Big Freaks

159-Schere, Stein, Papier

Verträumt sitze ich auf der grünen Holzbank hier im Park, halte das schmelzende Eis von dem Lockenkopf reitenden Mädchen in meiner Hand, während mein Blick den beiden wild durch den Park rennenden Menschen folgt. Sie sind die Lautesten, jedoch auch die Glücklichsten.

Olivia auf seinen Rücken, die sich fest an seinen Haaren klammert, läuft Harry wiehernd durch den Park, wobei er seine Arme nach hinten gestreckt hält, damit das blonde Kind nicht runter fällt und wir sofort wieder zurück ins Krankenhaus müssen. Beide kreischen laut, Olivia ruft immer, dass Harry schneller laufen soll, während sie rauf und runter wackelt, da er wirklich schnell läuft.

Es sieht zu lustig aus, weshalb ich kichernd den beiden weiter folge, die sehnsüchtigen Blicke einiger Kinder bemerke. Ihre Eltern sitzen sich unterhaltend auf einer der anderen Bänke, spielen nicht mit ihnen, sondern kümmern sich um sich selbst. Vor allem ein kleiner Junge tut mir leid, der es einfach nicht schaffen will, eine Sandburg zu bauen, die dann auch stehen bleibt.

Der Sand fällt einfach nach ein paar Sekunden in sich zusammen, worauf auch sein Gesichtsausdruck sich schlagartig ändert. Von stolz auf sich selbst, zu enttäuscht.

Und als seine Mutter gehen möchte, ihm seine Schuppe und den Eimer wegnimmt, den Braunschopf auf ihren Arm nimmt, beginnt er lautstark, aus voller Kehle zu kreischen, wird ganz rot im Gesicht, wozu auch noch die ersten Tränen seine Wangen runter laufen, er widerwillig zappelt.

Er tut mir leid.

"Honor, guck mal!", ruft Olivia mir zu, gerade als Harry in einer Art Galopp an mir vorbei läuft, kurz zu mir grinst. "Harry ist mein Pferd und ich locke ihn mit Möhren."

Als der Mann das hört, beginnt er auch noch, weiterhin seine Pferdegeräusche machend, nach einer imaginären Möhre vor seiner Nase zu schnappen, beugt sich immer wieder blitzschnell vor, stoppt dann, weswegen das Mädchen auf seinem Rücken ein wenig mehr wackelt.

"Macht vielleicht mal beide eine Pause", meine ich winkend, worauf Harry mir einverstanden zunickt, seine wahrscheinlich letzte Runde dreht. "Hier dein Eis ist schon ganz geschmolzen", teile ich Olivia mit, der ich ihr das geschmolzene Zeug in der Waffel überreiche, was sie trotzdem genüsslich aufleckt. Scheinbar schmeckt es ihr trotzdem noch.

"Ich bin fix und fertig", schnauft Harry währenddessen neben mir, lehnt seinen von Schweißperlen bedeckten Kopf gegen meine Schulter.

Lachend antworte ich darauf, streiche sanft mit meinen Fingerspitzen einige der an der Stirn klebenden Haare weg: "Du bist auch, wie ein wild gewordener Hengst über deine Sandkoppel gelaufen." Schmunzelnd verbinde ich dann unsere Hände, verschränke unsere Finger, worauf Harry die Hände auf seinem Schoss ablegt, mit etwas flatternden Augenlidern zu mir hochblickt.

"Wie spät haben wir es überhaupt?"

Unsicher werfe ich einen Blick auf die Uhr meines Handys, hinter der ein Foto von der Collage erscheint, welche Harry mir schenkte. Eigentlich dachte ich, es wäre kurz nach vier oder so, doch als ich die fünf erkenne, wird mir mulmig. Wann sollten wir nochmal wieder im Krankenhaus sein?

"Zehn nach halb sechs", teile ich ihm mit, erkenne in seinen Augen, dass wir eindeutig eher wieder zurück sein sollten. Daraufhin stehen wir beide seufzen auf, Harry packt Olivia unter den Achseln und hebt sie auf seine Hüfte, ehe wir gemeinsam nebeneinander zusammen zurück ins Krankenhaus gehen.

Leicht erschöpft von dem Abend, aber sehr zufrieden beobachte ich die beiden im Augenwinkel, die ständig über irgendwas kichern, weswegen Olivia sich sogar ihre kleinen Patschehändchen vor den mit Eis verschmierten Mund hält. Zu süß sieht dieses Bild aus.