Kapitel 37 - Abschied

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Mit einem unguten Gefühl im Magen steige ich die Treppe hinunter. Ich bete, dass Andrew trotz oder gerade wegen unserem Kuss, seine Drohung Abzureisen nicht wahrgemacht hat und schon längt über alle Berge ist. Schon während ich, unentschlossen und in Unterwäsche, vor meinem Kleiderschrank gestanden hatte, hatte ich aus dem Garten die ersten Geräusche und Frühstücksdüfte wahrgenommen. Stuhlbeine hatten über die Steinfliesen gescharrt, Geschirr klapperte und es hatte angefangen verführerisch nach frischem Kaffee und Pancakes mit warmer Butter zu duften.

Ein letztes Mal überprüfe ich mein Aussehen in einem Spiegel am Treppenansatz, dann atme ich tief durch und betrete die Küche. Auf dem großen Kochfeld des Herdes stehen mehrere Pfannen und Töpfe, bei zweien von ihnen kann ich sogar auf den ersten Blick erkennen was Lou, die in ihrer üblichen Arbeitskleidung und mit Ofenhandschuhen bewaffnet auf eine Küchenuhr starrt, dort für uns zaubert. Es riecht nach angebratenem Speck und Omelette und mir läuft das Wasser im Mund zusammen.

„Guten Morgen.", sage ich und werfe einen Blick in die hinterste Pfanne in der Hash Browns vor sich hin brutzeln.

Lou winkt mir mit einem roten Backhandschuh zu: „Guten Morgen Miss Ella. Sobald die Eier fertig sind, können Sie anfangen mit essen. Gehen Sie ruhig schon mal raus. Ich glaube, Ihre Freunde warten schon."

Ich nicke nervös und zupfe die große Schleife an meinem Kleid zurecht. Es ist ein verspieltes, fast kindliches Bandeaukleid in hellen gelb- und beigetönen, das ich mir extra wegen seines unschuldigen Looks ausgesucht habe. Ich atme tief durch, jetzt werde ich also gleich erfahren, ob sich Andrew wirklich aus dem Staub gemacht hat, wie er es angekündigt hatte.

Die Keilabsätze meiner weißen Sandalen pochen zögerlich über den Wohnzimmerboden und halten dann vor der Terrassentür inne. Ich wage es kaum den Blick zu heben, um durch die Glasscheibe nach Draußen in den Garten zu sehen. Als ich mir schließlich doch ein Herz fasse und den Kopf hebe, spült eine riesige Welle der Erleichterung durch mich hindurch und ich lächle still in mich hinein. Mit dem Rücken zu mir sitzt Andrew am Tisch und unterhält sich mit Phil, der mich in genau diesem Moment bemerkt und mir freudig zuwinkt.

Ich lasse die Schiebetür zur Seite gleiten und mache einen Schritt auf die Terrasse, während sich Andrew auf seinem Stuhl umdreht, um zu sehen, wer da aus dem Haus kommt. Unsere Blicke treffen sich und mein ganzer Körper beginnt nervös zu kribbeln.

„Guten Morgen.", quieke ich mit wackliger Stimme und unterdrücke den starken Drang, mein Gesicht in den Händen zu verbergen, da ich einfach nicht weiß, wie ich auf ihn reagieren soll und auf keinen Fall möchte, dass dieser Morgen wie unser letzter endet.

Andrew nickt mir zu. Sein Blick ist freundlich und dennoch abwartend. Wahrscheinlich weiß er ebenso wenig wie ich, wie er mit dieser Situation umgehen soll.

Schnell überquere ich die Terrasse und setze mich auf einen freien Stuhl gegenüber von ihm.

Während ich die Beine übereinander schlage, sage ich beiläufig: „Du bist ja noch da."

Nachdem unser letztes Gespräch in einem solchen Desaster geendet hatte, versuche ich dieses Mal mit mehr Ruhe und Vorsicht an ihn heranzutreten. Mit seiner Haltung erinnert er mich an ein Raubtier, das abwartend aus der Deckung heraus die Situation beobachtet.

Ich nehme die Thermoskanne, die auf dem Tisch steht und schenke mir Kaffee ein, als wäre dieser Morgen so normal und selbstverständlich, wie jeder andere.

„Dir auch Guten Morgen, Blondie."

Ich sehe auf und will schon ein beleidigtes Gesicht ziehen, als ich das belustige Funkeln in seinen Augen sehe. Jetzt bemerke ich auch, dass in seiner Stimme ein Hauch von Wärme und nicht wie sonst Verächtlichkeit und Hohn liegen.

Sugarlove - Verborgene LeidenschaftWo Geschichten leben. Entdecke jetzt