Kapitel 31 - Absturz

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Nachdem wir von Nikkis Fahrer vor einem riesigen Nachtclub direkt auf dem Hollywood Boulevard in Los Angeles abgesetzt wurden und den Club auch, Dank Andrew, direkt durch den V.I.P.-Eingang betreten durften, sitzen wir in einer abgetrennten Sitzecke und beobachten die langsam immer voller werdende Tanzfläche. Laute Bässe wummern in meinen Ohren und die elektronischen Beats der Musik, die aus riesigen Boxen direkt am DJ-Pult dröhnt, machen jede Unterhaltung unmöglich. Doch wenn ich ehrlich bin, bin ich froh darüber, denn meine Laune hat sich mit der Ankunft zweier leichtbekleideter Mädchen, die nun neben Andrew auf der Couch um seine Aufmerksamkeit buhlen, rapide verschlechtert. Eine der Frauen, eine große Brünette mit langen schlanken Beinen, trägt etwas, das nicht einmal ich von einem Negligé unterscheiden kann. Sie sitzt mit übereinander geschlagenen Beinen neben Andrew und hat eine Hand auf seine Brust gelegt. Ich starre missmutig in meinen Longdrink und überlege, wie ich schnellstmöglich aus dieser V.I.P.-Lounge und zu den restlichen Partygästen gelangen kann. Das einzige, was mir zumindest ein kleines bisschen Genugtuung verschafft, ist Andrews gelangweilter, fast schon genervter Blick, mit dem er immer wieder sein kleines Harem betrachtet.

Auch Nikki, die direkt neben mir sitzt, betrachtet das Treiben uns gegenüber mit skeptischem Blick und nippt immer wieder an ihrem Glas.

„Eigentlich dachte ich ja, er geht mit uns feiern – wenn du verstehst was ich meine.", brüllt sie mir über die Musik hinweg ins Ohr und ich lächle sie schwach an. Was hatte sie erwartet? Das außer uns, niemandem auffällt, wie begehrenswert Andrew ist? Der aktuelle Song endet und ich kneife die Augen zusammen, um Nikki in der plötzlichen Dunkelheit zu erkennen.

„Wir können ja trotzdem Spaß haben!", schreie ich gegen den Lärm des nächsten Stücks an und deute mit einer Handbewegung auf Philipp und Rachel, die trotz der lahmen Stimmung in unserer Sitzecke ausgelassenen tanzen.

„Da hast du Recht!", sie nickt mit ausgestrecktem Daumen, nimmt mich am Arm und zieht mich vom Sofa hoch.

Während sie mir das fast leere Glas aus der Hand nimmt, um es auf den Tisch zu stellen, erhasche ich einen Blick auf Rachel, die bemerkt, dass wir uns auf den Weg zur Tanzfläche machen und Phil dazu antreibt, uns zu folgen. Ich sehe zu Andrew hinunter, um ihm eine letzte Chance zu geben, sich uns anzuschließen, doch muss feststellen, dass das andere Mädchen, das inzwischen lasziv ihre nackten Beine über seinen Schoß gelegt hat, ihn daran hindert aufzustehen.

Gut, dann eben nicht.

Trotzig folge ich den anderen und werfe mich ins Getümmel.

Es ist heiß und um mich herum tanzen tausende verschwitzte Leiber im schnellen elektronischen Takt der Musik. Schon nach kurzer Zeit kleben auch mir feuchte Haarsträhnen auf der erhitzen Stirn und meine Füße schmerzen in den unbequemen Pumps, doch ich hüpfe ausgelassen weiter. Erst tanze ich mit Nikki, die ich aber nach kurzer Zeit aus den Augen verliere, später mit Rachel und Phil. Irgendwann kann ich die vielen Gesichter um mich herum nicht mehr unterscheiden und außerdem auch meine Freunde nicht mehr finden. Doch es ist mir egal. Ich schließe die Augen, reiße die Arme nach oben und juble ausgelassen. Ein fremdes Mädchen schlingt ihren dürren Arm um meine Hüfte und ich drücke sie überschwänglich an mich. Ich bin betrunken und von den schnellen Beats und den flackernden Lichtern fast ekstatisch. Ich vergesse Andrew und die heftige Eifersucht, die mich beim Anblick der fremden Frauen auf seinem Schoß, ergriffen hatte. Ich vergesse mit wem ich hier bin. Ich vergesse wer ich bin. Anstelle von Blut, rauscht Adrenalin durch meine Adern, der Bass pulsiert in meinem Körper und schon bald bin ich eins mit der ausgelassen feiernden Menge.

Plötzlich spüre ich, wie sich zwei große Hände um meine Taille legen, drehe mich nach hinten um und sehe in zwei fremde Augen, die zu einem hübschen Mann mit kurzen braunen Haaren und einem netten Lächeln gehören. Das reicht meinem betrunkenen Ich fürs Erste und ich lasse zu, dass er seinen Körper fest an meinen Rücken presst. Von der Hitze, die von seinem Körper ausgeht, wird mir noch wärmer und ich will mich von ihm losmachen. Er versteht mich falsch, wirbelt meinen mich in seinen Armen herum und drückt sich noch fester an mich. Ich will nicht mehr tanzen. Ich habe Durst, bin müde und möchte meine Freunde wieder finden, doch der Fremde lässt mich nicht gehen. Hilfesuchend sehe ich mich um, doch niemand beachtet mich, oder sieht, in welcher Lage ich mich befinde.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt