Story XXVIII - Tor

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Diese Geschichte war mein zweiter Versuch, eine Traumsequenz wiederzugeben. Im Gegensatz zu meinem ersten Anlauf ist es mir hier meiner Meinung nach allerdings nicht sonderlich geglückt. Das ist insofern schade, als dass die Prämisse der Geschichte eigentlich recht interessant wäre, wäre sie gut umgesetzt. Man erkennt somit aber auch, dass ich trotz der eigentlich ganz guten Idee, die ich hatte, zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr schreiben wollte. Das macht es umso bedauerlicher, als dass diese Geschichte sich auch ein Stück weit wie ein Schlusswort zu diesem Projekt anfühlt. Aber  leider ist weder die Prämisse gut umgesetzt, noch ist diese Geschichte das runde Ende, dass es hätte sein können. Von dem tatsächlichen Ende der Montagsstorys trennen uns noch drei Geschichten.



Er war hier. Der Regen um ihn herum war so stark, als wäre er jahrzehntelang angestaut worden, um nun in einer gigantischen Flut herabzuspülen.

Was tat er hier? Er sollte nicht hier sein! Genau genommen wusste er nicht einmal, wo hier überhaupt war. Er hatte diesen Ort schon einmal gesehen, damals, vor langer Zeit, das wusste er.

Aber er hatte nicht die geringste Ahnung, wo oder in welchem Zusammenhang.

Er stand vor einem großen Zaun, in dessen Mitte sich ein eisernes Tor befand. Naja, Tor war eine sehr großzügige Bezeichnung. Eigentlich handelte es sich eher um eine provisorisch mit Nieten an Scharniere getackerte Stahlplatte.

An diesem Tor hing ein kleines, gelbes Schild, aber er konnte nicht genau erkennen, was darauf geschrieben stand. Der Regen machte es unmöglich, weiter als einen halben Meter zu sehen.

Er wollte einen Schritt vorwärts machen, auf das Tor zu, aber da war etwas in ihm, was ihn davon abhielt. Etwas, das ihm sagte, dass es keine gute Idee war, sich zu nahe an das Tor zu wagen.

Was es war, konnte er nicht sagen, genauso wenig, wie er sich erklären konnte, wie er hier hergekommen war.

Nur verschwendete er keinen Gedanken darauf.

Es schien ihm irgendwie... unwichtig. Nebensächlich. Es schien ihm wie einer von den vielen unwichtigen Gedanken, die einem so im Alltag nunmal kommen.

So bemerkte er auch nicht, dass er nicht hätte sagen können, wer er war oder woher er kam, wenn ihn in diesem Moment jemand gefragt hätte.

Der Wind blies ihm den Regen in den Nacken, aber er beachtete ihn nicht. Alles, was ihn jetzt interessierte, war die Frage, wann er das Tor zuletzt gesehen hatte und — das war viel wichtiger — was sich dahinter verbergen mochte.

Er konnte es von sich aus nicht sagen, aber irgendeine Stimme tief in seinem Kopf flüsterte ihm ein, dass es nichts Gutes sein konnte.

Er wollte dieser Stimme folgen, ihre Quelle ausfindig machen. Vielleicht wollte er ja doch erfahren was zur Hölle das alles hier war.

Falls er es tatsächlich versuchte, gelang es ihm nicht. Die Stimme blieb ihm fern und versteckte sich so tief in den dunkelsten Winkeln seines Verstandes, dass er einfach nicht in der Lage war, sie aufzuspüren.

Dann riss ihn irgendetwas aus den Gedanken. Er hätte nicht sagen können, was es war.

Er zuckte zusammen. Hatte er vorher schon so dicht vor dem Tor gestanden?

Merkwürdig.

Seine Hände fuhren über das kalte, raue Metall. Er hatte ihnen nicht gesagt, dass sie das tun sollten, es war vielmehr, als hätten sie von sich aus gehandelt.

Dann fiel ihm das Schild wieder ein. Seine Augen drehten sich in die Richtung, wo es gehangen hatte und er stellte mit einer kleinen Überraschung — er hätte nicht sagen können, wieso — fest, dass es noch immer dort hing.

Montagsstorys - Eine KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt