Kapitel 24 - Blondie

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Wir kommen an einer großen, festlich gedeckten Tafel an. Drei Kellner räumen schnell einige Metallschildchen, auf denen in geschwungenen Buchstaben das Wort Reserviert steht, ab und rücken unsere Stühle zurecht, so dass wir uns bequem setzen können.

Zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass Andrew schon wieder direkt gegenüber von mir sitzt. Rechts von ihm hat Jackson Platz genommen, auf seiner anderen Seite sitzt Richard.

Andrew, dem mein Zustand keineswegs entgangen ist, grinst mich an, wobei er seinen linken Mundwinkel ein Stückchen höher zieht, als den rechten. Ich erleide beinahe einen Blutsturz und kralle mich unter dem Tisch an Rachels Bein, die sich vorsorglich neben mich gesetzt hat.

„Na, Blondie. Alles okay bei dir?"

Blondie? Blondie!?

„Ähm... äh... j-ja.", stammle ich und versuche vergeblich meinen Blick auf etwas anderes, als seine Augen zu richten. Er sieht mich an und ich fühle mich wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Unfähig mich zu bewegen. Unfähig zu denken.

„Ihr geht es gut.", springt Rachel für mich ein und starrt Andrew böse an.

Neben mir beugt sich Roger besorgt vor streicht mir sanft mit dem Handrücken über die Stirn: „Ist wirklich alles okay?"

Ich reiße mich aus Andrews Bann los und antworte: „Ja, alles okay. Ich habe heute nur noch nichts gegessen." Das stimmt sogar und ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, warum der Boden unter meinen Füßen inzwischen gefährlich schwankt.

„Oh, aber gleich gibt es etwas. Soll ich für dich bestellen?", fragt er, immer noch in besorgtem Tonfall.

Ich nicke dankbar und lächle ihn schief an: „Das wäre toll."

Hinter Roger sehe ich plötzlich Spencers Gesicht auftauchen, die sich nach vorne beugt, um mich besser sehen zu können: „Ella, erzählen Sie doch mal, wie Sie und Roger sich kennen gelernt haben."

Ich weiß, dass sie das fragt, um ein Gesprächsthema zu finden und die unangenehme Stille am Tisch zu lösen, doch damit schneidet sie leider unwissend das falsche Thema an.

Mein Mund klappt einige Male nutzlos auf und zu, während mein schummriger Geist versucht, sich eine passende Antwort zu Recht zu legen.

„Ach, das war auf einer Party in Seattle. Ich war geschäftlich unterwegs und Ella hat dort gearbeitet", bei diesen Worten sieht Roger Rachel und mich flehend an: „und so haben wir uns kennen gelernt. Ganz unspektakulär.", er lacht nervös und fährt sich durch die Haare.

„Ganz genau, wir haben dort gemeinsam gekellnert. Romantisch oder?", springt Rachel abermals für mich ein und wendet sich an Spencer.

Jeremy, der offensichtlich froh ist, dass sich die allgemeine Aufruhr um Andrews Ankunft allmählich zu legen scheint, lacht. Etwas zu laut und etwas zu überschwänglich, doch ich danke ihm im Geist eintausend Mal für seine Rettungsversuche.

„Ach, das ist ja wirklich eine romantische Geschichte. Das wäre ja fast filmreif!"

Ich nicke und lächle ihn an. Warum können nicht alle Männer so nett sein wie er? Ich frage mich zum wiederholten Mal an diesem Abend, warum er keine Frau, oder zumindest Freundin mitgebracht hat. Hätte ich ihn, unabhängig von all diesem Chaos kennen gelernt, hätte auch ich mein Glück bei ihm versucht.

Mein betrunkenes Ich hat die Worte ausgesprochen, bevor ich sie aufhalten kann: „Warum haben Sie Ihre Freundin nicht mitgebracht, Jeremy?"

Rachel neben mir stöhnt frustriert auf und lässt den Kopf in die Hände sinken.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt