Story X - Dorf

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Diese Montagsstory kann man auch in der Kategorie besondere Geschichten abspeichern. Sie war nämlich die erste (und einzige) Montagsstory, die ich ursprünglich auf Englisch geschrieben hab, um sie dann für die Veröffentlichung auf Deutsch zu übersetzen. Sie entstand zu einem Zeitpunkt, als ich grade H.P. Lovecrafts Horrorgeschichten für mich entdeckt hatte, was man sehr deutlich merkt, da ich versucht habe eine lovecraftsche Rahmenhandlung auf meine ganz eigene Art zu erzählen, wobei ich leider nicht einmal in die Nähe des großen Vorbilds komme.


Im Süden, an der Westküste Amerikas, da lag ein kleines Dorf.

Die Leute, die in den benachbarten Städten und Dörfern wohnten, sagten, es sei verflucht und wagten sich niemals zu nah heran.

Wahrscheinlich waren es gerade diese Gerüchte, die mich letztendlich dazu gebracht haben, es zu aufzusuchen. Sie hatten eine gewisse... Neugierde in mir geweckt, und ich konnte mir keine größere Freude vorstellen, als sie endlich zu befriedigen.

Hätte ich gewusst, was mich in diesem Dorf erwartete, ich wette, sie wäre sofort gänzlich verflogen. Es war zweifelsohne die schrecklichste Erfahrung meines ganzen Lebens.

Aber lass es mich dir von Anfang an erzählen. Mein Name ist James Mortimer und ich habe fast mein ganzes Leben lang nur in San Francisco gelebt und die Stadt als Kind höchstens in den Ferien verlassen.

Aufgrund dessen war alles, was außerhalb von San Francisco passierte, schon immer ein einziges großes, fremdes und exotisches Abenteuer für mich gewesen. Ich weiß, dass es komisch klingen muss, dass es heutzutage überhaupt noch möglich ist, so zu leben, aber... naja... das war es!

Sogar die Geschichten, die mir meine Großmutter über New York, wo sie lebte, erzählte, klangen in meinen Ohren wie Märchen von weit, weit entfernten, fremden Kulturen.

Du könntest jetzt denken, ich wäre fremdenfeindlich gewesen, aber das war nicht der Fall. Naja, meine Eltern waren es, aber das hatte nie einen Einfluss auf mich gehabt, abgesehen von der Tatsache, dass ich die Stadt kaum verließ, bis ich volljährig wurde.

Aber sobald ich mit der Schule fertig war, konnte mich nichts mehr am Reisen hindern.

Wie ich bereits gesagt habe, erschien mir als Kind selbst New York fremd, und das erweckte eine merkwürdige Art von Abenteuerlust in mir, als ich erwachsen wurde.

Während ich Medizin studierte, saugte ich begeistert jedes Gerücht über alles, was angeblich in irgendwelchen Städten im Land passierte, in mich auf, und besuchte diese Orte anschließend.

Die meisten Gerüchte stellten sich als Lügen heraus, einige Dinge waren wirklich passiert. Aber mir ging es eigentlich nicht darum, herauszufinden, ob die Geschichten wahr waren oder nicht. Ich reiste vielmehr weil... ich einfach irgendwie das seltsame Verlangen hatte, diese Orte zu besuchen, wo es angeblich passiert war.

Unter irgendeinem Apfelbaum in den Suburbs von New York zu sitzen und sich vorzustellen, wie es gewesen sein muss, als sich eine Frau dort erhängte, nachdem sie alle ihre Kinder ermordet hatte...

Man könnte sagen, so zu denken wäre irgendwie... psycho...

Naja... vielleicht ist es das auch, aber für mich war es schlicht und einfach der unterhaltsamste Zeitvertreib, den ich mir vorstellen konnte.

Eines Tages kam schließlich einer meiner Freunde zu mir und sagte: »Hey James!« — »Was?« — »Ich hab gehört du bis' irgendwie... an so komischen Geschichten interessiert?« — »Ja.« — »Naja... Weiste... 'ne Freundin von mir... Die hat mir sonne Geschichte erzählt, die vielleicht was für dich wär'! Wills'es hör'n?«

Montagsstorys - Eine KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt