Kapitel 38 - Perfektion

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Da ich ihn nicht warten lassen und so seine gute Laune auf die Probe stellen möchte, schnappe ich mir schnell eine unauffällige Handtasche, die gut zu meinem Kleid passt und verstaue mein Smartphone, Sonnenbrille und meinen Geldbeutel drin, hänge sie mir über die Schulter und mache mich auf den Weg zu Andrew und seinem Camaro.

Wir schlendern gemeinsam die Third Street Promenade entlang und ich komme nicht umhin, die vielen teils neidischen, teils bewundernden Blicke der anderen Frauen zu bemerken, die sie mir und Andrew zuwerfen. Vielleicht machen wir den Anschein, ganz entspannt zu sein, wie ein Paar oder zumindest gute Freunde, doch innerlich stehe ich unter Storm. Ich spüre jede seiner Bewegungen, registriere seine Haltung und Mimik, immer darauf vorbereitet, dass seine Laune umschlägt und der Tag zu einem Desaster wird.

„Wo genau wohnst du in Atlantic City?", frage ich vorsichtig, um ein unverfängliches Gespräch zu beginnen.

Seine Antwort fällt, wie gewohnt, kurz aus: „Direkt am Boardwalk."

„Penthouse?", witzle ich und sehe ihn von der Seite an.

Sein Mundwinkel zuckt, als er meinen Blick erwidert: „Gut geraten, Blondie."

„Hör auf mich so zu nennen!", rufe ich und stoße ihm sanft meinen Ellenbogen in die Seite.

Seine gute Laune macht mich ebenso übermütig wie unsicher. Blitzschnell schnappt er meinen Arm und zwingt mich so dazu stehen zu bleiben.

„Wie soll ich dich sonst nennen?"

Es ist mir egal, dass wir den anderen Passanten mitten im Weg stehen und es ist mir auch egal, dass sich einige Touristen murrend ihren Weg um uns herum bahnen müssen. Alles was zählt ist Andrew, der mir sein berühmtes Lächeln schenkt und mich immer näher an sich heranzieht.

„Äh... wie wäre es einfach mit Ella?", krächze ich und befürchte, jeden Augenblick in Ohnmacht fallen zu müssen.

„Ach so.", seine Stimme ist nur noch ein leises Knurren, während sich sein Gesicht unerträglich langsam meinem nähert.

Statt etwas zu erwidern, kann ich nur noch keuchend und stoßweise Atmen und bringe grade noch so ein Nicken zustande. Die Luft zwischen uns ist elektrisch aufgeladen und scheint regelrecht zu knistern. Die Anziehung und Leidenschaft ist beinahe greifbar, ein kleiner Funken könnte uns explodieren lassen.

Genauso schnell, wie er mich gepackt hat, lässt er mich wieder los und tritt einen Schritt zurück, einen besorgten Ausdruck im Gesicht, den er schnell und gekonnt überspielt.

„Na gut, dann eben Ella."

Ich stehe verdattert da, während Andrew sich schon wieder in Bewegung setzt und unbeirrt weiter läuft. Ich fühle mich, wie ein Kind, dem man ein Geschenk überreicht und sofort entreißt, bevor das Papier überhaupt geöffnet werden kann.

Was für ein Spiel spielst du mit mir?

Als ich mich wieder einigermaßen sicher auf den Beinen fühle, haste ich los, um ihn einzuholen. In meinem Kopf überschlagen sich die Worte und tausende unausgesprochene Fragen brennen mir auf der Zunge, doch ich zwinge mich sie wieder hinunterzuschlucken. Nicht jetzt – nicht heute.

„Und Ella, was schwebt dir für den heutigen Tag vor?", grinst er frech, als ich ihn eingeholt habe, wieder ganz der Alte. Er weiß, dass ich in seinen Händen wehrlos bin, wie ein Fisch auf dem Trockenen. Meine Selbstbeherrschung hängt am seidenen Faden, und er hält die Zügel in der Hand. Ist das Alles hier für ihn ein Spiel?, frage ich mich, doch da mir nichts anderes übrig bleibt, beschließe ich mitzuspielen.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt