186-Du kannst es

1.1K 105 20
                                    

Du kannst dich so dreckig fühlen, wie der nasse, eklige Erdboden bei Regen, wie Schnee, der mit Matsche vermischt wurde und wie ein Lama, das schon Jahre lang nicht mehr gekämmt wurde. Du kannst fettige Haare haben, den Schlabberlock deines Lebens, mit Löchern in der schmutzigen Jogginghose und ein Shirt, mit dem du jeden mitteilst, was deine letzte Mahlzeit war. Du kannst krank sein, kaum noch eine Stimme besitzen und dich anhören, als würdest du aus einer Mülltonne flüstern, Kopfschmerzen besitzen, die deinen Kopf fast explodieren lassen und Augenringe haben, die den Grande Canyon ähneln.

Du kannst es, ohne dich schlecht oder beschämt zu fühlen, wenn jemand wie Harry an deiner Seite steht, dich immer wieder aufbaut!

Wenn jemand, genau wie Harry, an deiner Seite steht, dich umsorgt und dir immer das Richtige sagt oder bringt, dann interessieren dich Dinge wie Kleidung oder dein Aussehen, der Vergleich mit einem Lama und Matscht kein bisschen.

Deinetwegen sollen deine Augenringe die Tiefe des Grande Canyons übertreffen, doppelt so tief und dreifach so düster sein. Es stört dich dann nicht mehr, ob jemand sich beschwert, da er auch gerne etwas von deinen Nudeln mit Tomatensoße ab gehabt hätte, oder Witze über den Fettgehalt deiner zerzausten Haare macht.

Ein jemand wie Harry wird dafür sorgen, dass es irgendwann wieder besser aussieht, du dich nur noch auf dich und niemand anderen konzentrierst. Denn du bist krank!

Oder um genauer zu sein -Ich bin vollkommen krank und liege seit gestern Abend flach, mit Schmerzen an meinem ganzen Körper im Bett.

Doch ich fühle mich durch Harry wirklich umsorgt, bin ihm dankbar für all das, was er für mich tut, auch wenn ich es ihm nicht so verständlich mitteilen kann, da meine Stimme sich wirklich, wie aus einer Mülltonne, anhört.

"Willst du noch Tee, Baby?", ertönt es leise, flüsternd neben mir, weil er weiß, wie empfindlich ich gerade auf laute Geräusche reagiere. Mein Kopf stellt eine Bombe dar, die nur auf das richtige, laut ausgesprochene Wort wartet, durch das sie hochgehen wird. "Oder noch eine Decke?"

Sanft mit seinen Fingern über meine heiße, mit kleinen Perlen besetzte Stirn streichend mustert er mich abwartend, schaut besorgt in meine schwachen, zur Hälfte geschlossenen und müden Augen. So ähnlich müssen sich Nesthocker fühlen, kurz nachdem sie geschlüpft sind. Nämlich total hilflos, blind und schwach, kaum beweglich.

Mir zumindest ergeht es so und ich weiß nicht, wann es mir das letzte Mal so grauenhaft schlecht erging.

"Decke", bringe ich nach kurzem, mühsamen Denken hervor, krächze das Wort leise, sodass der Lockenkopf es kaum verstehen kann, jedoch aufsteht und mir wenige Sekunden später eine weitere warme Kuscheldecke über den Körper legt, sich neben mir auf der Matratze platziert.

"Ich mache mir wirklich Sorgen um dich, Baby", raunt er, streicht fettige, strähnige Haare aus meinem Gesicht, die an meiner Stirn klebten. "Du siehst, nicht gesund aus und hörst dich keineswegs so an. Willst du nicht doch lieber zum Arzt?"

"Geht schon", meine ich, unterlasse es dabei meinen Kopf zu schütteln. "Morgen bin ich wieder-" Ein Husten. "Wieder fit."

Selber davon nicht so überzeugt, weil ich ihm genau die gleiche Antwort gestern schon, noch viel gesünder gab, drehe ich mich quälend langsam auf die Seite, ziehe die blaue Decke mit den weißen Sternen bis zu meinem Kinn. "Können wir-?"

Den Satz bringe ich gar nicht bis zum Ende, schaue einfach nur bettelnd zu den grünen Augen, ehe Harry sich schon dichter an mich bewegt, liebevoll, vorsichtig einen Arm über meinen legt und mich an sich zieht.

"Vielleicht sollten wir nicht sofort am Montag wegfahren, sondern abwarten, bis du wieder gesund bist", schlägt er vor, womit ich mich aber schwach nicht mit einverstanden zeige.

Big FreaksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt