Kapitel 36 - Explosion

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Neugierig beuge ich mich nach vorne und linse an ihr vorbei. Mir stockt der Atem. Wir stehen in einer schmalen, engen Gasse, die zu beiden Seiten von Häusern mit roten Backsteinmauern begrenzt wird. Immer wieder sind Nischen in die Wände eingelassen, in denen kleine Olivenbäume in hübschen Terrakottatöpfen stehen und rechts und links stehen an die Mauern gereiht kleine Sitzgrüppchen aus schwarzem Metall, dazwischen in regelmäßigen Abständen schwarze Heizstrahler, die auf kleinster Flamme angenehmes flackerndes Licht an die Wände werfen. Das Highlight ist jedoch unbestreitbar das Netz aus Lichterketten, das über unseren Köpfen zwischen den beiden Häusern aufgespannt ist und warmes Licht auf die gesamte Szenerie wirft.

„Das ist ja... das ist ja wie bei Susi und Strolch!", quiekt Rachel aufgeregt und strahlt mich mit leuchtenden Augen an.

Ich muss ihr Recht geben: Dieser Ort ist tatsächlich einer der romantischsten, die ich in meinem Leben je gesehen habe – das hätte ich Andrew gar nicht zugetraut.

„Setzt euch, bedanken könnt ihr euch später.", sagt Andrew und deutet auf einen der wenigen unbesetzten Tische, direkt neben einem Olivenbäumchen.

„Danke, Andrew. Es ist wirklich toll so einen Insider, wie dich dabei zu haben.", sagt Rachel lächelnd, nachdem wir uns um den viereckigen Metalltisch gesetzt haben.

Ich sitze, wie sollte es auch anders sein, direkt neben Andrew und beobachte seine Reaktion aus dem Augenwinkel. Er ist, im Gegensatz zu heute Morgen, überraschend gut gelaunt und ich frage mich, was er im Schilde führt.

Ein Kellner kommt an unseren Tisch, begrüßt uns mit einem freundlichen Nicken und teilt dann die Speisekarten aus. Ich bin überwältigt von der Auswahl an Bier, Whiskey, Sake, Cocktails und anderen Getränken und entscheide mich für einen Manhattan, während Andrew und Philipp Bier und Rachel ein Wasser bestellt.

„Wenn wir das nächste Mal nach Santa Monica kommen, werden wir dich dann auch sehen?", fragt Phil, der Andrew wirklich zu mögen scheint.

Doch dieser zuckt nur mit den Schultern und fährt sich durch die schwarzen Haare: „Keine Ahnung. Ich weiß nicht, ob ich noch einmal zurückkomme."

Ich zucke unmerklich zusammen und spüre wie sich mein Magen verkrampft. Wie kann er so etwas nur sagen? Es ist, als wäre ich vor nicht einmal vierundzwanzig Stunden mit einem völlig anderen Menschen zusammen gewesen.

„Hey Mann, musst du wissen.", sagt Phil, ganz der Coole, doch ich kann ihm ansehen, dass auch er verletzt ist.

Der Kellner kommt an unseren Tisch und verteilt die Getränke. Als er Andrew ein Glas zu seinem Bier reichen will, winkt dieser dankend ab und nimmt stattdessen nur die eiskalte Falsche vom Tablett.

Ich schlage die Beine übereinander und drehe mich auf meinem Stuhl so, dass ich ihn besser ansehen kann. Sein Blick ist nach wie vor verschlossen, die Hände zu Fäusten verkrampft, und doch sieht er so viel entspannter aus, als an seinem ersten Abend hier. Der flackernde Lichtschein des Heizstrahlers lässt seine seidigen Haare wie flüssiges Pech schimmern und seine Haut so sanft und weich erscheinen, dass ich am liebsten hineinbeißen würde. Die Schatten, die seine Wimpern auf seine Wangen werfen, scheinen im Licht zu tanzen und ich beobachte, wie er die dunkle Bierflasche an die Lippen legt und einige große Schlucke nimmt. Ich muss mich Zusammenreißen, nicht andächtig aufzuseufzen, als er sie wieder absetzt und sich über die Unterlippe leckt.

Ein energisches Räuspern reißt mich aus meiner Trance und mein Blick schnellt zu Rachel, die mich zu gleichen Teilen amüsiert und genervt beobachtet.

Ich verkneife mir ein kleines Schmunzeln und setze mein Martiniglas an die Lippen. Der Cocktail ist so stark und schmeckt so intensiv nach Whiskey und rotem Wermut, dass ich nach dem ersten Schluck angewidert das Gesicht verziehe.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt