Kapitel 29 - Camaro

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Ich lehne im Türrahmen zu Rachels und Phils Schlafzimmer und beobachte, wie die beiden ihre Taschen für unseren Ausflug zum Pier packen. Obwohl ich unglaublich müde bin und nach dem nächtlichen Streit mit Andrew von Kopfschmerzen geplagt werde, bin ich nicht mehr sauer auf ihn. Meine Wut ist, zusammen mit meinem Widerstand, verflogen. Ich seufze resigniert und zupfe an den Fransen meiner Jeansshorts, einem der wenigen Kleidungsstücke, die ich aus Seattle mitgebracht habe und auch hier immer noch trage. Während der wenigen Stunden Schlaf, die ich nach endlos langem Umherwälzen endlich noch gefunden hatte, habe ich mich dazu entschieden ihn einfach zu ignorieren und zu hoffen, dass er das gleiche mit mir macht. Ich kann verstehen, was und warum er es von mir hält – nüchtern betrachtet, würde ich dasselbe von mir denken.

„Okay, bin fast fertig. Wie kommen wir eigentlich zum Pier?", fragt Rachel, während sie eine Flasche Sonnencreme in ihrer Tasche verstaut.

Ich sehe gerade auf meine beigefarbene Louis Vuitton Tasche, die ich neben mir auf den Boden abgestellt habe, hinab und gehe im Geiste noch einmal die Dinge durch, die ich eingepackt habe: „Was?"

„Ich habe gefragt wer uns fährt? Hast du hier ein Auto?"

Ich zucke mit den Schultern. Ich weiß, dass Roger nicht möchte, dass ich eines der Autos aus dem Hof fahre, obwohl ich inzwischen weiß, wo er die Schlüssel aufbewahrt.

„Ich denke wir fragen Jackson, ob er uns fahren kann."

Phil gibt ein grunzendes Geräusch von sich: „Eure Hoheit hat also einen Chauffeur?"

„Halt die Klappe.", sage ich und strecke ihm die Zunge raus.

Er lacht, setzt sich seinen Rucksack auf und kommt zu mir an die Tür: „Also ich wäre startklar."

„Geht ihr schon mal vor, ich muss noch mal pinkeln. Muss ich dauernd, seit ich schwanger bin.", schnauft Rachel und hält Philipp ihre fertig gepackte Tasche hin, die zum Zerbersten vollgestopft ist mit Dingen, die sie für alle Eventualitäten ausstatten.

Er wirft sie sich lässig über die Schulter und greift nach der Türklinke: „Wir warten auf der Terrasse, Babe."

Als wir aus dem Gästehaus treten, trifft uns die warme schwüle Luft wie ein Föhn direkt ins Gesicht. Die Hitze scheint über dem Boden regelrecht zu flimmern und ich bereue meinen Vorschlag für diesen Ausflug jetzt schon. Trotz der kurzen Shorts und dem bauchfreien Bandeau-Top, das ich trage, fange ich augenblicklich an zu schwitzen.

„Wow, ist das heiß.", ächze ich und krame in der Handtasche nach meiner Sonnenbrille.

„Hey, schau mal, da ist Andrew!", sagt Phil, der sich mit der flachen Hand die Augen gegen das grelle Licht der Sonne abschattet und deutet mit einem Kopfnicken Richtung Terrasse.

Ich sehe auf und tatsächlich, in der Schiebetür lehnt Andrew und beobachtet, wie wir auf ihn zukommen.

„Oh Mann...", seufze ich leise und schaffe es endlich einen Bügel der Sonnenbrille zu fassen, an dem ich sie aus dem Chaos, das in meiner Tasche herrscht, ziehe.

Phil winkt jetzt freudig und beschleunigt seinen Schritt, um schneller über den Rasen zum Haus zu gelangen. Ich lasse mich ein paar Meter zurückfallen und versuche die gemischten Gefühle, die bei Andrews Anblick auf mich einprasseln, zu ordnen. Einerseits hüpft mir das Herz aufgeregt in der Brust auf und ab, andererseits bin ich angespannt, da ich eigentlich nicht vorhatte, ihm heute zu begegnen.

Als ich am Haus ankomme, sind die beiden Männer schon in ein Gespräch vertieft. Andrew würdigt mich keines Blickes und ich versuche es ihm gleichzutun, obwohl meine Haut in seiner Gegenwart wie elektrisch aufgeladen kribbelt. Ich blase mit eine verschwitze Haarsträhne aus der Stirn und sehe mich betont gelangweilt im Wohnzimmer um. Ohne Roger wirkt das Haus noch leerer und unpersönlicher, als es ohnehin schon ist und ich bemerke, dass ich ihn wirklich vermisse.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt