Story XVIII - Leise III

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Ich sitze in einer ziemlich leeren U-Bahn und fühle mich äußerst unwohl, wie eigentlich immer, wenn ich in einer U-Bahn bin. Es muss wohl irgendwie an diesem Geruch liegen.

Meine Gedanken rasen unruhig umher. Ich bin ziemlich nervös, seit mir klar geworden ist, dass ich mein blutiges Hemd im Schlafzimmer des Polizeichefs liegen gelassen habe.

Sowas war mir noch nie zuvor passiert, aber zugegebener Maßen passiert es mir in der Regel auch nicht, dass eine gewisse rothaarige Auftragskillerin versucht, mich im Einsatz umzubringen.

Das Einzige, was mich jetzt noch beruhigt, ist, dass meine DNA für die Polizei absolut wertlos ist, da sie in keiner Datenbank gespeichert ist.



K43 rollte mit den Augen. Sie saß an einer einsamen U-Bahn-Haltestelle und wartete. Es war doch immer das Gleiche mit diesen Auftraggebern.

Scheinbar hatte eine Mafiafamilie sie und eine andere CC2 damit beauftragt, den Polizeipräsidenten umzubringen. Und diese andere war nun wütend. Wütend, dass die Familie, die K43 beauftragt hatte, schneller gewesen war.

Entsprechend machte sich ihr Auftraggeber jetzt sorgen, wie die potentielle Racheaktion der anderen Familie aussehen würde. Man hatte sie beauftragt, nun herauszufinden, für wen CC2 arbeitete. Ihren Informationen zufolge wohnte er zur Zeit in einer kleinen Wohnung in der Nähe von der U-Bahn-Haltestelle, an der sie grade wartete. Wenn er seine Gewohnheiten nicht geändert hatte, sollte er bald vorbeikommen.

K43 musste grinsen. Eigentlich war diese Recherche in ihrem Beruf völlig normal, aber bei CC2 fühlte sie sich irgendwie, wie eine Stalkerin.



Ich setze mir den Knopf ins Ohr, den mir mein Auftraggeber gegeben hat. Es rauscht und knackt leise. Der Typ am anderen Ende der Leitung soll mir die Position von K43 durchgeben. Ich soll sie über ihren Auftraggeber ausfragen.

Für eine Sekunde verdrehe ich die Augen. Wie zur Hölle will ein Typ, der als Buchhalter für die Mafia arbeitet, wissen, wie eine Killerin tickt?

Zudem kenne ich K43 eigentlich besser, als alle anderen, da ich oft genug bei meinen Aufträgen mit ihr zu tun hatte. Zugegeben, das hier war das erste Mal, dass sie versucht hatte, mich umzubringen. Aber hey. Jeder hat mal einen schlechten Tag.

Ich warte. Am anderen Ende der Leitung tut sich immer noch nichts.



»Was?!«, rief Gibson verzweifelt, »Der Täter ist nicht in unseren Datenbanken?!« — »Nein, Sir! Keine Auffälligkeiten! Er hatte noch nicht mal einen Autounfall.«

Gibson fluchte. Da hatten sie schon mal eine Spur. Nicht nur irgendeine, nein, sie hatte die gottverdammte DNA des Täters! Und dann war der einfach nicht in den Datenbanken! Wozu gab es die überhaupt, wenn sie nichts taugten, wenn es mal ernst wurde?

Dann klingelte plötzlich das Telefon vor ihm auf dem Schreibtisch.

»Officer Gibson, was kann ich für s—«

»Gibson«, rief eine heisere Stimme am Ende der Leitung, »Sie sind doch an diesem Mordfall vom Polizeichef dran oder?« — »Ja... wer sind—«

»Ich bin einer der Undercoveragenten, der für Sie die Mafiafamilien im Auge behält. Wir haben eine wichtige Information für sie! Es scheint, gleich mehrere Familien würden hinter diesem Mord stecken! Und sie haben eine guten Grund! Sie—«

Man hörte ein Rascheln. Ein Keuchen. Dann einen dumpfen Aufprall.

»Hallo?«, Gibson wird nervös, »Sind Sie noch da?«

Der Mann am anderen Ende der Leitung legte auf.



K43 trommelte gelangweilt mit den Fingern auf ihren Beinen rum, als endlich die richtige U-Bahn einfuhr.

Montagsstorys - Eine KurzgeschichtensammlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt