Nachdem ich ein paar Mal tief ein- und ausgeatmet habe, husche ich über die Steinplatten auf Roger zu. Er sitzt noch genauso da, wie ich ihn zurück gelassen habe, nur mit dem Unterschied, dass jetzt zwei Weingläser und eine Flasche Chardonnay auf dem Tisch in der Mitte der Terrasse stehen.
Als er mich bemerkt, hellt sich seine Miene auf: „Na gefällt es dir?"
Ich verberge meine zitternden Finger in den Falten des Morgenmantels, lächle und drehe eine kleine Pirouette auf den Zehenspitzen.
„Gefällt es dir?", frage ich zurück und hoffe, dass es verspielt sexy klingt, und nicht wie eine verunsicherte Dreizehnjährige vor ihrem ersten Date.
„Natürlich. Komm her." Er breitet einladend die Arme aus und ich kletterte schnell auf seinen Schoß. Das ungute Gefühl in meiner Magengegend verstärkt sich noch, als Roger mit seinen großen rauen Händen meinen Nacken massiert. Ich ignoriere den aufkeimenden Fluchtinstinkt und lasse meinen Kopf gegen seine Schultern sinken.
„Wein und Musik?", fragt er nach eine kurzen Stille. Ich hebe den Kopf und nicke, während ich schon dabei bin aufzuspringen und nach drinnen zu laufen, um die Stereoanlage anzustellen. Ich liebe beinahe jede erdenkliche Art von Musik und kann mich von ihr trösten lassen, wenn es mir schlecht geht, Erinnerungen heraufbeschwören oder mich einfach in eine bestimmte Stimmung versetzen lassen. Die ersten Tage hier habe ich kaum Musik gehört, was einerseits an der komplizierten Anlage liegt, andererseits auch an den vielen neuen Eindrücken und Gefühlen, die stets zwischen Heimweh, Einsamkeit und Staunen gewechselt haben. Drinnen stoße ich fast mit Lou zusammen, die mit einem Korkenzieher aus der Küche kommt. Ich quieke erschrocken und versuche mit dem hauchdünnen Morgenmantel wenigstens das Nötigste zu verdecken.
Lou starrt mich mit großen Augen an, fängt sich aber wieder stammelt: „Oh Miss Ella, das tut mir leid. Ich wollte Sie nicht erschrecken!" Ihr griechischer Akzent verrät ihre Wurzeln sofort, auch wenn sie mit ihren braunen langen Harren und den mandelförmigen Katzenaugen nicht unbedingt meinen stereotypen Vorstellungen einer Griechin entspricht.
„Lou, ich habe dir doch schon oft gesagt, dass du mich einfach Ella nennen sollst.", ich lächle sie aufmunternd an und schiebe mich langsam an ihr vorbei, um nicht noch mehr unfreiwillige Einblicke auf meinen halbnackten Körper zu bieten.
Doch Lou, schon wieder ganz die professionelle Angestellte, ignoriert meine Aufmachung, lächelt und wendet sich zur Terrassentür: „Natürlich, Miss Ella."
Ich schüttle grinsend den Kopf und nehme die Fernbedienung vom Regal. Lou ist nur wenige Jahre älter als ich und ist, neben Jackson, die einzige dauerhafte Angestellte von Roger. Während Jackson sich um Rogers und meine Sicherheit und die Organisation kümmert, ist Lou für den Haushalt verantwortlich. Sie kommt jeden Morgen in einem kleinen roten Fiat den Hügel bis zu Rogers Haus hochgefahren und verlässt es erst spät am Abend wieder. Sie macht die Betten, putzt, kocht und kümmert sich manchmal sogar um die Blumen draußen im Garten. Ich weiß, dass auch sie hier in Kalifornien ist, um ihrer Familie in Griechenland finanziell unter die Arme zu greifen. Nur, dass sie das auf eine moralisch nicht ganz so fragwürdige Weise macht wie ich. Manchmal frage ich mich, was sie und Jackson insgeheim von mir denken und ob sie wissen wo und wie ich Roger kennen gelernt habe.
Ich verwerfe den Gedanken schnell wieder, wähle mit der Fernbedienung eine Playlist mit langsamer Jazzmusik aus und gehe wieder hinaus auf die Terrasse. Die Beleuchtung im Pool ist an und überall im Garten schimmert sanftes Licht zwischen den Büschen und Sträuchern hervor. Die Nacht ist mild und die Luft riecht nach frisch gemähtem Rasen und auch ein bisschen nach Chlor. Es ist wirklich romantisch und ich fühle mich in meinem Outfit plötzlich stark und sexy. Wäre ich doch nur mit einem jüngeren Mann hier, oder könnte ich mich nur auf Roger so einlassen, wie Nikki sich auf Richard. Inzwischen hat er den Chardonnay eingeschenkt und bietet mir wieder den Platz auf seinem Schoß an. Ich kuschle mich an ihn und nehme mein Weinglas vom Tisch.
