gerichtet und er rührt sich nicht. Auch ich bleibe stehen und betrachte ihn von der Terrassentür aus eindringlich. Das ergraute Haar, das er sich ordentlich nach hinten gekämmt hat löst sich langsam wieder in die leichten Wellen, in denen es normalerweise fällt; seinen exquisiten Anzug hat er leicht geöffnet und die Krawatte etwas gelockert, so dass er um einige Jahre jünger wirkt, als er tatsächlich ist. Man kann nicht bestreiten das Roger Jefferson ein sehr attraktiver Mann ist. Was man allerdings ebenso wenig bestreiten kann ist, dass ich mit meinen dreiundzwanzig Jahren viel zu jung für einen Mann bin, der mehr als doppelt so alt ist wie ich. Mit seinen neunundfünfzig Jahren ist Roger sogar älter als mein Vater.
Ich hebe die Hand und klopfe leise an den Türrahmen: „Ich bin wieder da." Das Wort Zuhause bringe ich angesichts dieser prunkvollen Villa noch nicht über die Lippen.
Roger dreht sich zu mir um, die Fältchen um seine verschmitzten dunklen Augen vertiefen sich, als er mich anlächelt: „Hast du etwas Schönes gefunden, Ella-Schatz?" Ich trete verlegen von einem Fuß auf den anderen und deute nach oben, wo sich die vielen Tüten in meinem Schlafzimmer stapeln. Roger lässt ein leises Lachen hören und winkt mich zu sich. Eilig tappe ich über die Steinfliesen auf ihn zu und ergreife seine ausgestreckte Hand. Sie ist viel größer als meine eigene und wärmt meine kalten Finger.
„Ich habe auch etwas für dich besorgt, es liegt in deinem Schlafzimmer auf dem Bett."
„Oh...", ich bin überrascht, dass er sich die Mühe gemacht hat, etwas für mich auszusuchen, obwohl ich ohnehin schon den ganzen Tag sein Geld ausgegeben habe.
„Was ist es denn?", frage ich und vergesse vor lauter Neugier, mich zu bedanken. Roger scheint es entweder nicht bemerkt zu haben, oder es stört ihn nicht sonderlich. Er lächelt nur und deutet ein Schulterzucken an: „Das musst du schon selbst herausfinden."
Nachdem er meine Hand wieder frei gibt und mir aufmunternd zunickt, verstehe ich den Wink mit dem Zaunpfahl und mache mich eilig auf den Weg in mein Zimmer.
„Möchtest du auch Weißwein?", ruft er mir nach. Ich drehe mich um und nicke mit erhobenem Daumen, in Gedanken bei Nikki, die nur ein paar Hundert Meter weiter, wahrscheinlich auch grade an einem Weinglas nippt.
In meinem Zimmer angekommen, finde ich eine große, flache Schachtel auf dem Bett. Sie ist weiß und sieht aus, als würde sie aus einem sehr exklusiven Geschäft stammen. Ehrfürchtig nehme ich den Deckel ab und schlage das Seidenpapier auseinander. Innen finde ich eine hellgraue Korsage mit passendem Slip und einen Hauch von einem Morgenmantel. Ich schlucke hart und versuche die aufkeimende Panik zu unterdrücken. Ist vielleicht heute der Tag der Tage gekommen? Ist das Rogers Art mir zu sagen, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen ist, einen Schritt weiter zu gehen? Nun wo wir seit Kurzem tatsächlich zusammen wohnen, erscheint sogar mir der Zeitpunkt plausibel. Die Zeit ist reif und als normales Paar, wären wir wohl schon das ein oder andere Mal im Bett gelandet. Bis jetzt waren wir über keusche Küsse und Streicheleinheiten nie hinaus gekommen, wofür ich sehr dankbar bin. Wieder kommen mit Nikkis Worte in den Sinn, darüber, dass ich austauschbar bin und wie viele Frauen sich darum reißen würden, meinen Platz einzunehmen. Dann muss ich an meine Mom und meinen Dad denken und daran, wie gut ihr die neue Therapie bekommt und wie sehr sie ihre Schmerzen lindert. Kurz entschlossen greife ich mit zittrigen Fingern nach den Dessous und ziehe sie an.
Als ich fertig bin, betrachte ich mich in der Spiegelfront meines Kleiderschranks. Die Unterwäsche passt perfekt, die Korsage hebt meine Brüste verführerisch an, und zaubert eine wunderbar schlanke Taille. Meine langen Haare habe ich zu einem losen Knoten im Nacken verschlungen und der seidene Morgenmantel umspielt meine nackten Oberschenkel. Ich beschließe Barfuß zu bleiben, da es draußen noch sehr warm ist, außerdem brauche meine Füße nach einem ganzen Tag auf hohen Absätzen wirklich eine Pause. Langsam lasse ich mich auf mein riesiges Bett sinken, das, so wie ich es mag, mit weißer Bettwäsche bezogen ist. Der Rest von meinem Zimmer ist wundervoll eingerichtet und ich habe seit meiner Ankunft nur wenig verändert. Die Wände sind grau, die restlichen Möbel aus weißem Holz gefertigt und der flauschige Teppich zu meinen Füßen passt exakt zur Wandfarbe. Ich seufze noch einmal, gebe mir aber schließlich einen Ruck, ignoriere das Brennen in meinem Magen und mache mich auf den Weg nach Draußen.
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Sugarlove - Verborgene Leidenschaft
Romance1. Teil der Geschichte von Ella und Andrew ***** Ella lebt mit ihrem Freund und Sugardaddy Roger in Beverly Hills. Nach einigen Turbulenzen scheint ihr Leben endlich wieder in geordneten Bahnen zu verlaufen - doch der Schein trügt. Als Rogers Sohn A...