"Vielleicht schaffst du es, während der Fahrt etwas Schlaf zu finden, Schatz", meint meine Mutter an mich gewandt, gerade, als ich von meinem Brötchen abbeiße. "Harry braucht ja keinen mehr", lacht sie dann, wegen der Tatsache, dass ich den Lockenkopf liegen gelassen habe.
Er sah so süß und friedlich aus, wie sein Mund ein Stück offen war, die Lippen auf Grund der Hand an seiner Wange gespitzt und ein paar Haarsträhnen in seinem Gesicht hängend. Ihn störte gerade nichts, keine einzige Sache beschäftigte ihn, weil er einfach seelenruhig schlief, niemand ihn störte, was er sich, nach den letzten Tagen, verdiente.
Olivias Mutter verhielt sich unmöglich, holte ihre Tochter am Sonntagmorgen ab, ohne sich groß zu erklären. Für sie war es scheinbar selbstverständlich, dass wir an Weihnachten einfach mal auf ihre Tochter aufpassten, worüber ich mich entrüstet aufregte, dies innerlich immer noch tue.
"Danke, Harry", waren ihre ersten Worte, ehe sie bei meinen Anblick verstummte. Was hatte sie gedacht, dass ich nicht in Kontakt mit ihrer Tochter komme, während sie sich im Haus meiner Eltern befindet? Meine Arme schweigend vor der Brust verschränkt, würdigte ich sie keines Blickes, sondern sah besorgt zu dem kleinen Mädchen, dem die Zeit bei uns aber scheinbar gefiel.
Olivia lachte den gesamten Abend mit meinem Dad, der immer wieder Witze riss, sie kitzelte oder mit ihr auf seinen Schultern durch das ganze Haus lief. Er tat es früher auch schon mit mir und irgendwie wurde ich den gesamten Samstag das Gefühl nicht los, dass mein Vater sich manchmal noch wünschen muss, immer noch eine kleine Tochter zu haben.
Aber er selber begriff mit als erstes vor ein paar Monaten, wie wenig ich noch ein Kind bin, dass ich langsam auf meinen eigenen Beinen stehen kann und vor allem, reif genug bin, um eine Beziehung zu führen.
"Mom, er sah so glücklich beim Schlafen aus, da wollte ich ihn nicht wecken", erkläre ich ihr meine Gründe, als sie sich gerade mit einem Kaffee aus ihrer neuen Maschine setzt, die sie liebt. Sie liebt sie nicht nur, nein, sie vergöttert das Ding.
Ganz hysterisch probierte sie gestern Abend alle Funktionen, wie die mit dem Schaum und unterschiedlichen Stärken aus, bot jedem einzelnen Kaffee an. Harry nahm etwas wiederwillig an, hielt die Tasse länger in seiner Hand, als meine Mutter über die Maschine schwärmte. Er trinkt Kaffee, jedoch nur morgens und ich meinte noch extra, dass er den nicht aus Freundlichkeit trinken muss.
Aber er tat es, womit er meine Mutter glücklich machte, wofür ich mich dann schmunzelnd bei ihm mit einem Kuss bedankte.
"Ja, ich erinnere mich noch daran, wie dein Vater das erste Mal bei uns Zuhause schlief", erinnert sie sich verträumt, nimmt darauf einen Schluck. "Er sah ebenfalls so aus, wie du Harry beschreibst und ich konnte ihn auch nicht wecken."
"Du hast mich, wie ein Psychopath angestarrt, als ich aufwachte", mischt sich Dad ein und hebt einen belustigten Blick über den Rand seiner Zeitung. "Ich hab mich gefragt..." Er beugt sich zu mir. "-ob ich mich für die Falsche entschieden habe."
Wir beide lachen etwas und auch meine Mom schmunzelt in ihre grüne Kaffeetasse mit den weißen Punkten. Manchmal fehlen mir genau diese Morgen, an denen ich mich mit meinen Eltern belustigt am Küchentisch unterhalte, wir über unseren anstehenden Tag reden, bevor wir uns liebevoll voneinander verabschieden.
Jedoch möchte ich keinen Tag mehr ohne Harry beginnen, genieße die Zeit mit ihm ebenso, wie mit meiner Familie. Er bringt mich zum Lachen, weckt mich süß und nicht so brutal, wie meine Mutter, die sofort immer die Rollläden hochzieht, wodurch ich vom grellen Licht geblendet werde und erblinden könnte.
"Fühlst du dich denn heute noch ein Stück besser?", fragt mich mein Vater gerade, als ich mir, ein Brötchen nehme und dieses aufschneide.
"Mmh", summe ich nur meine Antwort, greife nach der Marmelade, die ich dick auf, mein Brötchen, streiche. "Mein Kopf brummt zwar noch und mir wird regelmäßig schlecht, aber ich hab mich seit Dienstag nicht mehr übergeben." Irgendwie klinge ich stolz, was wiederrum komisch in meinen Ohren ertönt.
DU LIEST GERADE
Big Freaks
أدب الهواة"Ich nehme jeden Schlag für dich in Kauf, Harry!" Honor und Harry konnten vielleicht die Probleme, nach dem entstandenen Brand lösen, jedoch werden sie diese nie los. Und das Schlimmste, immer wieder treffen sie auf Neue, gerade dann, wenn sie denke...