„Auf uns.", sagt er leise und stößt sein Glas gegen meines.
„Ja, auf uns.", murmle ich, während mein Magen vor Anspannung schon wieder zu rumoren anfängt und nehme drei große Schlucke, um meine Nerven zu beruhigen. Der kühle Weißwein hilft tatsächlich ein bisschen und ich lehne mich nach zwei weiteren Schlucken nach vorne und küsse Rogers Schläfe. Er gluckst behaglich und zieht mich mit seinen großen, warmen Händen näher zu sich, bis ich mit dem Kopf an seine Brust gelehnt dasitze. Die Musik dringt leise aus dem Haus und verliert sich anmutig in der Nacht. Um uns herum zirpen die Grillen ihren eigenen Takt und an meinem linken Ohr höre ich stetig und kraftvoll Rogers Herz schlagen. Ich fühle mich wohl in seinen Armen und gleichzeitig habe ich Angst vor dem, was die Nacht noch für mich bringen wird.
Nachdem wir einige Zeit aneinander gekuschelt dagesessen haben durchbreche ich unser Schweigen: „Roger?", frage ich in die angenehme Stille zwischen uns. „Wem von euch beiden habe ich eigentlich diesen aufschlussreichen Nachmittag mit Nikki zu verdanken?" Er lacht leise und drückt mich kurz. „Wir dachten einfach, es wäre schön, wenn ihr euch gut verstehen würdet. Ihr seid im gleichen Alter und hier oben wohnen wenig Leute, die das ganze Jahr über Zuhause sind."
„Aber du kennst doch Nikki, sie ist...", ich lasse den Satz unvollendet in der Luft schweben.
„Versuche es einfach mit ihr. Ich glaube sie ist sehr einsam, jetzt wo Richard mit seinem neuen Firmenprojekt beschäftigt ist."
Ich habe zwar keine Ahnung, um was es sich bei diesem neuen Firmenprojekt handelt, habe aber auch einfach zu wenig Interesse um nachzufragen.
„Na gut", seufze ich schließlich. „Ich werde es probieren."
Schon bald dreht sich unser Gespräch nicht mehr um Nikki und Richard, sondern auch um Musik, Essen, Urlaube und unsere Jobs. Wir haben den gleichen Sinn für Humor, lachen an denselben Stellen und verdrehen gleichzeitig die Augen und ich merke, dass ich unsere gemeinsame Zeit genieße. Das mag natürlich auch zum Teil am Alkohol liegen, aber ich bemerke nach und nach, wie sehr ich Roger wirklich mag.
„Erzähl mir mehr von deiner Arbeit.", fordert er mich auf, während er sein drittes Glas Wein leert. Ich winke lächelnd ab, greife zum Tisch und fülle unsere Gläser nach.
„Ach, das war kein interessanter Job. Ich glaube nicht, dass es dich interessieren würde."
„Mich interessiert alles aus deinem Leben, Ella.", er sieht mich mit seinen großen dunklen Augen an und an seinen geröteten Wangen kann ich erkennen, dass er ebenso angeheitert ist wie ich. Plötzlich habe ich einen Kloß im Hals, überspiele es aber, in dem ich ihn neckisch auf den Mund küsse. Seine Hand gleitet unter meinen Morgenrock und streicht träge meine Taille auf und ab. Rogers Lippen schmecken nach Chardonnay und sein Atem riecht nach Minze. Ein klammes Gefühl macht sich in meiner Brust breit und ich habe den leisen Verdacht, mir mein eigenes Unheil heraufzubeschwören in dem ich den Rücken durchdrücke und mich an in schmiege. Mein Herz klopft heftig in meiner Brust und der Wein rauscht durch meine Adern. Mir wird schwindelig, als ich meine Zungenspitze über Rogers Lippen gleiten lasse. Oh Gott, warum tue ich das bloß? Vielleicht hoffe ich, dass der Gedanke an Sex mit Roger seinen Schrecken verliert, sobald ich es einmal hinter mich gebracht habe? Oder bin ich einfach nur verrückt geworden?
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Sugarlove - Verborgene Leidenschaft
Storie d'amore1. Teil der Geschichte von Ella und Andrew ***** Ella lebt mit ihrem Freund und Sugardaddy Roger in Beverly Hills. Nach einigen Turbulenzen scheint ihr Leben endlich wieder in geordneten Bahnen zu verlaufen - doch der Schein trügt. Als Rogers Sohn A...