Es ist seltsam, dass das Schicksal manchmal echt mies sein konnte. Im Grunde galt der Spruch 'Es kann nicht mehr schlimmer werden' nicht für mich. Denn irgendwie hatte ich das Gefühl, dass genau das Gegenteil bei mir eintrat.
Nach der Auseinandersetzung gestern mit Adam oder was das auch immer gewesen war, kamen wir nicht mehr dazu, sie zu klären. Adam musste kurzfristig länger im Büro bleiben und ich hatte schon geschlafen, als er nach Hause kam. Natürlich hatte ich gemerkt, wie er sich irgendwann neben mich gelegt und einen Arm um meine Taille gelegt hatte. Aber ich war zu müde gewesen, um über irgendwas reden zu können.
Am nächsten Morgen wollten wir beide das nicht zwischen Tür und Angel klären. Genauso seltsam war es, zu versuchen, nicht verrückt zu werden, da Robert immer präsenter in meinem Kopf wurde und ich mir gleichzeitig banale Gedanken machte, wie beispielsweise das Weihnachtsgeschenk für Adam aussehen könnte. Eine wirklich vollkommen triviale Sache, wenn man bedachte, dass Robert noch immer etwas plante. Dennoch wollte ich Adam eine kleine Freude machen. Konflikt hin oder her. Für Nick und Doreen, selbst für Adams Eltern hatte ich letzte Woche jeweils schon etwas besorgt, aber für Adam fehlten mir einfache die Ideen. Ich versuchte mir gerade eben diese Ideen im Internet zu suchen, als mein Bürotelefon klingelte
„Blacktronic Coop. April Young am Apparat, was kann ich für Sie tun?"
„April, hier ist Hugh." Perplex schaute ich den Hörer meines Telefons an. Hatte ich mich eben verhört?
„April?", erklang Hughs tiefe Stimme aus dem kleinen technischen Wunder. „Hugh?", fragte ich zögernd, als ich den Hörer wieder an mein Ohr gehalten hatte.
„Ich habe ein paar Fragen zu dem Prozess", kam er sofort zur Sache.
„Sicher, was möchtest du denn wissen?"
„Nicht über das Telefon. Kannst du in deiner Mittagspause in meine Kanzlei kommen?" Das war Hugh. Keine Erklärungen, warum wieso weshalb. Wenn dieser Mann nicht direkt war, dann sollte man die Definition von diesem Wort noch einmal überdenken.
„Natürlich. Ich habe in 20 Minuten Pause. Dann komme ich vorbei."
„Ich sende dir die Adresse." Damit legte er auf. Stirnrunzelnd sah ich kurz zum Hörer und legte ihn schließlich wieder zurück.
Hugh musste ich nicht verstehen. Ich hatte mich schon ein paar Mal gefragt, warum Hugh so verschlossen war. Es war nicht die gleiche Verschlossenheit wie bei Adam, die er Fremden gegenüber ausstrahlte. Hugh war auch in Anwesenheit seiner Freunde sehr verschlossen. Und genau das verwunderte mich so. Wenn er nicht mal vor seinen Freunden offen sein konnte, zu wem war er es dann? Mit wem redete Hugh, wenn er sich Gedanken um etwas machte?
Um zwölf Uhr machte ich schließlich Pause und fuhr mit dem Fahrstuhl nach unten. Ich versuchte Adam anzurufen, weil er auf einem Außentermin war, aber er ging nicht an sein Handy. Als ich vor dem Blacktower stand, hielt ich ein Taxi an und fuhr zu der Adresse, die Hugh mir geschickt hatte.
Das Taxi hielt nach 15 Minuten vor einem Haus, das ganz klar neu war, aber im altmodischen Stil gebaut wurde. Das Haus hatte eine helle Fassade. Über der Tür und zwischen einzelnen Fenstern gab es verschnörkelte Verzierungen. Es passte gar nicht in den Bezirk von San Francisco, aber das machte das Haus so einmalig. Nachdem ich den Taxifahrer bezahlt hatte, stieg ich aus und betrat das Haus. Rechts befand sich ein metallenes Schild, das zeigte in welchem Stockwerk, welche Firma zu finden war. „Hugh Martins, Etage 10", murmelte ich leise. Ganz oben also. Ich stieg in den verspiegelten Fahrstuhl und fuhr nach oben. Bis eben hatte ich seinen Nachnamen gar nicht gekannt, stellte ich überrascht fest. Bevor ich aber noch länger darüber nachdenken konnte, gingen die Fahrstuhltüren auf und ich blickte in einen weitläufigen Eingangsbereich. Eine Glastür war zwei Meter von dem Fahrstuhl entfernt. Links hinter der Tür saß ein junger Mann und arbeitete an seinem Computer. Ich stieg aus und kurz darauf hob er blonde Mann den Kopf. Er drückte auf einen Knopf und die Glastür öffnete sich. So hätte ich mir Hughs Kanzlei irgendwie nicht vorgestellt.
DU LIEST GERADE
Reichst du mir deine Hand
Romance„Wenn du dich hier wohlfühlst, warum zum Henker willst du dann kündigen?" „Ich will nicht, ich muss. Ich werde alles, was mich umgibt mit mir runterreißen. Das kann ich dir und deiner Firma nicht antun." „Dumme Ausreden. Nenn mir einen Grund, waru...