Am nächsten Tag betraten Mister Black und ich gemeinsam um 12:30 Uhr das TaiChaLi – ein thailändisches Restaurant und wohl eines der besten hier in der Gegend. Das Restaurant war modern eingerichtet. Skulpturen, Glasblumen, die von der Decke hingen und große Orchideen verliehen dem Restaurant etwas Einmaliges. Wir wurden von der Bedienung zu einem Tisch im hinteren Teil des Restaurants begleitet. Mister Huntington saß mit einer sehr jungen Frau schon an unserem Tisch.
Ganz gentlemanlike stand er auf, als wir an den Tisch traten. Als ich ihm meine Hand reichte, führte er sie an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf meine Fingerknöchel. Eigentlich eine sehr schöne Geste, aber seine Augen sprachen Bände und ruinierten alles, ehe ich auch nur ansatzweise entzückt hätte sein können. Wenn es nach ihm ginge, würde er ganz sicher noch andere Teile meines Körpers berühren wollen.
„Mister Huntington, das ist meine Assistentin April Young."
„Sehr erfreut, meine Dame."
„Die Freude ist ganz meinerseits", erwiderte ich, aber meinte es mit keiner Silbe so. Doch manchmal verlangte es der reine Anstand, wenigstens höflich zu bleiben.
Die junge Frau neben Huntington erhob sich nun auch. Sie war wahrscheinlich genauso alt wie ich. Mister Huntington war Mitte 50 und recht korpulent gebaut, aber sein Auftreten und nicht zuletzt der Anzug kombiniert mit der teuren Uhr an seinem Handgelenk, schrien förmlich nach Geld. Die wasserstoffblonde Begleitung schien ihren Sugardaddy gefunden zu haben. Besagtes Bunny klimperte meinen Boss mit ihren falschen Wimpern an, dass ich sie ihr am liebsten abgezogen hätte. Über meine Gedanken verwirrt, blinzelte ich mehrmals. Ich sollte mich nicht von solchen bösen Gedanken leiten lassen.
Wir setzten uns und Mister Black rückte mir meinen Stuhl zurecht, bevor er selbst Platz nahm. Die Herren bestellten irgendeinen teuren Wein und das Tagesgericht. Es folgte der übliche Smalltalk, in den ich mit einbezogen wurde. Wasserstoffblondie, deren Namen ich mir gar nicht erst gemerkt hatte, hielt sich hingegen raus.
„Wie lange arbeiten Sie schon für Mister Black?", wollte Huntington wissen.
„Noch nicht allzu lange, aber ich denke, ich schlage mich recht gut."
Mister Black nickte. „Dem kann ich nicht widersprechen."
Wären wir jetzt nicht mit den beiden hier am Tisch, hätte ich ihn damit aufgezogen, dass er mir gerade ein Kompliment für meine Arbeit gemacht hatte. Aber waren wir mal ehrlich, ich konnte wirklich etwas. Es dauerte noch seine Zeit, aber selbst im Brief- und E-Mailverkehr wurde ich besser und selbstsicherer. Das Telefonieren lag mir schon von Beginn an.
„Na, wenn ich gewusst hätte, dass Sie einen Job suchen, dann hätte ich Sie sicher auch eingestellt", sagte der Pharmaleiter mit tiefer Stimme, die wohl anzüglich und erotisch wirken sollte. Sein Pech war, dass sie genau das Gegenteil bewirkte.
„Nun, vielleicht hätte ich mich bei Ihnen beworben, aber bei den aktuellen Verlustzahlen, die wir entdeckt haben, hätte ich den Job wohl nicht lange behalten", erwiderte ich mit leicht zusammengekniffenen Augen. Mister Huntington schaute verwirrt zwischen mir und meinem Boss hin und her.
„Ich verstehe nicht."
„Natürlich nicht." Ich verdrehte die Augen.
Mister Black zog eine Tabelle aus der Innentasche seines Sakkos und faltete das Blatt Papier auf, welches Mister Huntington kurz darauf studierte. Bunny warf ebenfalls einen Blick auf die Tabelle, aber da ihr das wohl zu hoch war, aß sie ihren Salat weiter. Ich wandte mich wieder den beiden Herren zu. Dass ich die Bombe einfach so hatte hochgehen lassen, war mir erst bewusst geworden, als Mister Black das Papier aus seiner Tasche geholt hatte.
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Reichst du mir deine Hand
Romance„Wenn du dich hier wohlfühlst, warum zum Henker willst du dann kündigen?" „Ich will nicht, ich muss. Ich werde alles, was mich umgibt mit mir runterreißen. Das kann ich dir und deiner Firma nicht antun." „Dumme Ausreden. Nenn mir einen Grund, waru...