Teil 1

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Teil 1

Wie die Welt von morgen aussieht, bestimmen wir durch die Entscheidungen von heute.
Meine gesamte Zukunft hat sich hauptsächlich wegen nur zwei Entscheidungen drastisch verändert.

Wütend, enttäuscht und traurig stampfe ich die Treppe rauf zu meinem Apartment. Kaum habe ich die Wohnung betreten, knalle ich die Tür hinter mir zu und lasse mich auf die Couch im Wohnzimmer fallen.
Heute war echt ein scheiss Tag gewesen.
Ich habe vor einigen Jahren, als Sekretärin bei einer ziemlich einflussreichen und berühmten Zeitung angefangen zu arbeiten.
Ich bin wirklich gut im planen und organisieren und genau deshalb bin ich vor zwei Jahren zur Assistentin der Geschäftsleitung befördert worden. In meiner Firma bedeutet das, dass ich die Verantwortung dafür trage, dass die Zeitung rechtzeitig und vollständig gedruckt werden kann. Mit meinen 24 Jahren bin ich also verhältnissmässig schon recht weit auf der Karriereleiter aufgestiegen.
Normalerweise klappt immer fast alles, doch heute haben es zwei Mitarbeiter geschafft, ihre Deadline zu verpassen, weshalb ich den ganzen Tag über gestresst in der Firma herumgerannt bin und versucht habe die Lücken, der fehlenden Artikel irgendwie aufzufüllen.
Das war aber noch lange nicht der Tiefpunkt des Tages gewesen.
Als ich nach der Arbeit beschlossen hatte, spontan bei meinem festen Freund Joey Meier vorbeizuschauen, fand ich ihn unter einer nackten Frau laut stöhnend vor.
Das wars dann mit unser zwei jährigen Beziehung.
Meine Laune ist dementsprechend richtig mies.
Kann man mir das verübeln?
Die stechenden Kopfschmerzen, die mich plagen, helfen auch nicht gerade, um meine Stimmung zu verbessern. Ich erhebe mich von der Couch und will gerade in mein Badezimmer gehen, um mir ein Aspirin gegen die Kopfschmerzen zu holen, als ich plötzlich eine menge Lärm vom Apartment gegenüber höre.
Der Krach hörte auch nach etwa zehn Minuten nicht auf, also beschliesse ich rüber zu gehen und meinen Nachbarn zu bitten, ein wenig ruhiger zu sein.
Das war meine erste grundlegende Entscheidung.
Genervt gehe ich aus meinem Apartment raus, um dann an der Tür vis-à-vis zu klopfen.
Kaum habe ich die Tür berührt schwingt sie auch schon auf.
Verwirrt blicke ich in einen leeren Gang.
Die Tür war wohl schon offen gewesen, aber wieso?
Vielleicht ist jemand hier eingebrochen und daher kommt der ganze Lärm.
Mutig schleiche ich den Flur entlang. Ich komme mir vor wie eine Spionin, als ich vorsichtig um die Ecke linse, von wo der Krach herzukommen scheint.
Was ich dort sehe, lässt mich vor Schock erstarren.
Alle Geräusche sind verstummt.
Mein Nachbar Stefan Pisani hat eine Pistole mit einem Schalldämpfer in der Hand und zielt damit immer noch auf den blutüberströmten, toten Mann, den er gerade erschossen hat.
Ein zweiter Typ, ebenfalls nicht mehr ganz lebendig, liegt neben dem gerade eben ermordeten. Um sie herum stehen noch drei andere Männer, die einfach nur emotionslos die Leichen auf dem Boden mustern.
Ich presse meine Hand auf meinen Mund, um meinen aufkommenden Schrei zu unterdrücken.
Hastig drehe ich mich um und laufe so leise wie nur möglich wieder aus der Wohnung heraus.
Verdammte scheisse, was ist da gerade passiert?
Ich atme ein paar Mal tief durch. Ich darf jetzt nicht die Nerven verlieren, immerhin befinde ich mich immer noch in der Wohnung eines Mörders!
Kaum habe ich den Ausgang erreicht, sprinte ich in meine Wohnung. Ich fahre mir mit den Händen durch die Haare und laufe nervös in meinem Gang hin und her.
Was soll ich bloss tun? Oh mein Gott, mein Nachbar ist ein Mörder! Ein verdammter Mörder! Ich muss ruhig bleiben und erstmal meine Gedanken wenigstens ein kleines bisschen zu ordnen. Ich muss irgendwas tun! Vor allem muss ich hier weg, wer weiss vielleicht hat mich Pisani oder einer der anderen Männer gesehen. Wenn das der Fall ist, werden sie bestimmt jede Sekunde hier aufkreuzen und mich zu ihrem nächsten Opfer machen. Hecktisch schnappe mir meinen Autoschlüssel und entscheide mich sofort zur Polizei zu gehen und den Vorfall zu melden.
Das war die zweite essentielle Entscheidung, die ich an diesem Abend traf und die zur Veränderung meiner Zukunft beitrug.
Immer noch unter Schock fahre ich viel zu schnell zur New Yorker Polizei und breche auf meinem Weg dort hin so einige Verkehrsvorschriften.
Kaum habe ich den Wagen parkiert, stürme ich auch schon aufgebracht in das Gebäude rein.
Ein schmächtiger kleiner Mann sitzt hinter der Rezeption am Empfang und sieht erschrocken von irgendwelchen Papieren auf, als ich so plötzlich das Polizeirevier betrete.
„Sie müssen mir helfen! Mein Nachbar, er hat gerade jemanden erschossen! Vielleicht waren es auch zwei oder ich weiss nicht... Gott mein Nachbar ist ein Psychopath und noch dazu ein Mörder! Ich habe gestern einem Mörder meinen Schraubenzieher ausgeliehen. Oh nein, nein, nein, nein... wer weiss, für was er den gebraucht hat, ich will mir gar nicht vorstellen..."
Der Polizist scheint durch mein viel zu schnelles Erläutern der Geschehnisse, ziemlich verwirrt zu sein. Er steht auf und kommt hinter der Rezeption hervor. „Beruhigen sie sich erstmal und erzählen sie nachher gleich mal in Ruhe, was genau passiert ist und wer Sie überhaupt sind." Unterbricht der Mann meinen Redeschwall, um sich ein wenig Klarheit zu verschaffen. Ich atme ein paar Mal tief ein und aus, bevor ich noch einmal neu anfange zu erzählen.
„Mein Name ist Sophia Lancaster, ich wohne in einem Apartment in New York etwa zehn Minuten von hier entfernt." Beginne ich, diesmal etwas langsamer.
Nachdem ich mich kurz vorgestellt habe, erzähle ich dem Beamten wie mein Nachbar jemanden umgebracht hat. Ich erzähe ihm von den anderen Männern und der zweiten Leiche.
Am Ende bittet mich der Polizist in einem anderen Raum kurz zu warten, um meine Aussage aufzunehmen. Währenddessen würden einige Männer zu Pisani fahren, um ihn festzunehmen.

Nevös rutsche ich auf dem Stuhl herum und warte auf jemanden, der meine Zeugenaussage aufnehmen soll.
Ich sitze in einem kleinen Raum, dessen Inneneinrichtung komplett in Weiss und Grau gehalten ist. Die Wände sind kahl bis auf eine Seite, wo ein längliches Fenster den Blick auf den Gang ermöglicht.
Die Tür öffnet sich und vor mir steht wahrscheinlich der best aussehendste Mann der Welt.
Er ist genau mein Typ, mit seinen tiefschwarzen Haaren, die nur einige Zentimeter lang sind und seinen, in einem schönen Grün leuchtenden, Augen. Zudem ist er auch noch sehr muskulös, so dass man seinen gut gebauten Körper sogar durch die Uniform sehen kann.
Als er mich mit seiner unglaublich schönen Stimme anspricht, wäre ich fast auf meinem Stuhl dahingeschmolzen.
„Guten Abend Mrs Lancester. Ich bin Detectiv Ian Johnson und ich arbeite fürs NYPD. Sind sie bereit, ihre Beobachtungen nochmals zu schildern?" Fragt er mich.
In meinen Gedanken plane ich schon meine Hochzeit mit Mr Perfect alias Ian Johnson, weshalb ich einen Moment brauche, um zu reagieren. Ich schüttle einmal meinen Kopf, damit darin wieder etwas Klarheit herrscht und erzähle noch einmal alles, was ich gesehen habe. Der sexy Detectiv macht sich dabei einige Aufzeichnungen und hört mir gespannt zu.
„Haben sie eine Ahnung, wer Stefan Pisani ist?" fragte mich Detectiv Johnson, sobald ich fertig mit sprechen bin.
„Nein nicht wirklich, wir hatten nie viel miteinander zu tun."
Er nickt kurz und schreibt etwas in seine Akten.
„Pisani ist wahrscheinlich einer der gefährlichsten und meist gesuchten Männer der Welt. Er ist der Anführer einer recht grossen Strassengang und kennt keine Skrupel." Sagt er, während er immer noch schreibt.
Ich erschaudere beim Gedanken, dass so ein Mann seit etwa einem halben Jahr neben mir wohnt.
Gerade will ich Ian fragen, ob sie Pisani denn nun endlich haben gefangen nehmen können, als ich kurz durch das Fenster auf den Gang hinaussehe.
Sofort erbleiche ich.
Wenn Blicke töten könnten, dann wäre ich jetzt mausetot. Stefan Pisani wird von zwei Detectivs am Fenster vorbei geführt, damit man ihn wahrscheinlich in irgendeine Zelle stecken kann.
Seine Augen sehen voller Hass zu mir und ich weiss, dass er mich gerade mehr als nur verflucht. Bestimmt überlegt er sich bereits die best möglichsten Methoden, um meinen Tod möglichst schmerzhaft zu gestallten.
Auch Ian sieht den Blick von Pisani und sagt daraufhin:„Weil dieser Mann, wie erwähnt, überaus gefährlich ist, wollen wir Sie im Zeugenschutzprogram aufnehmen."
Zeugenschutzprogram?
Das würde bedeuten, dass ich mein Leben hinschmeissen müsste und wieder bei Null anfange.
„Wieso sollte das nötig sein? Pisani ist ja jetzt bald hinter Gitter und dann ist wieder alles gut."
Er schüttelt leicht seinen Kopf und erklärt mir:„ So einfach ist das leider nicht. Stefan Pisani ist ein sehr mächtiger Mann und hat auch ziemlich viele treu ergebene Anhänger. Sie sind schuld an seiner Verhaftung und Sie sind die Kronzeugin bei seinem Prozess vor Gericht. Pisani wird ihnen, dank seiner Verbündeten, auch im Gefängnis noch schaden können."
Ich verstehe was er meint, aber ich will auf keinen Fall wieder ganz von Vorne anfangen.
Ich werde mein Leben doch nicht einfach aufgeben!
Es scheint, als ob Ian meine Gedanken gelesen hat, denn seine Mine wurde plötzlich richtig mitfühlend.
„Hey Sophia, ich darf dich doch duzen oder?" Ich nicke als Zustimmung und er spricht weiter. „Ich verstehe, dass es dir Angst macht, alles hinter dir zu lassen, was du kennst, aber wir versuchen dir wirklich nur zu helfen. Die Polizei ist dafür verantwortlich, das es dir gut geht und das du beschützt wirst. Das Zeugenschutzprogram ist die sicherste Methode, dass dir nichts passiert. Verstehst du?" Fragt er mich und legt dabei tröstend seine Hand auf meine, die auf dem Tisch liegt.
Ein Kribbeln durchfährt meinen Körper, als er mich berührt aber ich lasse mich nicht davon ablenken.
„Du weisst nicht, was ich alles durchmachen musste. Du hast keine Ahnung wie schwer es für mich war, bis hierhin zu kommen. Mein Leben ist momentan perfekt! Ich habe viele Freunde, habe einen guten Job bei dem ich mehr als genug verdiene. Ich habe eine schöne Wohnung und ich bin glücklich. Naja okay es ist nicht alles perfekt, ich habe mich gerade erst von meinem Freund getrennt, aber das wäre noch lange kein Grund alles wegzuwerfen. Ich will nicht ins Zeugenschutzprogram." Sage ich ihm ehrlich. Er nickt verstehen und steht auf, um mich raus zu begleiten, da jetzt alles erledigt ist. Offenbar hat er eingesehen, dass es momentan keinen Zweck hat, mit mir zu diskutieren.
Ich folge ihm durch die Gänge des Polizeireviers bis zum Ausgang.
„Gut dann darfst du jetzt gehen aber bitte denk noch einmal darüber nach." Fordert er mich nachdrücklich auf und ich meine so etwas wie Sorge in seinen Augen zu erkennen.
Ich nicke lediglich, verabschiede mich von ihm und verlasse das Gebäude.
Ich weiss, dass ich es mir sicherlich nicht noch einmal überlegen werde.

Wie findet ihr das erste Kapitel? Ich bin froh um jedes Feedback 😊

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